Der Bundesnachrichtendienst (BND) soll in den Sechzigerjahren die Berichterstattung in Zeitungen manipuliert haben. Das gehe aus BND-Unterlagen zum „Prager Frühling“ 1968 hervor, die Pullach jetzt ins Netz gestellt habe, berichtet der „Spiegel“.
Sowjetische Truppen waren seinerzeit in die Tschechoslowakei einmarschiert und hatten die Reformer des Chefs der Kommunistischen Partei, Alexander Dubcek, gestürzt. Der BND verbreitete anschließend, er habe die Ereignisse treffend analysiert, was nicht stimmte.
Doch viele Journalisten ließen sich nach Angaben des damaligen BND-Bereichs „Strategische Aufklärung“, der für Pressekontakte zuständig war, auf einen Deal ein.
So heißt es in einem Vermerk vom 28. August 1968: „Grundsätzlich hat sich in den letzten Tagen gezeigt, dass unsere PrSV (Pressesonderverbindungen Red.) gegen Überlassung guter Informationen stets bereit sind, für unser Haus einzustehen“, berichtet das Nachrichtenmagazin weiter.
Zu den „positiven Stimmen“ zählte der BND neben vielen Regionalblättern auch „Bild“, „Welt“ und „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Der Bundesregierung gegenüber verschleierte der Dienst seine Aktivitäten mit den Medien („Lückenpresse“ – Was den heutigen Medien absichtlich fehlt…).
Bei einem Treffen mit Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) beteuerte BND-Chef Gerhard Wessel am 30. August, Pullach habe die Presse „nicht beeinflusst“ und erweckte sogar den Eindruck, die freundlichen Urteile der Zeitungen über den BND kämen ihm ungelegen.
Einige Passagen der veröffentlichten Dokumente sind geschwärzt. Dort finden sich vermutlich auch die Namen jener Journalisten, die als Meinungsmacher für Pullach tätig waren, so der „Spiegel“.
Der BND hält aus grundsätzlichen Erwägungen Namen von Journalisten zurück, die für ihn arbeiteten.
Der „Spiegel“ und der Springer-Verlag haben vor Längerem dagegen geklagt. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Leipzig wird für November erwartet (Deutsche Medien: Es gibt Anweisungen von oben).
Prager Frühling 1968: Publikation erklärt die Rolle der Geheimdienste
Der Reformversuch in der kommunistischen Tschechoslowakei, der als „Prager Frühling“ bekannt ist, und sein Ende durch den sowjetischen Einmarsch im August 1968 – sie gehören zu den am meisten untersuchten Zeiträumen der modernen tschechoslowakischen Geschichte. Trotzdem sind auch heute noch neue Erkenntnisse möglich.
So haben tschechische und deutsche Historiker die Tätigkeit der Geheimdienste und ihre Rolle analysiert. Ihre Publikation ist nun herausgekommen. Der Schwerpunkt liegt auf Dokumenten aus dem Bestand des BND-Archivs. Prokop Tomek ist Historiker am Militärhistorischen Institut in Prag. Er sagte dazu dem Tschechischen Rundfunk:
„Die Geheimdienstler wussten in den 1960er Jahren und vor allem ab dem Frühling 1968, dass hierzulande etwas geschieht. Sie waren aber nicht imstande, die Gefahren zu beurteilen und den Zeitpunkt vorherzusagen, in dem es zur Okkupation durch die Sowjets kam. Ähnliches zeigen auch die Unterlagen der CIA, die heute online erforscht werden können. Die westlichen Nachrichtendienste waren nicht so perfekt, dass sie alles wissen konnten.“
Das Sicherheitsarchiv des ÚZSI hat zu der Studie beigetragen, indem es die Aktivitäten des BND in der Tschechoslowakei aus Prager Sicht beleuchtet, und zwar durch Analysen der kommunistischen Staatssicherheit. Prokop Tomek:
„Der BND und die Bundesrepublik Deutschland waren nach den USA der größte Feind der kommunistischen Tschechoslowakei und der kommunistischen Spionagedienste.“
Allerdings waren diese Analysen vom ideologischen Blick und von der Angst der Geheimdienstler um ihr eigenes Schicksal geprägt. Der Historiker:
„Interessant ist, dass die Staatssicherheit die Einflussnahme der westlichen Nachrichtendienste auf die Entwicklungen während des Prager Frühlings in der Tschechoslowakei deutlich übertrieben hat. In den Dokumenten der kommunistischen Partei aus der Zeit nach 1968 wurden hingegen die westlichen Spionagedienste nicht erwähnt. Der Feind oder das Problem wurde eher innerhalb der kommunistischen Tschechoslowakei gesucht.“
Die zweisprachige Publikation „Der Bundesnachrichtendienst und der ‚Prager Frühling‘ 1968“ ist der neunte Band der Mitteilungen der Forschungs- und Arbeitsgruppe „Geschichte des BND“.
Das Buch ist zum Lesen und zum Herunterladen online frei zugänglich, und zwar auf der Webseite des Auslandsnachrichtendienstes ÚZSI, unter http://uzsi.cz/files/spolkova-zpravodajska-sluzba-prazske-jaro-1968.pdf.
Literatur:
Lügenpresse von Peter Denk
Die Tagesshow: Wie man in 15 Minuten die Welt unbegreiflich macht. von Walter van Rossum
ARD & Co.: Wie Medien manipulieren
Lügenpresse von Markus Gärtner
Quellen: PublicDomain/extremnews.com/radio.cz am 20.08.2016
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