Protestaktion gegen Bundeswehr-Unterricht in einer Leipziger Schule – und was daraus wurde

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Im Oktober haben mehrere Schüler in Leipzig gegen einen Besuch der Jungoffiziere der Bundeswehr protestiert. Ihrem Anführer wurde ein Schulverweis angedroht. Antikriegsaktivisten haben dagegen eine Online-Petition gestartet.

Es geschah an der Humboldtschule im Stadtteil Reudnitz-Thonberg in Leipzig im Oktober: Obwohl der Protest auf dem Schulhof nur wenige Minuten dauerte, könnte er für die Beteiligte nun ernste Konsequenzen nach sich ziehen.

Vier Schüler legten sich bei der Aktion auf den Boden und stellten sich tot, während ein 16-jähriger Mitschüler mit einem Megaphon in der Hand eine Rede hielt. Als klar wurde, worum es in der Rede ging, kam eine Lehrkraft, entriss dem Schüler das Megaphon und drohte ihm mit einem Schulverweis. Die Rede des Schülers hat das Webportal wsws.org dokumentiert:

„Habt ihr Lust an die Ostfront zu ziehen? Und da für Deutschland zu sterben? Ich für meinen Teil habe da keinen Bock drauf. Ich habe keinen Bock darauf, mit 18 in irgendeinem Schützengraben zu liegen und mich zu fragen: Komme ich hier mit meinem Leben raus oder ist es nur ein Bein und meine Menschlichkeit, die ich verliere?“

Protestiert hatte die Gruppe, zwei Tage bevor auf Initiative der Schulleitung ein Projektunterricht mit Bundeswehr-Offizieren an der Schule stattfinden sollte – um den Schülern den Krieg „schmackhaft zu machen“. Die Schüler glaubten jedoch nicht, dass es wirklich um „Frieden“ und den „Schutz Deutschlands“ geht. Sie hinterfragen:

„Um wessen Interessen geht es, wenn mit deutschen Waffen in Palästina und Kurdistan gemordet wird? Über wessen Freiheit reden wir, wenn Kriegsflugzeuge den Pazifik überqueren?“

Daraufhin erschien die Lehrerin und beendete das Geschehen. Die Schulleitung bezeichnet die Protestaktion als „massive Störung des Schulfriedens“. Wie die Leipziger Volkszeitung, die einen betroffenen Schüler interviewt hat, am Mittwoch berichtete, seien diesem direkt nach dem Protest „Ordnungsmaßnahmen“ angedroht worden.

In der folgenden Schulstunde habe seine Lehrerin den Vorfall erneut thematisiert. Anschließend fand ein Gespräch mit der Schulleitung statt: Er habe den Schulfrieden gestört, lautet der Vorwurf.(Frankreichs Regierung bricht zusammen: Millionen protestieren und weisen die Agenda des WEF zurück)

Das Landesamt für Schule und Bildung stellte sich hinter die Schulleitung und behauptete, die Schüler hätten mit ihrer Protestaktion die „erfolgreiche Unterrichts- und Erziehungsarbeit“ beeinträchtigt. Daher sei der Schule der Griff zu Ordnungsmaßnahmen erlaubt.

Nun formiert sich eine Online-Petition gegen die Androhung des Schulverweises, die von der Gruppe Internationale Jugend Leipzig initiiert wurde. Es sind schon über 4.700 Unterschriften gesammelt. Darin heißt es: „Die Schule ist kein Platz, um Werbung dafür zu machen, dass Jugendliche an der Front für deutsche Profitinteressen sterben.“

Laut wsws.org opponieren die Schüler auch in anderen Bundesländern gegen das Auftreten der Bundeswehr an ihren Schulen. Mit der wachsenden Präsenz junger Bundeswehr-Offiziere in den Schulen und weiteren Bildungseinrichtungen werde die Militarisierung in Deutschland immer offensichtlicher.

„Um den Jugendlichen eine Arbeit und einen Dienst bei der Bundeswehr schmackhaft zu machen, sollen ihre Vorbehalte gegen das Militär und den Krieg untergraben werden“, kritisiert das sozialistische Portal.

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Die Bundeswehr befindet sich in der Tat auf großer Werbetour. Einberufungsplakate auf den Straßen, Bundeswehr-Dokus im Fernsehen, Jungoffiziere in Schulen und auf TikTok.

Die Bundeswehr selbst präsentiert dazu stolze Zahlen. Im vergangenen Jahr sollen 121.965 Schüler und Studenten sowie 36.184 Multiplikatoren an den Veranstaltungen mit Jungoffizieren teilgenommen haben.

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„Im Jahr 2023 wurden 158.149 Teilnehmende erreicht, was einem Zuwachs von 5,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht“, teilt das Militär mit. Es stellt eine für sich positive Tendenz fest:

„Generell war festzustellen, dass sich die zumeist positive Grundstimmung der Teilnehmenden gegenüber der Bundeswehr seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine und in 2023 mit der öffentlichen Diskussion um die Zeitenwende, die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr sowie die wahrgenommene Bedrohung Deutschlands nochmals gesteigert hat“. 

Auf großen Plakaten mit zynischen Sprüchen wie „Noch nichts vor?“, „Mach was wirklich zählt“ oder „Voller Einsatz für den Frieden“ wirbt die Bundeswehr um Rekruten. Die Kampagne läuft auf allen Kanälen, auch auf YouTube und dem unter Jugendlichen weit verbreiteten Tiktok.

Die Angst vor Krieg nahm in den letzten Jahren enorm zu. In der diesjährigen Shell-Jugendstudie gaben 81 Prozent der jugendlichen Befragten an, Angst vor einem Krieg in Europa zu haben. 2019 waren es noch 46 Prozent. Ein erwähnenswertes Ergebnis der Studie ist auch, dass die Angst vor Armut gestiegen ist – von 52 Prozent im Jahr 2019 auf 67 Prozent in diesem Jahr. Zudem gaben 63 Prozent der Befragten an, Angst vor sozialer Ungleichheit zu haben.

Sozialangriffe und Militarismus gehen Hand in Hand. Wie in dem Film „Im Westen nichts Neues“, der sich auf die Romanvorlage von Erich Maria Remarque stützt, soll die Jugend gelockt und manipuliert werden. Doch was in Wirklichkeit auf sie wartet, ist der sinnlose Tod durch die Kriegsmaschinerie.

Erich Kästner, der selbst als Jugendlicher den Ersten Weltkrieg erlebt hat, schrieb 1928 in seinem Gedicht „Jahrgang 1899“:

Dann holte man uns zum Militär,
bloß so als Kanonenfutter.
In der Schule wurden die Bänke leer,
zu Hause weinte die Mutter.

2023 fanden über 3400 Vorträge von Jugendoffizieren an Schulen und Universitäten statt, die laut Angaben der Bundesregierung fast 90.000 Schüler und Studenten erreichten. Fast 3000 von ihnen besuchten anschließend Bundeswehreinrichtungen. Im Ergebnis rekrutiert die Bundeswehr immer mehr Jugendliche, fast 2000 im Jahr 2023.

Ständig werden weitere Schritte zur Stärkung der Bundeswehr unternommen: Durch eine Vereinbarung vom 6. November zwischen dem Verteidigungsministerium und der Bundesagentur für Arbeit soll künftig den Arbeitslosen ein militärischer Beruf angeboten werden.

Am 29. November hat das Verteidigungsministerium auf seiner Website die neue Wehrpflicht angekündigt. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte die Pläne im Juni erstmals teilweise der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der Gesetzentwurf für eine Modernisierung der Wehrerfassung ist die Vorbereitung auf eine massenhafte Rekrutierung unter jungen Menschen, um die Bundeswehr personell besser auszustatten. Damit reagiere Deutschland auf „die veränderte geopolitische Lage“, so das Verteidigungsministerium.

Schon 2014 hat die damalige Große Koalition unter Angela Merkel (CDU) entschieden, die geopolitischen Interessen der deutschen Wirtschaft zunehmend mit militärischen Mitteln durchzusetzen.

Seit der sogenannten „Zeitenwende“ der Scholz-Regierung mit Ausbruch des Nato-Stellvertreterkriegs gegen Russland forciert die herrschende Klasse die Militarisierung der Gesellschaft und immer aggressivere und provokantere Waffeneinsätze, wie die jüngste Entwicklung im Ukrainekrieg und die deutsche Beteiligung am Genozid in Gaza zeigen.

Quellen: PublicDomain/de.rt.com/ am 12.12.2024

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