Weil Russland, Iran und nicht zuletzt die ISIS am meisten unter den fallenden Ölpreisen leiden, könnten die Saudis bis zu zwei Jahre lang einen Ölpreis bis unter 80 Dollar/Barrel zulassen
Als die führenden Ölproduzenten am Anfang der 1970er Jahre erstmals die „Öl-Waffe“ eingesetzt hatten, waren die USA (samt allen westlichen Industriestaaten) noch das Opfer. Damals hatten die arabischen Ölproduzenten den Einsatz der USA auf Seiten Israels mit einem Öl-Embargo sanktioniert und dadurch den Rohölpreis mehr als vervierfacht. Dabei kam ihnen zugute, dass die Rohölförderung der USA 1970 mit im Schnitt täglich 9,7 Millionen Barrel ihr absolutes Maximum (ihren Peak-Oil) erreicht hatte und rasch abfiel, während der Ölverbrauch der USA weiter rapide anstieg.
2007 hatte die US-Produktion dann bei fünf Millionen Barrel pro Tag ihren absoluten Tiefpunkt erreicht, war mit dem Einsetzen des Shale-Booms bis 2013 jedoch wieder auf 7,44 Millionen Barrel angestiegen. Mittlerweile dürfte sich die Produktion sogar schon auf knapp zehn Millionen Barrel zubewegen, was wohl nur noch knapp weniger ist, als die führenden Produzenten Russland (10,9 Mio.) und Saudi Arabien (9,9 Mio.) 2013 im Schnitt aus dem Boden holten.
Nachdem Saudi-Arabien aufgrund des relativ geringen Eigenverbrauchs der wichtigste Exporteur ist, über ungenutzte Förderkapazitäten verfügt und zudem die geringsten Produktionskosten aufweist, hat Saudi-Arabien seit jeher einen wesentlichen, wenn nicht sogar maßgeblichen Einfluss auf den Ölpreis, der sich seit 2010 durchwegs in einer Bandbreite von 100 bis 120 Dollar bewegt hat.
Drohte der Preis darunter abzufallen, hatten die Saudis stets ihre Produktion gesenkt, und sie erhöht, sofern der Preis darüber anzusteigen schien, da auch ein zu hoher Ölpreis nicht in ihrem Interesse lag. Denn dadurch würde einerseits die Weltkonjunktur bedroht, was die Nachfrage hätte kurzfristig einbrechen lassen, darüber hinaus hätte der Abschied der Konsumenten vom Erdöl insgesamt beschleunigt werden können, während die hoch-preisigen Produktionen aus Tiefsee-Lagerstätten und Öl-Schiefer von höheren Ölpreisen weiter angefeuert würden.
Nachdem der Ölpreis von seinem Zwischenhoch bei 115 Dollar im Juni 2014 sukzessive nachgegeben hatte und zuletzt unter 90 Dollar abgefallen war, warten die Ölmärkte nun auf die in solchen Fällen übliche Ankündigung von saudischen Produktionsdrosselungen, denen saudische Ölmanager aber gerade in privaten Treffen mit Analysten und Öli-nvestoren eine deutliche Absage erteilt haben sollen.
Demnach würde Saudi-Arabien seine Geschäftspartner gerade darauf vorbereiten, dass das Königreich bis zu zwei Jahre lang mit einem Ölpreis von weniger als 90, vielleicht sogar weniger als 80 Dollar je Barrel leben könne, was am Freitag auch der kuwaitische Ölminister Ali al-Omair bestätigt hat. So hätten saudische Produktionskürzungen an-gesichts der steigenden Produktion in Russland und den USA ohnehin wenig Potential, den Ölpreis in die Höhe zu treiben, weshalb man laut der staatlichen Nachrichtenagentur KUNA al-Omair auch kaum Chancen sehe, dass die OPEC-Staaten ihre Produktion zurückfahren. Vielmehr würde der Preiseinbruch spätestens bei 76 oder 77 Dollar von selbst enden, weil Shale- oder Tiefseeproduktionen darunter nicht mehr kostendeckend produzieren könnten.
Davon ist Saudi-Arabien, das sein Öl zu kaum zehn Dollar je Barrel fördert, jedenfalls noch weit entfernt und mittelfristig erscheint es aus saudischer Sicht auch durchaus ver-nünftig, den aktuell stark boomenden neuen Produktionen Einhalt zu gebieten. Das hat die Saudis bislang allerdings nicht daran gehindert, den Preis konsequent über 100 Dollar zu halten, was dafür spricht, dass zuletzt neue Argumente für eine Preissenkung aufgetaucht sind.
Davon ist jedenfalls der Präsident des „Saudi Arabia Oil Policies and Strategic Expectations Center“ in Riyadh, Rashid Abanmy, überzeugt, der hinter dem Ölpreisverfall die Absicht Saudi-Arabiens und der USA sieht, Russland, den Iran und den IS unter Druck zu setzen. Demnach sei Saudi-Arabien sogar bereit, Rohöl an den asiatischen Spot-Märkten für weniger als 50 Dollar zu verkaufen, um damit die Entwicklung nuklearer Kapazitäten des Iran zu behindern, die dessen Ölexportkapazitäten erheblich erhöhen könnten. Darüber hinaus soll Russland davon abgehalten werden, weiterhin das syrische Assad-Regime zu unterstützen, während nicht zuletzt die Profite des IS durch Ölverkäufe verringert werden soll.
Abgesehen von der Shale-Lobby finden sich die Saudis damit zudem in vollster Überein-stimmung mit den USA, wo sinkende Ölpreise schon traditionell den amtierenden Politikern gutgeschrieben werden, während Russland, Iran und ISIS aktuell wohl zu den wichtigsten Staatsfeinden zählen, deren Öleinnahmen die USA schon länger mit Sanktionen und in Libyen neuerdings auch mit Bombardements zu reduzieren versucht.
Hinter dem Anti-Terror-Alibi, der Gaskrieg
Wenn auch alle dem Anti-Terrorismus-Diskurs von Washington und seinen Verbündeten im Golf zustimmen, versteht jeder, dass er nur eine rhetorische Rechtfertigung für einen Krieg ist, der andere Ziele verfolgt. Die Vereinigten Staaten behaupten, das islamische Emirat [IE] oder IS, das sie selbst erstellt haben, zerstören zu wollen und welches für sie die für den Umbau des „Erweiterten Nahen Ostens“ notwendige ethnische Reinigung unternimmt. Noch seltsamer, sie behaupten, das IE in Syrien mit der gemäßigten Opposition, die aus den gleichen Dschihadisten besteht, bekämpfen zu wollen. Schließlich haben sie in Raqqa Gebäude zerstört, die zwei Tage zuvor von dem islamischen Emirat evakuiert worden waren.
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Quellen: PRAVDA TV/voltairenet.org/dpa/heise.de vom 14.10.2014
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