Er ist ein Prestige-Projekt der großen Koalition: der Mindestlohn. Doch selbst im Bundestag wird die Lohnuntergrenze nicht gezahlt. Die SPD hat einen besonderen Trick, mit dem sie den Mindestlohn vermeidet.
Seit dem 1. Januar 2015 gilt der Mindestlohn – doch Praktikanten im Bundestag profitieren davon nicht. Denn sie erhalten ihn nicht, wenn sie in der Verwaltung im Einsatz sind. Das bestätigte ein Sprecher des Bundestages.
Die Begründung: Die Bundestagsverwaltung bietet nur sogenannte „Pflichtpraktika“ an. Diese aber sind laut Gesetz vom Mindestlohn ausgenommen. Für die Verwaltungs-Praktikanten gibt es keinen Cent. 2014 waren rund 500 Praktikanten in der Bundestagsverwaltung im Einsatz.
SPD drückt sich um den Mindestlohn
Auch in der SPD-Fraktion müssen Praktikanten ohne Mindestlohn auskommen. Die Praktika dort dauern maximal acht Wochen, weniger als die drei Monate, ab denen Mindestlohn gezahlt wird. Immerhin gibt es eine Aufwandsentschädigung von 80 Euro wöchentlich. Die Abgeordneten sind aufgefordert, ihren Praktikanten, die keinen Mindestlohn erhalten, mindestens 350 Euro pro Monat zu zahlen.
In einem internen Papier wird den Parlamentariern geraten, „aktuell bei freiwilligen Praktika maximal drei Monate zu vereinbaren“. Zur Begründung heißt es, es stünden keine „Vertragsmuster für die Bezahlung auf Mindestlohnniveau zur Verfügung“.
Die CDU/CSU-Fraktion nimmt wie die Verwaltung nur Pflichtpraktikanten, zahlt für die sechswöchigen Praktika aber 100 Euro Aufwandsentschädigung wöchentlich. Für die Abgeordneten gibt es jenseits des Mindestlohngesetzes keine Vorgaben.
Praktikanten bei der Linksfraktion bekommen: nichts
Die Abgeordneten der Grünen haben im Dezember eine Selbstverpflichtung beschlossen, der zufolge sie ihren Praktikanten in den ersten drei Monaten 400 Euro monatlich zahlen. In der Fraktion sind nur Pflichtpraktika möglich. Auch bei der Linksfraktion bekommen Praktikanten keinen Mindestlohn, weil die Praktika maximal drei Monate dauern.
CDU/CSU-Fraktionsvize Michael Fuchs pocht auf Nachbesserungen beim Mindestlohn-Gesetz. Fuchs sagte der „Bild am Sonntag“: „Das Mindestlohn-Gesetz funktioniert so nicht und kann deshalb auch nicht so bleiben.“ Die Unternehmer müssten vom „Bürokratie-Wahnsinn des Gesetzes“ befreit werden. Fuchs kritisierte auch die geplanten Kontrollen: „Überall fehlen Polizisten. Aber wir stellen jetzt 1600 Zöllner ein, um den Unternehmern beim Mindestlohn auf die Finger zu schauen. Das versteht doch kein Mensch!“
Quellen: euractiv.de/FocusOnline vom 19.01.2015
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