Russland: Rubelschwäche – Ebbe im Portemonnaie (Video)

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Der Rubel fällt und auch die Kaufkraft der Russen wird geringer. Das hat Folgen: Die Russen müssen immer mehr Geld für Bedarfsgüter ausgeben, für Luxusartikel bleibt kein Geld mehr übrig. Dadurch sinkt der Lebensstandard der Bevölkerung.

Aus einer Prognose des russischen Ministeriums für Wirtschaftsentwicklung geht hervor, dass der Verfall des Rubelkurses zu einem Sinken der Kaufkraft der russischen Bevölkerung führt. In den vergangenen zwei Monaten fiel der Rubelkurs im Verhältnis zum US-Dollar und zum Euro ungefähr um die Hälfte. Im Ministerium geht man davon aus, dass dadurch die Zahl der als arm geltenden Menschen, diejenigen deren Einkommen unterhalb des Existenzminimums liegt, mit 11,7 Prozent auf den höchsten Stand seit vier Jahren ansteigen wird.

(Bild: Laut Meinungsumfragen müssen die Russen immer mehr Geld für Grund-nahrungsmittel ausgeben und verbringen den Urlaub bevorzugt im eigenen Land)

„Viele Russen investieren jetzt noch in langlebige und hochpreisige Waren. Sie kaufen vor allem ausländische Luxusgüter, zu denen es keine russische Entsprechung gibt“, erklärt Alexej Koslow, Chef-Analyst bei UFS IC. Er geht jedoch davon aus, dass es sich dabei um eine kurzfristige Erscheinung handelt. Die Rubelschwäche hätte überwiegend negative Folgen, wie zum Beispiel einen erhöhten Inflationsdruck, eine Verengung des Marktes und höhere Kreditkosten. Das könne zu einem geringeren Wirtschaftswachstum führen.

Zu beobachten sei laut Meinungsumfragen auch, dass die Russen immer mehr Geld für Grundnahrungsmittel ausgeben müssten und den Urlaub bevorzugt im eigenen Land verbringen. So habe nach Angaben der Föderalen Agentur für Tourismus die Zahl der Inlandstouristen bereits um 30 Prozent zugenommen.

Maxim Kljagin, Analyst bei Finam Management, sieht den Verbrauchersektor unter Druck: „Die Verbraucher geben weniger Geld aus für Waren und Dienstleistungen aus, die nicht unbedingt notwendig sind. Dazu zählen Immobilen oder teurere Fahrzeuge“.

Insgesamt sinke der Lebensstandard, betont er. Laut Kljagin seien die Reallöhne erstmals seit der Krise im Jahr 2008 im September 2014 um ein Prozent gegenüber dem gesamten Vorjahr gesunken. Nach offiziellen Angaben des russischen Statistikamts Rosstat verlangsamte sich im ersten Halbjahr das Wachstumstempo bei den Einzelhandels-umsätzen in Russland insgesamt im Vergleich zum Vorjahr inflationsbereinigt um ein Drittel, nämlich von 3,9 Prozent auf 2,7 Prozent. Kljagin geht davon aus, dass zum Jahresende das Wachstum so gering sein wird, wie in den letzten fünf Jahren nicht mehr.

Verschuldungsgrad privater Haushalte wächst

Auch die Kreditverschuldung der Bevölkerung nimmt zu. Nach einer am 3. Dezember von der Russischen Zentralbank veröffentlichen Meldung betrug der Anteil der Bürger und nicht ortsansässigen natürlicher Personen mit einer Zahlungsverzögerung von mehr als 90 Tagen zum 1. November 2014 bereits 7,9 Prozent. Ähnlich hoch war dieser Wert zuletzt am 1. Februar 2011. Die Zentralbank erklärt den Anstieg der Verschuldung mit der Ver-schlechterung der finanziellen Lage der Bevölkerung. Häufige dafür sind Verzögerungen bei der Gehaltszahlung, niedrigere Löhne oder der Verlust des Arbeitsplatzes. Der Großteil der Kredite wurde in Rubel ausbezahlt. Nach Angaben der Ratingagentur Fitch wurden bis September nur 17 Prozent aller Kredite in Russland in Fremdwährungen ausbezahlt. Die Kreditnehmer waren dabei vor allem Geschäftsleute.

Ihre Ersparnisse legen die Russen bisher zumeist in Rubel an, obwohl dieser massiv an Wert verliert. Nach einer Untersuchung des Allrussisches Zentrums für die Erforschung der öffentlichen Meinung WZIOM beobachten zwei Drittel der Russen (65 Prozent) den Währungskurs und mehr als die Hälfe (53 Prozent) der Befragten ist wegen der Rubelschwäche verunsichert. Dennoch tauschten in den vergangenen zwei Monaten lediglich sieben Prozent der Russen Rubel in Fremdwährungen um.

Nach einer Umfrage des Lewada-Zentrums sind 80 Prozent der Befragten der Meinung, dass die Preise steigen und der Lebensstandard zurückgehen werden. Als Hauptgrund für den Rückgang der Wirtschaftsleistung nennen sie den Preisverfall beim Erdöl (45 Prozent), die Sanktionen des Westens gegen Russland (33 Prozent) und die Eingliederung der Krim (30 Prozent).

In einer Studie des Unternehmens Romir heißt es, der Anteil der Befragten, die ihre Ausgaben insgesamt reduziert hätten und auch weniger Geld für Lebensmittel zur Verfügung hätten, sei von acht auf 20 Prozent gestiegen. Darüber hinaus sei jeder dritte Haushalt gezwungen, sein Budget zu Gunsten der Ausgaben für Lebensmittel und andere notwendige Waren und Dienstleistungen umzustrukturieren. Nach einer Prognose von WTB Kapital wird der Anteil der Ausgaben für Lebensmittel von 31 auf 40 Prozent steigen.

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Dmitrij Bedenkow, Chef-Analyst bei IK RUSS-INVEST, glaubt, dass „das Vertrauen in die nationale Währung ein wesentlicher Faktor des Investitionsprozesses, der die Wirtschaft stabilisiert und einen normalen Reproduktionszyklus und das Funktionieren der Marktmechanismen gewährleistet“ sei.

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Rubelschwäche bedroht Gewerbepächter

Die Rubelschwäche sorgt für Unruhe auf dem russischen Markt für Handels- und Gewerbeimmobilien. Die Pächter fordern eine Anpassung ihrer Pachtverträge. Denn in den meisten Verträgen wird der Pachtzins in US-Dollar ausgewiesen, gezahlt wird die Pacht aber in Rubel. „Die Rubelschwäche hat die Pacht daher in die Höhe getrieben, die Pächter müssen 30 bis 40 Prozent mehr zahlen“, sagt Olesa Dsjuba, stellvertretende Leiterin der Forschungsabteilung des Unternehmens JLL, und fügt mit deutlichen Worten hinzu: „Den Pächtern von Handels- und Gewerbeimmobilien steht das Wasser bis zum Hals.“ Viele Pächter versuchten daher nun, mit den Eigentümern individuelle Vertragsbedingungen auszuhandeln, in Abhängigkeit von den Besonderheiten ihres Geschäftsfeldes, berichtet Dsjuba.

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Da überrascht es nicht, dass den Hauptteil der Tätigkeit und Einnahmequelle von Maklern inzwischen Beratungsleistungen ausmachen. Sie unterstützen Pächter bei den Ver-handlungen mit den Immobilieneigentümern. Dabei gehe es oft darum, Verträge, die auf US-Dollar basieren, auf Rubel umzuschreiben und eine niedrigere Pacht zu vereinbaren, erklärt Natalja Kruglowa, Direktorin der Abteilung Geschäftsimmobilien beim Unter-nehmen Pro Consulting Global Limited. Die Analyseabteilung von Knight Frank Russia & CIS bestätigt das. Zudem versuchten die Pächter Zahlungserleichterungen wie die Möglichkeit einer Teilzahlung oder des Aussetzens von Pachtraten auszuhandeln. Der Ausbau von Handels- und Gewerbeimmobilien auf Kosten der Eigentümer gehört ebenfalls zu ihren Forderungen.

Pächter leiden unter Rubelschwäche und Umsatzrückgang

Ein Großteil der Immobilieneigentümer komme den Pächtern entgegen, weiß Kruglowa zu berichten. „Die meisten Eigentümer erinnern sich noch gut an das Jahr 2008, als sie nicht bereit waren, auf die Pächter zuzugehen und diese lieber aus den Verträgen entließen. Anschließend blieben sie auf den leerstehenden Räumlichkeiten sitzen.“ Bereits jetzt stieg die Zahl der frei stehenden Büroräume der Premiumklasse in Moskau um 30 Prozent – das ist der höchste Wert in der Geschichte des Büroimmobilienmarktes.

Von der Rubelschwäche profitieren internationale Pächter. Nach Angaben von CBRE hält sich die Spannbreite der angefragten Pachtsätze auf dem Markt im Durchschnitt ungefähr auf dem Niveau vom Ende des ersten Halbjahrs 2014: 1 050 bis 1 200 US-Dollar (840 bis 960 Euro) in der Klasse A, dem Premiumsegment. In der Klasse B werden die freien Büroräume dagegen in Rubelpreisen angeboten. „Dank der gravierenden Rubelschwäche im dritten Quartal 2014 sind die Pachtsätze für diese Räume im US-Dollar-Äquivalent um ca. 17 Prozent gesunken“, sagt Julia Tuchuruchina, Analystin von CBRE. In der Klasse B würden zurzeit etwa 15 Prozent der Angebote zwischen 300 und 400 US-Dollar (240 bis 320 Euro) pro Quadratmetern pro Jahr liegen.

Die russischen Händler dagegen verspüren großen Druck. „Für einen Großteil der Geschäfte in Moskauer Einkaufszentren werden die Pachtsätze in US-Dollar ausgewiesen“, sagt Julia Tuchuruchina. Im ersten Quartal des Jahres wurden auf Verlangen der Ankermieter niedrigere Pachtsätze vereinbart, aber ebenfalls in US-Dollar. Die Forderung wurde mit dem nachlassenden Wachstum im Einzelhandel begründet. Die Rubelschwäche war damals noch nicht spürbar. „Inzwischen ist der US-Dollar gegenüber dem Rubel deutlich angestiegen und zusätzlich zeigen sich die Verbraucher beim Konsum noch zurückhaltender“, so Tuchuruchina. Vor diesem Hintergrund sei die Forderung der Pächter zu verstehen, die Pachtsätze noch weiter zu senken.

Auch Olesa Dsjuba sieht einen Zusammenhang zwischen dem Ruf nach niedrigeren Pachtsätzen und dem Rückgang des Handelsumsatzes vor dem Hintergrund eines veränderten Verbraucherverhaltens und der nachlassenden Kaufkraft. „Bei Neuverträgen und Verhandlungen über eine Anpassung von Altverträgen wird daher diskutiert, die Pachtsätze zumindest vorübergehend an die Untergrenze der Nettoumsatzrendite zu koppeln“, sagt sie und fügt hinzu, dass außerdem auch eine Festschreibung in Rubel, ein fester Wechselkurs für Pachtverträge, der Übergang zur Umsatzrendite sowie ein vorübergehender Pachtnachlass für die nächsten drei bis zwölf Monate in der Diskussion seien. Nach Angaben von Knight Frank Russia & CIS sind die meisten Pächter mehr daran interessiert, als Pacht einen bestimmten Anteil vom Warenumsatz zu zahlen, statt einen Pachtsatz in Rubeln zu vereinbaren.

Video: Der Rubel-Verfall

Quellen: Ria Novosti/de.rbth.com/TASS vom 05.12.2014

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