
Von der Industrie verharmlost – jetzt entlarvt? Neue französische Studien deuten auf systematische Gesundheitsrisiken durch gängige Lebensmittelzusatzstoffe hin. Hier und hier.
Zwei aktuelle Untersuchungen aus Frankreich sorgen für Aufsehen: Sie zeigen, dass nicht einzelne Zusatzstoffe – sogenannte E-Nummern – das eigentliche Problem sind, sondern ihre Kombination.
Was bislang in geringen Mengen als „unbedenklich“ galt, könnte in Realität ein unterschätztes Risiko darstellen – insbesondere für Diabetes, Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die Studienlage: Zwei von fünf Kombinationen riskant
Die großangelegte NutriNet-Santé-Kohortenstudie mit über 180.000 Teilnehmenden identifizierte fünf gängige Mischungen von E-Nummern. Zwei davon wiesen einen signifikanten Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Typ-2-Diabetes auf – um 8 % bzw. 13 %.
Schädlich wirkten vorwiegend zwei Kombinationen:
- Emulgatoren & Konservierungsstoffe: Dazu gehören modifizierte Stärke, Pektin, Guarkernmehl, Carrageen, Polyphosphate, Kaliumsorbat sowie der Farbstoff Curcumin. Diese Mischung findet sich häufig in industriell hergestellten Produkten wie Brühen, Soßen oder Milchdesserts.
- Säuren, Farbstoffe und künstliche Süßstoffe: Enthalten in vielen Softdrinks und Light-Getränken – etwa Acesulfam-K, Aspartam, Sucralose, Zitronensäure oder Paprikakonzentrat.
In Kombination scheinen diese Stoffe auf bisher wenig verstandene Weise miteinander zu interagieren – etwa über die Darmflora, Entzündungsprozesse oder Insulinsensitivität. (Gesundheit: Achtung! Nicht trinken – es ist in den Wasserflaschen!)
Wissenschaftliche Rückendeckung
Bereits frühere Studien hatten schädliche Auswirkungen einzelner Emulgatoren auf die Darmflora sowie Entzündungsreaktionen im Körper festgestellt.
Und 2023 stufte die Weltgesundheitsorganisation den weitverbreiteten Süßstoff Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein.
Mathilde Touvier, Leiterin des Forschungsteams, hatte schon zuvor gezeigt, dass bestimmte Zusatzstoffe das allgemeine Krebsrisiko um bis zu 15 % erhöhen können.
Die Kritik: Jahrzehntelanges Wegsehen?
Die Ergebnisse werfen unbequeme Fragen auf: Warum wurde nie systematisch erforscht, wie sich Zusatzstoffe in Kombination auswirken – obwohl sie fast ausschließlich kombiniert verzehrt werden?
Die EU-Zulassung von E-Nummern beruht bis heute oft auf isolierten Labortests einzelner Stoffe – eine Praxis, die laut Experten überholt und gefährlich sein könnte.
Was Verbraucher jetzt tun können
Die Forscher empfehlen, den Konsum hoch verarbeiteter Lebensmittel zu reduzieren und beim Einkauf auf die Zutatenliste zu achten – besonders auf folgende Zusatzstoffe:
- Aspartam, Acesulfam-K, Sucralose
- Carrageen, modifizierte Stärken, Polyphosphate
- Zitronensäure, Phosphorsäure, Farbstoffe wie Zuckerkulör oder Anthocyane
Zudem fordern sie strukturelle Änderungen in der Risikobewertung: Nicht nur einzelne Stoffe, sondern ihre kombinierte Langzeitwirkung muss in den Fokus rücken.
Schauen Sie sich die Verpackungen im Supermarkt genau an: Diese E-Nummern erhöhen das Krebsrisiko
Bestimmte Zusatzstoffe, die Lebensmitteln zugesetzt werden, um ihre Haltbarkeit und Textur zu verbessern, können das Krebsrisiko um 15 Prozent erhöhen. Das geht aus einer neuen französischen Studie hervor, berichtet die Nachrichtenseite The Connexion.
Krebs ist in Frankreich die häufigste Todesursache bei Männern und die zweithäufigste bei Frauen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Die neue Studie, die in der Fachzeitschrift PLOS Medicine veröffentlicht wurde, ist nach Angaben der Forscher die erste Beobachtungsstudie dieser Art.
Die Forschung bringt den Verzehr von Lebensmitteln, die Emulgatoren enthalten, mit einem erhöhten Risiko für Krebserkrankungen wie Brust- und Prostatakrebs in Verbindung.
Viele verarbeitete Lebensmittel enthalten Emulgatoren und andere Zusatzstoffe, darunter Süßigkeiten, Backwaren, Schokoriegel und Fertiggerichte. Konkret nennen die Forscher E471, E407 und E407a.
Sie werden zugesetzt, um Haltbarkeit, Geschmack und Textur zu verbessern.
Die Autoren der Studie analysierten die Daten von 92.000 Franzosen, die zwischen 2009 und 2021 einen Fragebogen ausgefüllt hatten.
Alle Teilnehmer mussten zu verschiedenen Zeitpunkten angeben, was sie in den vergangenen 24 Stunden gegessen und getrunken hatten. Anschließend wurden sie durchschnittlich sieben Jahre lang beobachtet. In dieser Zeit wurde bei 2.604 Teilnehmern Krebs diagnostiziert.
Wer am meisten Produkte mit Mono- und Diglyceriden von Speisefettsäuren (E471) verzehrte, hatte ein um 15 Prozent erhöhtes Krebsrisiko. Noch deutlicher war der Zusammenhang bei Brustkrebs (24 Prozent) und Prostatakrebs (46 Prozent).
Frauen, die am meisten Carrageene (E407 und E407a) zu sich nahmen, hatten ein um 32 Prozent erhöhtes Brustkrebsrisiko.
Die leitende Forscherin Dr. Mathilde Touvier sagte, es sei besser für die Gesundheit, selbst zu kochen und verarbeitete Lebensmittel zu meiden.
Im vergangenen Jahr hatte eine ähnliche Studie den Verzehr stark verarbeiteter Lebensmittel mit einem erhöhten Risiko für Fettleibigkeit, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psychische Erkrankungen wie Depressionen in Verbindung gebracht.