Umweltchemikalie mit versteckten Spätfolgen: Bisphenol A wirkt generationsübergreifend

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Mit unseren Plastikabfällen gelangt auch die Chemikalie Bisphenol A in die Gewässer. Wie sich jetzt zeigt, stört die hormonähnlich wirkende Substanz nicht nur direkt die Fortpflanzung einiger Wasserorganismen. Bei manchen Fischen macht sich der Schaden sogar erst nach mehreren Generationen bemerkbar – eine Folge, die gängige Tests nicht erfassen.

Unsere Flüsse und Seen ersticken an Mikroplastik und Kunststoffabfällen: In der Donau schwimmen mit 4,8 Gramm pro 1.000 Kubikmeter Wasser bereits mehr Plastikpartikel als Fischlarven umher, wie Forscher vor Kurzem feststellten. Im Genfer See finden sich ebenfalls in nahezu jeder Wasserprobe Polystyrol-Kügelchen, Mikroplastik und andere Partikel. An diesen Kunststoffresten können Fische und andere Wasserorganismen nicht nur ersticken oder sich tödliche Verstopfungen ihres Darmtracks zuziehen – mit dem Plastik gelangen auch giftige Chemikalien in das Wasser.

Gestörte Hormone

Eine der in vielen Kunststoffteilen präsenten Zusätze ist das Bisphenol A (BPA). Diese Substanz gehört zu den sogenannten endokrinen Disruptoren – sie zeigt in Organismen hormonähnliche Wirkung und kann so Stoffwechsel und Fortpflanzung stören. Beim Menschen gibt es Hinweise darauf, dass BPA Übergewicht und Diabetes fördern könnte und möglicherweise sogar neurologische Veränderungen bei Ungeborenen verursacht. Die EU hat im Jahr 2010 BPA in Babyschnullern und -Fläschchen mit BPA verboten, in unzähligen anderen Plastikgegenständen darf die Chemikalie aber noch enthalten sein.

Mit unseren Abwässern und Abfällen gelangt die Chemikalie zunehmend auch in die Umwelt. Schon jetzt zeigen Messungen, dass in vielen Gewässer bereits Bisphenol A nachweisbar ist. Das hat auch für die Wasserorganismen Folgen: Es gibt Hinweise darauf, dass das Bisphenol A bei Tieren zu Unfruchtbarkeit und Verweiblichung der Männchen führt. Einige Fischarten beginnen unter dem Einfluss der Chemikalie, auch artfremde Partner anzubalzen, wie Studien ergaben.

Folgen erst bei den Enkeln sichtbar

Jetzt haben Don Tillitt vom US Geological Survey und seine Kollegen in Versuchen mit Japanischen Reisfischen (Oryzias latipes) eine weitere, verborgene Wirkung des BPA aufgespürt: Werden die Fische als Larven eine Woche lang geringen Mengen von Bisphenol A ausgesetzt, dann wachsen sie zunächst scheinbar völlig normal heran. Hält man sie und später ihre Nachkommen dann wieder in ganz normalem sauberen Wasser, treten jedoch Spätfolgen zutage: Bei den Enkeln und Urenkeln der mit BPA belasteten Fische sinkt die Fortpflanzungsrate deutlich.

„Wir haben eine 30-prozentigen Abnahme der Reproduktionsrate nach zwei Generationen und eine 20-prozentige nach drei Generationen festgestellt“, berichtet Koautor Ramji Bhandari. „Das könnte bedeuten, dass die Population der Fische noch Generationen später die Folgen dieser Exposition spürt.“ Da höchstwahrscheinlich auch andere Fischarten so reagieren, könnte dies zum langfristigen Rückgang der Populationen in vielen Gebieten führen.

Unterschätztes Problem?

Dieses Ergebnis ist auch deshalb bedeutsam, weil viele toxikologische Tests solche Langzeitfolgen nicht erfassen. Ist an den getesteten Tieren kein Schaden erkennbar, gilt eine Umweltchemikalie schnell als unbedenklich. Dass die eigentlichen Konsequenzen erst mehrere Generationen später sichtbar werden, wird dabei nicht erfasst.

„Unsere Studie zeigt: Selbst wenn endokrine Disruptoren die exponierten Fische nicht zu beeinträchtigen scheinen, können sie sehr wohl zukünftige Generationen negativ beeinflussen“, sagt Bhandari. Er und seine Kollegen schließen nicht aus, dass dies auch auf den Menschen übertragbar ist. Sie rufen ihre Kollegen nun zu weiteren Studien auf, um die generationsübergreifenden Folgen der BPA-Belastung auch in wilden Fischpopulationen und bei anderen Organismen genauer zu untersuchen.

Literatur:

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Entgiften statt vergiften von Uwe Karstädt

Lass dich nicht vergiften!: Warum uns Schadstoffe chronisch krank machen und wie wir ihnen entkommen von Joachim Mutter

Quellen: Scientific Reports/natur.de vom 25.03.2015

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