Bei der Bundeswehr häufen sich technische Pannen. Wäre die Bundeswehr eine normale Firma, hätte sie längst Konkurs anmelden müssen. Aber vielleicht gelingt das ja demnächst zumindest im Bekleidungswesen.
Noch wird die Geschichte mit einem Zwinkern erzählt. Immer mehr Bundeswehr-angehörige möchten die Truppe wechseln, heißt es. Nicht grundsätzlich, nur würden sie gern in jenen Einheiten dienen, über die das Ministerium im Verteidigungsausschuss berichtet. In der vergangenen Woche beispielsweise verkündeten dort Generäle eine Einsatzfähigkeit der Großgeräte von über 70 Prozent. Die Löcher im »Eurofighter« seien noch lange nicht problematisch, die NH90-Hubschrauber nur ein ganz klein wenig absturzgefährdet und die G36-Standardflinten könnten auch ohne absichtsvolle ministerielle Radierungen in Testberichten – die es wohl gegeben haben muss – als durchaus brauchbar bewertet werden.
Selbst wenn das mit Technik und Bewaffnung alles so zum Besten stünde, wird sich für die Soldaten schon bald eine andere Grundsatzfrage stellen: Was ziehe ich an? Das, was sie »Grünzeug« nennen, wird knapp. Müssen die Soldaten schon bald ohne Hemd ins Wintergefecht oder barfuß durch fremde Wüsten laufen?
Der Grund dafür ist mit der Zunahme von P-Worten erklärbar: Aus »Public Private Partnership« wird eine »Public Private Partnership«-Pleite. Bis 2002 hat sich die Bundeswehr selbst um ihre Klamotten gekümmert. Dann spielte Rudolf Scharping (SPD) Verteidigungsminister, begann alles auszulagern, suchte Kompetenz und Risiko-bereitschaft bei Privaten. Die BwFuhrparkService GmbH wurde als Gemeinschaftsunter-nehmen des Bundes gegründet – vertreten durch das Verteidigungsministerium (75,1 Prozent) und die Deutsche Bahn (24,9 Prozent). Ebenso erweckte man die LH-Bekleidungsgesellschaft mbH (LHBw) in Köln zum Leben. Dabei halten die Unternehmen Lion Apparel Inc. mit Sitz in Dayton Ohio (!?) und Hellmann Worldwide Logistics GmbH & Co KG aus Osnabrück als private Mehrheitspartner den Löwenanteil. Der Bund ist mit 25,1 Prozent beteiligt.
Die Gesellschaft, die für die »umfassende Versorgung der Streitkräfte und des Zivil-personals der Bundeswehr und anderer öffentlicher Einrichtungen des Bundes mit Bekleidung und Ausrüstungsgegenständen zuständig ist«, sollte Wunderdinge vollbringen. Erstens: »Schnellere Reduzierung und wirtschaftliche Verwertung nicht mehr benötigter Lagerbestände und -kapazitäten.« Über 17 Millionen Euro sollten die zu veräußernden Liegenschaften angeblich bringen. Zweitens: rasche Senkung der Personalausgaben. Von rund 3250 mit militärischer Bekleidung und Ausrüstung befassten Mitarbeitern wollte man 1112 behalten. Man war sich drittens sicher, »schnelle und flexiblere Beschaffungs-verfahren« zu entwickeln, die auch »eine schnellere und flexiblere Ausstattung mit modernerer und attraktiverer Ausrüstung ermöglichen«. Insgesamt wollte man bis zum Jahr 2014 den Verteidigungshaushalt um rund 718 Millionen Euro entlasten.
Die Realisierung des neuen Bekleidungsmanagements hat, so behauptete man im Verteidigungsministerium 2002, »Signalwirkung für die im Rahmenvertrag vereinbarte Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft«.
Wichtig war den Gründern, neuartige Distributions- und Beschaffungsmethoden zu entwickeln, die insbesondere dem deutschen Mittelstand ein Leuchten in die Augen zaubern sollte. Daraus ist nichts geworden. Eine zentrale Rolle spielte die Erschließung eines sogenannten Drittkundenmarktes. Die LHBw gründete und erwarb Tochtergesell-schaften, aus denen Enkelgesellschaften im In- und Ausland hervorgegangen sind. Man hat Firmen in der Schweiz, Australien, Frankreich, Hongkong, Spanien, Neuseeland und Großbritannien aufgebaut. Die LHBw ging finanzielle Risiken ein, doch bis 2002 sah alles verdammt clever aus. Dann ging’s bergab. Die Töchter und Enkel waren insgesamt defizitär. Im Geschäftsjahr 2013 häufte man einen Verlust von 10,8 Millionen Euro an. Angeblich, weil man zwei besonders defizitäre Firmen abstoßen musste.
Es gibt Auffälligkeiten, die Rechnungsprüfer schon seit Jahren mehrfach benannten – freilich im Geheimen. Beispielsweise sicherte das Verteidigungsministerium den Bestand der LHBw immer wieder zu Lasten des Bundeshaushaltes. So wurden via Bundesamt für Wehrverwaltung für die LHBw Beschaffungsaufträge ausgelöst, die weit über dem Bedarf der Bundeswehr lagen. Immer wieder gab es zusätzliche Zahlungen, ohne dass der Bund etwas davon hatte. Das wirkte sich auf Prämienzahlungen aus. Unter der Hand heißt es, man sollte sich mal die Chefgehälter anschauen.
Noch hat keiner die Worte Betrug, Bestechung, Bereicherung in den Mund genommen. Doch nicht nur Laien wundern sich, dass die LHBw bis September 2014 dem Bund Bekleidung im Wert von 18,2 Millionen Euro übereignet hat und der Bund seinerseits Abschlagszahlungen in Höhe von 51,2 Millionen Euro geleistet hat.
Wie begründet sich die Differenz von 33 Millionen Euro? Wir sprechen über Steuergelder! Und warum hat man das Verhältnis nicht etwas ausgeglichen bei folgenden vereinbarten Abschlagszahlungen? Vielleicht weil die Nichterfüllung der Verpflichtungen durch den Bund das finanzielle Gleichgewicht der Gesellschaft »empfindlich gestört« hätte, wie die LHBw an das Amt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr Anfang Oktober schrieb?
Fragwürdig erscheinen auch Zahlungen zur Umstellung der LHBw-Software. Experten des Bundesrechnungshofes empfehlen auch hier die Finanzierungshintergründe »aufzuarbeiten und rechtlich umfassend zu würdigen«.
Das scheint dringend notwendig, denn an verschiedenen Standorten streitet man sich jetzt schon um die künftige Konkursmasse. Der Gesellschaftsvertrag ließe es zu, dass der Bund alle Geschäftsanteile der LHBw erwerben kann. Man kann sich das sicher so vorstellen wie den Rückkauf von Wasserwerken oder Verkehrsbetriebe durch Kommunen.
Das klappt vielerorts, sogar in Berlin. Und doch will das in der Hauptstadt angesiedelte Verteidigungsministerium, die Option zur letztmaligen Verlängerung des Leistungs- und Kooperationsvertrages bis Ende Juli 2018 ausüben.
Den Verteidigungsausschuss scheint das alles kalt zu lassen. Es sind ja nur Peanuts im Vergleich zu den Milliardenverlusten beim Kauf von technischem Material.
Quellen: PublicDomain/neues-deutschland.de vom 08.12.2014
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