Nur damit kann das Pleite-Land die beschlossene Verdoppelung der Militärausgaben schultern.
Es ist sicher kein Zufall, dass gerade jetzt die Nachricht kam, dass die EU der Ukraine mit weiteren 1,8 Milliarden Euro unter die Arme greifen will. Damit, so könnte man meinen, solle der bevorstehende Zahlungsausfall verhindert werden. Doch das ist nicht der Fall, denn es ist längst bekannt, dass die Ukraine in Zukunft mindestens weitere 15 Milliarden Euro braucht. Deshalb geht es darum nur bedingt.
(Bild: Zerbombtes Gebäude in Donetsk)
Es besteht ein viel direkterer Zusammenhang zu dem Vorgang, dass die Ukraine schließlich kurz vor dem Jahreswechsel beschlossen hat, ihren Militärhaushalt auf 2,4 Milliarden Euro zu verdoppeln. Der lag im vergangenen Jahr noch bei etwa 1,2 Milliarden Euro. Also sind die zusätzlichen Gelder, welche die EU nun in die Ukraine pumpen will, vor allem dazu geeignet, die Mehrausgaben für den Krieg in der Ostukraine zu finanzieren. Angeblich soll das Land mit Darlehen angesichts der schwächelnden Zahlungsbilanz und der Haushaltslage wirtschaftlich und finanziell unterstützt werden, gab die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel bekannt:
Das Kollegium der Kommissare hat heute zusätzliche Makrofinanzhilfe (MFA) für die Ukraine in Höhe von bis zu 1,8 Milliarden Euro an mittelfristigen Darlehen vorgeschlagen.
Die Entscheidung sei im Rahmen des traditionellen Kommissionsbesuchs zu Beginn der neuen EU-Ratspräsidentschaft getroffen worden. Zwischen den Zeilen wird eingeräumt, dass die Hilfe etwas mit dem „Konflikt im Osten des Landes“ zu tun hat, der die „Wirtschaft schwer in Mitleidenschaft“ gezogen habe, heißt es in der Presseerklärung. Mit dem Geld soll angeblich die neue, „reformorientierte Regierung bei der Konsolidierung des Landes und der Bewältigung der wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen unterstützt werden“.
Der Präsident der EU- Kommission, Jean-Claude Juncker, sagte:
Die Europäische Union hat eine beispiellose finanzielle Unterstützung gewährt. Wie unser heutiger Vorschlag deutlich macht, ist sie bereit, das auch weiterhin zu tun. Dies ist ein Beispiel für das solidarische Handeln Europas.
Diese Solidarität sei mit einer „Verpflichtung der Ukraine auf Reformen“ verbunden, die das Land dringend benötigt:
Als wichtig erachtet die Kommission insbesondere eine weitere Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, die Fortsetzung der weitreichenden Reformen im Energie- und im Bankenwesen sowie eine Verbesserung der Wirtschaftspolitik insgesamt.
Angesichts der Tatsache, dass man den Krieg im Osten als ein zentrales Problem für die Wirtschaft festgestellt hat, ist es eher erstaunlich, wenn die Kommission bei der Haushaltssanierung nicht zur Auflage macht, eine Friedenslösung zu suchen, um die Militärausgaben zu senken statt zu verdoppeln. Da das nicht geschieht ist klar, dass sich die EU-Kommission voll hinter den Kurs der Ukraine stellt und diesen Konflikt mitfinanziert. Das passt gut zu Juncker und seinen Umgangsformen:
Wir beschließen etwas, stellen das dann in den Raum und warten einige Zeit ab, was passiert. Wenn es dann kein großes Geschrei gibt und keine Aufstände, weil die meisten gar nicht begreifen, was da beschlossen wurde, dann machen wir weiter – Schritt für Schritt, bis es kein Zurück mehr gibt.
Denn dass unter dem Eindruck des schweren Konflikts, „mehr Transparenz herbeigeführt und die Reformen im Justizwesen sowie die Korruptionsbekämpfung fortgesetzt werden, um die Rahmenbedingungen für Unternehmen und die Voraussetzungen für nachhaltiges Wachstum zu verbessern“, wie von der Kommission als Zielsetzung bezeichnet wird, darf stark bezweifelt werden.
Angeblich sind daran die Hilfen gebunden. Doch wie nachhaltiges Wachstum in einem Land geschaffen werden soll, das in einem bewaffneten Konflikt steckt, ist mehr als fraglich, da es schon ohne einen Krieg abgestürzt ist.
Die neue Milliardenhilfe benötigt noch die Zustimmung des Europäischen Parlaments und des Rates. Ob dort verhindert wird, dass weiter EU-Steuergelder in diesem Konflikt versenkt werden, ist eher unwahrscheinlich. Wenn das abgenickt wird, summiert sich die Makrofinanzhilfe der EU in nur zwei Jahren auf fast 3,2 Milliarden Euro.
Daneben unterstützt die EU das Land zusätzlich mittels Handelspräferenzen, humanitärer Hilfe, Entwicklungshilfe und reformbezogenen Haushaltshilfen. Dazu kommen noch die Gelder, die, wie aus Deutschland, direkt gewährt werden, wie gerade mit neuen 500 Millionen Euro . Dazu kommen die Milliarden, die über den Internationalen Währungsfonds (IWF) fließen, an denen die Steuerzahler in Europa ebenfalls beteiligt sind.
17 Milliarden US-Dollar wurden über den IWF bereits gewährt, doch die Bereitschaft des IWF sinkt, das Land weiter zu finanzieren. Eigentlich darf er das auch gar nicht. Es dürfen keine IWF-Gelder an Länder mit internen kriegerischen Konflikten fließen. Zudem sind die üblichen Quoten im Fall der Ukraine längst überschritten. Dazu kommt, dass das unterstützte Land binnen einem Jahr wieder seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen und seine Schulden schnell wieder eigenständig tragen können muss. Die Ukraine wird also immer stärker zum Fass ohne Boden für europäische Hilfen.
Nazipropaganda in den Tagesthemen?
Jazenjuk spricht in der ARD von Sowjeteinmarsch in Deutschland – und die Medien schweigen – fast.
Bis Mittwoch galt es in der deutschen Medienlandschaft als historisch gesicherte Tatsache, dass während des Zweiten Weltkriegs das Naziregime die Sowjetunion überfallen habe – und nicht umgekehrt. Guido Knopp & Co. hatten uns stets etwas vom Geheimunternehmen Barbarossa der Nazis erzählt, die einen „Blitzkrieg“ auch im Osten geplant hatten.
Doch diese Lesart des Einmarschs von Nazideutschland beansprucht nunmehr in der ARD und in den angeschlossenen Medien offenbar keine durchgehende Geltung mehr. In einem nicht als Satire erkennbaren Tagesthemen-Interview gab der ukrainische Machthaber Arseni Jazenjuk nach seiner Deutung zum Besten: „Die russische Aggression in der Ukraine, das ist der Angriff auf die Weltordnung und auf die Ordnung in Europa.“:
“Wir können uns alle sehr gut auf den sowjetischen Anmarsch in die Ukraine und nach Deutschland erinnern. Das muss man vermeiden.”
Weder macht der Dolmetscher einen betrunkenen Eindruck, noch hat der NDR inzwischen das Interview mit dem Hinweis auf einen denkbaren Übersetzungsfehler versehen. So wenig die Moderatorin nachfragte, wie Jazenjuk diese Äußerung gemeint habe, so wenig reagierten die konventionellen Medien auf diese Geschichtsklitterung eines Politikers, dessen Gefolgsleute ohne erkennbare Scham einen Kult um den Nazi-Kollaborateur Stepan Bandera pflegen.
Nachdem kürzlich die Medien nach dem Putin-Interview jedes Wort auf die Goldwaage legten und der (eigentlich in dieser Funktion zur Neutralität gehaltene) Moderator als erstes apodiktisch Putin als „uneinsichtig“ ausrief, ist das Schweigen der Edelfedern auf die seltsame Äußerung von „Yats“ bemerkenswert. Putin ist jedoch anders als „Yats“ nun einmal nicht Victoria Nulands „guy“. Während Blogs wie der Blaue Bote gar von „Vertuschung“ sprechen, kann Unfähigkeit der deutschen Journalisten-Elite nicht gänzlich ausgeschlossen werden.
Einzig die Satire-Abteilung des ehemaligen Nachrichtenmagazins war auf Draht. Erneut erweisen sich die Satiriker im Ukrainekonflikt als die zuverlässigeren Chronisten.
UPDATE:
Inzwischen äußert sich die ARD wie folgt auf Facebook (via Blauer Bote):
“Wegen unserer Berichterstattung aus Paris kommen wir erst jetzt zu einer Antwort auf die kritischen Anmerkungen zum Tagesthemen-Interview mit dem ukrainischen Ministerpräsidenten Jazenjuk. Die Kritiker des Interviews beanstanden diese Formulierung des ukrainischen Ministerpräsidenten: ‘Wir können uns alle sehr gut an den sowjetischen Anmarsch in die Ukraine und nach Deutschland erinnern. Das muss man vermeiden und keiner hat das Recht, die Ergebnisse des zweiten Weltkrieges neu zu schreiben. Und das versucht der russische Präsident Herr Putin zu machen.’ Dabei wechselte Jazenjuk mitten im Satz von ukrainischer Sprache ins Englische und sprach von ‘Invasion’, was die Übersetzerin mit ‘Anmarsch’ übersetzte. Somit ist nicht klar, worauf sich Jazenjuk in seinen Äußerungen bezog. Eine Intervention durch die Moderatorin war deshalb sowohl inhaltlich als auch technisch aufgrund der Simultan-Übersetzung nahezu unmöglich. Die Moderatorin hat im gesamten Interview nachweislich eine kritische Haltung gegenüber ihrem Interviewpartner eingenommen. Vorwürfe gegen die Redaktion der Tagesthemen und Pinar Atalay sind daher unbegründet.”
Das Interview war vor der Sendung aufgezeichnet worden. Warum der Übersetzungsfehler unkommentiert blieb und die eigenartige Behauptung unbekümmert gesendet wurde, bleibt unklar.
Quellen: Reuters/PublicDomain/heise.de vom 10.01.2015
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