Russlands Pipelineprojekt »Turkish Stream« stellt Vasallentreue von Mitgliedsstaaten und Kandidaten gegenüber dem »Westen« auf die Probe.
Ab 2019 will Russland der Ukraine den Gashahn zudrehen. »Der russisch-ukrainische Gastransitvertrag wird nicht verlängert, ein neuer ist nicht geplant«, sagte der Vizevorstandschef des Staatskonzerns Gasprom, Alexander Medwedew, am Dienstag in Moskau. Davon betroffen wären neben der Slowakei und Ungarn auch viele Balkanländer. Ihre zukünftige Gasversorgung ist mit der Aufgabe des Projekts »South Stream« in Frage gestellt. Die Pipeline sollte russisches Gas über Bulgarien nach Europa leiten. Jedoch wurde das Vorhaben von der EU solange blockiert, bis Moskau schließlich die Reißleine zog.
(Bild: Scharf bewacht: Erdgas-Pumpstation in Mazedonien nahe dem Ort Kriwa Palanka)
Im vergangenen Dezember präsentierten Russland und die Türkei ein neues Projekt: »Turkish Stream« soll russisches Gas ebenfalls durch das Schwarze Meer in die Türkei transportieren. Von dort könnte es über Griechenland und bei Bedarf bis nach Westeuropa weitergepumpt werden. Doch die Pläne stehen im Widerspruch zu den geopolitischen Interessen der USA. Mit allen Mitteln will Washington die Länder des Balkans – allen voran Griechenland – an sich zu binden. Dabei wird jeder noch so zaghafte Versuch einer Kooperation mit Russland torpediert. Jüngstes Opfer dieser Politik war Mazedonien (Open Society Foundation: Organisation von George Soros hinter Massenprotesten in Mazedonien (Video)).
Der mazedonische Präsident Nikola Gruevski wollte die westlichen Sanktionen gegen Russland nicht mittragen; im März gab Skopje zudem bekannt, sich an »Turkish Stream« beteiligen zu wollen. Anschließend kam es in der ehemaligen jugoslawischen Republik zu politischen Spannungen: Anfang Mai lieferten sich kosovo-albanische Separatisten eine mehrstündige Schießerei mit der Polizei in der zweitgrößten Stadt Kumanovo, bei der mindestens 22 Menschen starben. Kurz darauf rief die sozialdemokratische Opposition zu Massenprotesten auf, um die Regierung zu stürzen. Ende Mai beugte sich Gruevski dem Druck des Westens und erklärte, sich nicht gegen den Willen von Washington und Brüssel an »Turkish Stream« beteiligen zu wollen.
Die Nachricht aus Mazedonien wurde auch in anderen Ländern verstanden: Am 28. Mai gab der serbische Premierminister Aleksandar Vučić? am Rande eines Wirtschaftsgipfels in der albanischen Hauptstadt Tirana gegenüber der US-Nachrichtenagentur AP bekannt, die »Gasquellen für Serbien diversifizieren« zu wollen.
Das Land bezieht zur Zeit laut dem US-Thinktank Stratfor rund 80 Prozent des Erdgases aus Russland. Zukünftig soll die Versorgung mit aserbaidschanischem Gas sichergestellt werden, unterstrich Vučić? So soll die Abhängigkeit von Russland aufgehoben werden. Dies sei »sehr wichtig für unsere amerikanischen Freunde«, merkte der Regierungschef an. Es sei ein »bedeutender politischer Schwenk«, den Vučić? vollzogen habe, kommentierte AP die Aussagen des Premiers.
Als am 1. Dezember 2014 das Ende von »South Stream« verkündet wurde, fielen die Politiker in Belgrad aus allen Wolken: Das Pipelineprojekt schien ihnen bereits in trockenen Tüchern zu sein. Große Erwartungen hatte Serbien an das Projekt. Neben den anfallenden Transitgebühren hoffte man auf günstige Gaspreise, denn der staatliche Energiekonzern Srbijagas ist hoch defizitär. Grund dafür ist neben der maroden Infrastruktur vor allem der hohe Einkaufspreis. Für 1.000 Kubikmeter des Rohstoffs muss Serbien 340 US-Dollar berappen. Für Ungarn kostet die gleiche Menge lediglich 260 Dollar, und auch die Ukraine hat günstigere Verträge, zahlt 329 Dollar. Im vergangenen Jahr verzeichnete Srbijagas deswegen Verluste von rund 441 Millionen Euro.
Die Abkehr von Moskau – die laut Vučić? keine ist – kann als Retourkutsche interpretiert werden, um die Position Belgrads in der Auseinandersetzung über die zukünftige Gasversorgung zu stärken. Dafür spricht der Auftritt des serbischen Energieministers Aleksandar Antic? auf dem European Business Congress am 28. Mai in Belgrad, an dem auch Gasprom-Vorstandschef Alexej Miller teilnahm Antic? wiederholte die »Diversifizierungs«pläne, betonte aber auch, dass »Turkish Stream« für das Land weiterhin ein Option sei.
Höhere Priorität hat laut Antic? jedoch die Zusammenarbeit mit dem EU-Mitglied Bulgarien. Beide Länder wollen sich mit einer eigenen Leitung an der von den USA forcierten »Trans Adriatic Pipeline« (TAP) beteiligen. TAP soll aserbaidschanisches Erdgas, das über den Landweg durch die Türkei gepumpt wird, über Griechenland nach Albanien und von dort weiter durch das Mittelmeer nach Italien transportieren.
Ob TAP Serbien überhaupt mit ausreichend Gas versorgen kann, ist fraglich. Alexander Frolow vom russischen Nationalen Energieinstitut sagte Anfang Mai gegenüber dem serbischen Ableger von Sputnik News, dass sich Belgrad keinen Illusionen hingeben sollte, da die Kapazität der Leitungen von jährlich 16 Milliarden Kubikmeter Gas nicht für die Versorgung Serbiens ausgelegt sei. Allein die Türkei würde sechs Milliarden Kubikmeter beanspruchen, die übrigen zehn seien vor allem für EU-Länder wie Italien vorgesehen.
Serbien und Mazedonien haben sich mit der einseitigen Zuwendung zum Westen ins Abseits manövriert. Mittlerweile ist auch unter den EU-Staaten ein Wettlauf um den Zugang zu »Turkish Stream« entstanden. So soll der slowakische Premierminister Robert Fico bei einem Besuch in Moskau Anfang Juni gegenüber seinem russischen Amtskollegen Dimitri Medwedew vorgeschlagen haben, die geplante Pipeline »Eastring« an »Turkish Stream« anzuschließen. Die Leitung würde durch Ungarn, Rumänien und Bulgarien führen, jedoch an Serbien und Mazedonien vorbei. Der Direktor des russischen Fonds für nationale Energiesicherheit, Konstantin Simonow, sagte gegenüber Sputnik News, die beide Länder müssten nun »ihre Position überdenken«.
Der Wettlauf um die Versorgung russische Gas hat begonnen.
Literatur:
Russland verstehen: Der Kampf um die Ukraine und die Arroganz des Westens von Gabriele Krone-Schmalz
Die Eroberung Europas durch die USA von Wolfgang Bittner
Krieg in der Ukraine von F. William Engdahl
Quellen: Reuters/jungewelt.de vom 12.06.2015
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