Der „Staat Palästina“ ist ab dem 1. April Mitglied des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag. Das hat UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon am Dienstag in New York verkündet.
Nach den im April vergangenen Jahres gescheiterten Verhandlungen mit den Israelis versuchen die Palästinenser, durch eine Reihe von Maßnahmen ihre Staatlichkeit voranzubringen. Dazu gehört der Beitritt zu internationalen Verträgen. Ein wichtiger Vertrag ist dabei das Rom-Statut des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH). Palästinenserpräsident Mahmud Abbas hatte dieses am 31. Dezember 2014 unterschrieben. Nun hat UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon verkündet, dass das Rom-Statut ab dem 1. April für den „Staat Palästina“ gilt.
Damit ist es den Palästinensern prinzipiell möglich, Israelis vor dem Strafgerichtshof anzuklagen – rückwirkend etwa wegen möglicher Kriegsverbrechen im Gaza-Konflikt vom vergangenen Sommer oder wegen des Siedlungsbaus. Ob einer solchen Klage stattgegeben wird, liegt im Ermessen der Chefanklägerin Fatou Bensouda. Der Gerichtshof wird nur aktiv, wenn der jeweilige Staat es versäumt, möglichen Verbrechen selbst nachzugehen. Gegenwärtig untersucht die israelische Armee Fälle aus dem Gaza-Konflikt.
Langwierige Verfahren befürchtet
Dennoch fürchten sich viele Soldaten vor der sogenannten „juristischen Kriegsführung“: Länder können sich entscheiden, Israelis strafrechtlich zu verfolgen. Auf Reisen in diese Länder könnten sie wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen inhaftiert und einem langwierigen juristischen Verfahren ausgesetzt werden. Der israelische Premier Benjamin Netanjahu versuchte entsprechend, solche Befürchtungen zu entkräften. Anfang Januar sagte er: „Wir werden es nicht zulassen, dass Soldaten und Offiziere vor den Strafgerichtshof gezerrt werden.“
Offen ist zudem, ob sich der Gerichtshof bei Fragen des Siedlungsbaus zuständig sehen wird. Der IStGH darf nur in den Gebieten seiner Mitgliedsländer Rechtsprechung ausüben. Im Falle des „Staates Palästina“ sehen Juristen das Problem, dass dessen Grenzen nicht festgelegt sind. Wenn also eine Klage gegen Siedlungsbau erfolgen sollte, bleibt unklar, ob sich der Fall überhaupt auf „palästinensischem Territorium“ ereignet hat. Hinzu kommt, dass laut den Oslo-Verträgen allein dem Staat Israel die Strafgerichtsbarkeit über Israelis im Westjordanland zusteht. „Palästina“ kann die Rechtsprechung gar nicht dem IStGH übertragen, weil es die Befugnis dafür selbst nicht besitzt.
Umstrittener Schritt
Umgekehrt kann eine Klage gegen Israelis wegen Kriegsverbrechen auch auf die Palästinenser zurückfallen. Sollte der Gaza-Konflikt untersucht werden, steht es dem Gerichtshof frei, auch die Aktionen von Hamas -Mitgliedern zu beleuchten, bemerkt der Jurist David Luban von der Universität Georgetown. Israel hat der Hamas Kriegsverbrechen vorgeworfen, da sie Menschen als Schutzschilde missbraucht habe.
Die palästinensischen Behörden haben dem Strafgerichtshof bereits genehmigt, Untersuchungen rückwirkend bis zum 13. Juni zu untersuchen. Das berichtet die palästinensische Nachrichtenagentur „Ma‘an“. Das Datum markiert den Beginn der groß angelegten Suche nach den entführten und ermordeten Talmud -Schülern. Von der Untersuchung ausgeschlossen bleibt damit die Entführung und Ermordung tags zuvor.
Wie sich der Beitritt der Palästinenser zum Strafgerichtshof praktisch auswirkt, bleibt abzuwarten. Für viele Beobachter steht fest, dass der Schritt politisch einen weiteren Tiefpunkt zwischen Israelis und Palästinensern markiert. Der Beitritt ist jedoch auch unter palästinensischen Politikern umstritten. Der palästinensische Vertreter in den Niederlanden, Nabil Abusnaid, hatte im Oktober betont, Israelis und Palästinenser sollten lieber gemeinsam gegen islamischen Extremismus vorgehen, anstatt sich anzuklagen.
Quellen: latuffcartoons.wordpress.com/israelnetz.com vom 07.01.2015
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