Washington findet überall Feinde: Kriegsminister Ash Carter macht sich Sorgen um Amerikas Haltung.
Nein, nicht darum, dass der Rücken gerade und die Knie ordentlich beisammengehalten werden. Es hat damit zu tun, wieviele Feinde es da draußen gibt, die die Vereinigten Staaten bedrohen, und was wir, global gesagt, tun müssen, um sie dazu zu bringen, Onkel zu schreien.
Ash erörterte seine Ansichten in einem „Hearing über Haltung“ vor dem Komitee für die bewaffneten Streitkräfte des Senats am 17. März, was zu einem Vorgang gehört, der darauf hinausläuft, dem Pentagon noch mehr Geld für das Fiskaljahr 2017 zu geben, $582,7 Milliarden, um genau zu sein.
Ich respektiere Ash zumindest ein bisschen, weil er in Yale Geschichte des Mittelalters studiert hat, obwohl er offensichtlich den Hundertjährigen Krieg und die Rosenkriege vergessen hat. Beide verwüsteten Sieger und Verlierer gleichermaßen, eine nützliche Lektion für diejenigen, die sich Gedanken machen über das, was die Vereinigten Staaten von Amerika in den letzten fünfzehn Jahren getrieben haben.
Ash jedoch, der bezeichnenderweise kein Veteran und für den Krieg eine Abstraktion ist, die belebt werden muss durch Zählen und Aufhäufen ausreichender Mengen von Bohnen, denkt dass mehr immer besser ist, wenn es darum geht, schicke Spielzeuge zu bekommen.
Da sein vorgeschlagenes Budget der Marine ein paar Unterseeboote der Ohio-Klasse bescheren wird, muss die Air Force ihre eigenen strategischen Bomber bekommen, damit sich niemand benachteiligt fühlt. Warten wir ab, bis die Rechnung von der Army kommt.
Ash rechtfertigte alle diese unnötigen Ausgaben, indem er den Senatoren mitteilte, dass es fünf „Sicherheitsherausforderungen” gibt, die gegen die Vereinigten Staaten gerichtet sind – Terrorismus, Nordkorea, China, Russland und Iran – ehe er in Pentagonsprech verfiel, warum mehr Geld immer besser ist als weniger. Er attackierte jeden Versuch einer Sequestrierung, die durchgängige Budgetkürzungen erfordern würde, weil diese die „Finanzierung kritischer Investitionen“ gefährdet.
Wenn Sie dachten, dass Investitionen etwas sind, das Finanzdienstleister machen, dann täuschten Sie sich. Auch das Kriegsministerium weiß alles darüber und kann auch „neue Haltung in einigen Regionen“ mit all diesem zusätzlichen Geld erzeugen. Warum? Um „das Heimatland zu schützen“ natürlich, und um „in der Lage zu sein sicherzustellen, dass jeder, der einen Streit mit uns anfängt, das bereuen wird.“
Ash hätte es wohl gut getan, hätte er seinen Historikerhut während seiner Aussage aufgehabt, denn da hätte er sich womöglich daran erinnern können, dass der letzte „jeder,“ der einen Krieg mit den Vereinigten Staaten von Amerika anfing, das Kaiserreich Japan im Jahr 1941 war. Jeder weitere Konflikt seither wurde von den Vereinigten Staaten von Amerika begonnen.
Carter führte den Senatoren auch seine Liste der Feinde näher aus. Niemand würde bezweifeln, dass Nordkorea eine regionale und womöglich eine noch größere Gefahr darstellt, wenn es wirklich die chemischen, biologischen und atomaren Waffen besitzt, diese und die entsprechenden Beförderungsmittel, die zu besitzen es behauptet, was bestritten werden kann (Thermonukleare Konfrontation (Videos)).
Sein unausgeglichener Führer Kim Jong-un, der einen an Dick Cheney erinnert, scheint so gut wie zu allem in der Lage zu sein, und Maßnahmen, die in Koordination mit Japan, Südkorea und China gesetzt werden, sind unbestreitbar willkommen. Aber nicht einmal in einem worst case-Szenario bildet Pyongyang eine Gefahr für die Vereinigten Staaten von Amerika.
Auch Terrorismus ist ein grenzüberschreitendes Sicherheitsthema, aber die tatsächliche Gefahr, die er für Europäer und Amerikaner darstellt, ist stark übertrieben worden. Er kann den Vereinigten Staaten von Amerika keinen ernsthaften Schaden zufügen. In der Tat wären die Vereinigten Staaten von Amerika weniger durch ISIS und al-Qaeda gefährdet, wenn ihre Soldaten nicht „dort drüben“ wären, um bestehende Regierungen zu destabilisieren und Machtvakuen zu schaffen, die Militante ausbeuten können.
Der Mittlere Osten und Südasien wären heute seit jeher besser dran, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika nie interveniert hätten, aber Ash scheint einer offiziellen Standardvision der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika über einen bedrohlichen Zustand anzuhängen, der weit über die nahe Zukunft hinausgeht („Gefahren jenseits des Horizonts“ lautet eine bevorzugte Phrase des Pentagons, wenn man nicht mehr weiß, was man sagen soll.)
Und dann sind Russland und China, welche, so Ash, „militärische Systeme entwickeln und betreiben, die die Überlegenheit der Vereinigten Staaten von Amerika in bestimmten Gebieten zu bedrohen suchen.“ Was heißt, dass Washington immer jedem überall und in jeder Beziehung überlegen sein muss. Das ist eine Formel, die frühere realistischere Imperien nicht anstrebten und die einen sicheren Weg zum finanziellen Ruin des amerikanischen Steuerzahlers darstellt.
Ash bevorzugt eine „starke und ausgewogene Vorgangsweise, um russische Aggression abzuschrecken,” während er auch von einem China spricht, das „sich aggressiv verhält.“ Und da ist immer der Iran, der „rücksichtsloses und destabilisierendes Verhalten“ an den Tag legt, das sich als Aggression manifestiert und auch als „bösartiger“ Einfluss, und der Washingtons Einhalten seiner „ehernen Verpflichtungen“ gegenüber Israel bedroht.
Dass Russland, China und der Iran als ernsthafte Gefahren für die Vereinigten Staaten von Amerika hingestellt werden wegen dem, was sie in Osteuropa, im Südchinesischen Meer und im Persischen Golf machen, ist lächerlich, geht aber in Washington leider durch als Konsens in der Außenpolitik sowohl für Neokonservative als auch für demokratieverbreiteende Interventionisten wie Carter.
In Wirklichkeit reagierte Russland auf die amerikanische Einmischung in der Ukraine, China ist verwickelt in regionale Konflikte, die seit dem Ende des Vietnamkriegs bestehen, und ein nichtnuklearer Iran ist von Feinden eingekreist. Keiner von ihnen bedroht die Vereinigten Staaten von Amerika.
Leider ist Ash Carter nicht allein mit seinem Ballaballa. Generalstabschef Marinegeneral Joseph Dunford, oft beschrieben als ein intellektueller Offizier, unterstützte seinen Boss bei der Besprechung, indem er versicherte, dass der Kongress ausreichend „eine Bugwelle von Beschaffungserfordernissen“ finanzieren muss. Mehr Schiffe, mehr Flugzeuge, mehr HighTech-Zauberzeug für die Armee.
Alles ungeachtet der Tatsache, dass die militärischen Möglichkeiten der Vereinigten Staaten von Amerika bereits die Ressourcen aller möglichen Gegner zusammengenommen übersteigen.
Der militärische Oberbefehlshaber der NATO Luftwaffengeneral Philip Breedlove informierte im letzten Monat ebenso den Kongress, indem er dem Senatskomitee mitteilte, dass Russland eine langfristige Bedrohung für die Vereinigten Staaten von Amerika ist. Es ist „eifrig drauf aus, unbestrittenen Einfluss über Nachbarländer auszuüben,“ wobei es militärische Gewalt eingesetzt hat, um die „Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine, Georgiens und anderer wie Moldawien“ zu verletzen.
Wie genau bedroht das die Vereinigten Staaten von Amerika, sogar wenn es wahr wäre, was fraglich ist? Breedlove, ein Pilot ohne jede Kampferfahrung, erklärt: „Russland versucht, wieder eine führende Rolle auf der Weltbühne zu erreichen,“ fügt aber beruhigend hinzu, dass er mit den Alliierten von der NATO hart daran arbeitet, „Russland jetzt abzuschrecken und uns auf den Kampf vorzubereiten und diesen falls nötig zu gewinnen.“ (USA: Vorbereitung einer Invasion in Rußland)
Es sei einem verziehen, wenn man Breedlove mit Strangelove durcheinanderbringt. Mit Hohlköpfen wie Breedlove am Steuer kann jeder Amerikaner zweifelsohne heute besser schlafen, aber man muss sich fragen, was Offiziere wie ihn dazu bringt, dort auf die Suche nach Feinden zu gehen, wo es keine Feinde gibt. Russland ist weder wirtschaftlich noch militärisch dazu fähig, die Sowjetunion wiederherzustellen (Feindbild Russland: Wie der Westen das Szenario eines Dritten Weltkriegs heraufbeschwört (Videos)).
Es gibt absolut keinen Beweis dafür, dass Moskau danach trachtet, einen seiner osteuropäischen Nachbarn zu überfallen, und Moskaus Überzeugung, dass die NATO gegen Russland gerichtet ist, ist nur zu real, wie Breedlove enthüllt. Und Moskaus Intervention in Syrien war positiv, worin die meisten Beobachter übereinstimmen werden. Das scheint jeder zu begreifen außer Breedlove, und noch wichtiger, den Leuten in Washington und in der NATO, die darauf aus sind, dass das Geld weiterhin fließt.
Um das zu erreichen, braucht es einen Feind, und je größer der Feind ist, desto besser.
Leser dieses Artikels haben zweifelsohne bemerkt, dass ich vom Kriegsministerium gesprochen und nicht den nach dem Zweiten Weltkrieg üblichen Euphemismus „Verteidigung“ benützt habe. Das deshalb, weil das, was die Vereinigten Staaten von Amerika weltweit durch ihre Afrika-, Europa-, Pazifischen- und Südlichen „Kommandos“ betreiben, wenig mit dem zu tun hat, was jemand plausibel als Verteidigung definieren würde.
Wenn wir gegen einen großen Teil der Welt Krieg führen, anscheinend auf der Grundlage einer Reihe von schlecht verstandenen Interessen, hauptsächlich aber, um zu beweisen, dass wir das können, dann ist es allerhöchste Zeit, dass wir uns darüber klar werden, als was wir das bezeichnen.
Originalartikel „The War Against the World“ vom 19. April 2016
Literatur:
Whistleblower von Jan van Helsing
verraten – verkauft – verloren?: Der Krieg gegen die eigene Bevölkerung von Gabriele Schuster-Haslinger
Krieg um jeden Preis: Gier, Machtmissbrauch und das Millardengeschäft mit dem Kampf gegen den Terror von James Risen
Quellen: PublicDomain/radio-utopie.de am 22.04.2016
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