Fast jeder kennt jemanden, dessen Fernseher, Spülmaschine oder Mixer kurz nach Garantie-Ende kaputt ging. Zufall? Stefan Schridde von der Initiative „Murks? Nein Danke!“ erklärt, was geplanter Verschleiß ist und wie man sich davor schützen kann.
Fast jeder kennt jemanden, dessen Fernseher, Spülmaschine oder Mixer kurz nach Garantie-Ende kaputt ging. Zufall? Stefan Schridde von der Initiative „Murks? Nein Danke!“ erklärt, was geplanter Verschleiß ist und wie man sich davor schützen kann.
Stefan Schridde: Hersteller haben unterschiedliche Möglichkeiten in der Produktentwicklung, dafür zu planen, wie lange ein Produkt halten soll. Der Ingenieur nennt es geplante Gebrauchsdauer, der verärgerte Kunde nennt es geplante Obsoleszenz.
Könnte man mit unwesentlich höheren Kosten die Haltbarkeit vieler Produkte wesentlich verlängern?
Schridde: Man kann zeigen, dass sogar zu gleichen Kosten dreifache Haltbarkeit möglich wäre. Verschleißteile sind ja kleine Teile, die an Material kaum etwas kosten und die nur haltbarer sein müssten, damit das ganze Produkt dreimal so lange hält.
Bei welchen Geräten gibt es denn besonders viele Fälle von geplantem Verschleiß?
Schridde: Besonders fällt es bei Kleidungsstücken wie Schuhen auf, dass da Stoffe und Zwirne nicht lange halten, abreiben, beschädigt werden und Sohlen brechen. Genauso aber auch bei allen elektrischen Geräten, also Unterhaltungselektronik, Computer, Handys, Haushaltskleingeräte, Großgeräte etc. Kleinste elektrische Bauteile werden hier oft zur Schwachstelle. Eine Reparatur ist nicht möglich oder zu teuer und schon muss man neu kaufen.
Können Sie ein, zwei Beispiele für einen typischen geplanten Verschleiß nennen?
Schridde: Ein typisches ärgerliches Beispiel sind die Flachbildschirme, die wir im Computer- oder Fernsehbereich kennen. Darin gibt es Netzteile, die den Strom umformen, kleine Elektrolytkondensatoren. Die kleinen Bauteile sind zu schwach ausgelegt und werden in die Nähe von Hitze positioniert, so dass sie schneller verschleißen. Und schon ist ein kleines Teil Schuld daran, dass die ganze Reparatur unmöglich wird. Ein anderes typisches Beispiel sind Schuhe. Wenn der Kunststoff zu brüchig ist, scheuert die Schuhsohle schnell durch oder bricht. Und schon muss man sich neues Schuhwerk kaufen, da das an der Stelle nicht mehr reparierbar ist.
Kann man bei den Alltagshaushaltsgeräten sagen: Billige Geräte gehen schneller kaputt?
Schridde: Leider nicht. Ich hatte einen Toaster, fünf Euro oder so, der hat zehn Jahre oder mehr gehalten. Der war einfach stabil gebaut. Genauso erleben wir es aber auch so, dass wir teure Markenprodukte kaufen, viel Geld für die Marke ausgeben, aber die gleichen Qualitätsmängel erleben. Nehmen Sie alleine die Kaffeepadmaschinen, wo wir teures Geld für schmuckes Design und 80 Euro für das Kilo Kaffee ausgeben, wir also durchaus bereit sind, mehr Geld auszugeben – allerdings auch keine Haltbarkeit erhalten.
Also kann man nicht sagen: Wer billig kauft, kauft zweimal und wer teuer kauft, hat etwas fürs Leben?
Schridde: Leider sind solche pauschalen Aussagen nicht mehr möglich. Die Hersteller haben sich bei vielen Konsumgüterprodukten darauf orientiert, sozusagen die teure Marke zu verkaufen und nicht mehr darauf zu achten, was drin ist.
Nach welcher Zeit tritt denn typischerweise ein Defekt auf? Ist das genau nach zwei Jahren, wenn die Garantie oder Gewährleistung abgelaufen ist?
Schridde: Irgendwann im dritten Jahr der Nutzung. Wir wissen sehr genau Bescheid über die Haltbarkeit von einzelnen Stoffen und Teilen. Und die Produkte sind eben so ausgelegt, dass sie mindestens über die Gewährleistungszeit hinweg halten. Der Rest danach ist Zufall.
Hier das Video zum Beitrag. (Kaufen für die Müllhalde: Geplanter Verschleiß als organisierter Betrug)
Was kann ich als Kunde tun, um möglichst auszuschließen, dass ich ein Gerät mit geplantem Verschleiß kaufe?
Schridde: Da gibt es drei wichtige Ratschläge: Erstens, warum kaufen? Wir kaufen oft Dinge, die wir gar nicht brauchen (Der Konsumzombie). Das kann man ja lassen. Zweitens, warum nicht gebraucht kaufen? Haushaltsgroßgeräte, Waschmaschinen zum Beispiel, sind besser, wenn sie runderneuert sind, denn dann konnten sie schon repariert werden. Sie sind günstiger und sie haben schon gehalten. Also einfach ein Markenprodukt aus dem gebrauchten Bereich kaufen. Das Dritte ist: Wenn ich neu kaufen will, einfach das Produkt anschauen: Ist das Gehäuse verklebt oder sehe ich Schrauben, die ich noch nie gesehen habe etc., dann ist es offensichtlich nicht für eine Reparatur ausgelegt, soll dann also auch nicht lange halten. Man kann es sich auch zeigen lassen: Was sind die Möglichkeiten, ein solches Gerät für eine Reparatur zu öffnen? Das was nicht reparierbar ist, stehen lassen. Nachfragen: Was kostet eine typische Reparatur? Die Hersteller und Händler kennen die typischen Schäden. Häufig ist eine Reparatur so teuer wie ein Neugerät. Auch da sollte man die Finger von lassen.
Literatur:
Kaufen für die Müllhalde: Das Prinzip der Geplanten Obsoleszenz von Jürgen Reuß
Geplanter Verschleiß: Wie die Industrie uns zu immer mehr und immer schnellerem Konsum antreibt – und wie wir uns dagegen wehren können von Christian Kreiß
Die Kultur der Reparatur von Wolfgang M. Heckl
Murks? Nein danke!: Was wir tun können, damit die Dinge besser werden von Stefan Schridde
Quelle: wdr.de vom 09.11.2015
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