Neue Theorie über die Pestepidemien

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Die Pest führte im Mittelalter zu einer der größten Pandemien aller Zeiten. Warum aber brach sie bis ins 18. Jahrhundert immer wieder aus?

Mit sehr viel Pech kann man sich auch heute noch in Nordamerika mit der Pest anstecken. Ein kurioser Fall hat sich angeblich in den 1980er-Jahren im Südwesten der USA zugetragen, als eine Frau mit einem Rasenmäher ein Eichhörnchen überfuhr und sich dabei infizierte.

(Foto: Doktor Schnabel, der Pestarzt von Rom)

Tatsächlich gelten wild lebende Nagetierpopulationen in vielen Teilen der Welt als lebende „Speichermedien“ des Pestbakteriums. Infizierte Murmeltiere oder Eichhörnchen stecken wiederum Ratten an, und so gelangt der Erreger in unmittelbare Menschennähe.

Jäger können sich theoretisch auch direkt infizieren – aber nicht mehr in Europa, wo es keine wilden Nager mehr geben dürfte, die den Pesterreger in sich tragen. Die bis zu 3000 Ansteckungsfälle, die von der Weltgesundheitsorganisation WHO jährlich registriert werden, tragen sich in anderen Teilen der Welt zu.

Nagetiere, Ratten und Flöhe

Im 14. Jahrhundert war die Beulenpest für eine der schrecklichsten Pandemien verantwortlich, die jemals auf diesem Planeten wüteten: Allein in Europa fielen von 1347 bis 1351 geschätzte 25 Millionen Menschen – rund ein Drittel der damaligen Bevölkerung – dem schwarzen Tod zum Opfer. Bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts brach die Pest in Europa dann immer wieder aus, blieb freilich meist auf kleine Regionen beschränkt.

Was aber führte zum erneuten Auftreten der Krankheit? Bisher ging die Forschung davon aus, dass die wild lebenden Nagetiere in Europa für mehr als vier Jahrhunderte das natürliche Reservoir für das Pestbakterium in dieser Zeit waren. Über Ratten und Flöhe sei es dann immer wieder zu den Ausbrüchen gekommen.

Diese Annahme bringt nun ein internationales Forscherteam um Nils Stenseth (Universität Oslo) gehörig ins Wanken und wartet mit einer neuen, sehr viel überzeugenderen Hypothese auf, die zumindest für die europäischen Nager einen Freispruch bringt.

Neue Zusammenhänge

Stenseth und seine Kollegen lokalisierten für ihre neue Studie insgesamt 7711 Pestausbrüche in Europa und im Mittelmeerraum zwischen 1347 und 1859. Die Jahre und Orte dieser Ausbrüche verglichen sie mit dem Klima in Europa und Asien in dieser Zeit. Als Grundlage dafür dienten Jahresringe von Bäumen, die recht genaue Rückschlüsse auf die klimatische Entwicklung zulassen.

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Auf Basis dieser beiden Datensätze ergaben sich dann ganz neue Zusammenhänge: Wie die Forscher im Fachblatt PNAS schreiben, dürfte der Pesterreger zumindest 16-mal aufs Neue nach Europa eingeführt worden sein, und zwar fast immer auf Schiffen, die in europäischen Häfen landeten.

Dem gingen Klimaveränderungen in Asien voraus, die dazu führten, dass Nagetierpopulationen dezimiert wurden. Konkret handelte es sich um extrem niederschlagsreiche Jahre in Zentralasien, die den natürlichen Lebensraum des lokal wichtigsten Pestwirtes zerstörten, der Großen Rennmaus (Rhombomys opimus).

Dadurch waren Flöhe gezwungen, buchstäblich auf neue Wirte überzuspringen – und landeten prompt auf Menschen, die mit dem Erreger infiziert wurden. Reisende brachten den Pesterreger auf dem Landweg langsam (mit etwa 400 Kilometern pro Jahr) in den östlichen Mittelmeerraum und von dort in die Häfen Europas. Zwischen dem klimabedingten Kollaps der Nager in Asien und dem Ausbruch der Krankheit in europäischen Hafenstädten vergingen dabei ziemlich genau 15 Jahre.

Damit sind nach dieser Studie die europäischen Nager entlastet, das Reservoir des Pesterregers gewesen zu sein. Dringend verdächtig sind stattdessen die Großen Rennmäuse in Zentralasien

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Quellen: derstandard.at vom 24.02.2015

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