Jeder Zehnte leidet unter einem versteckten Eisenmangel. Das Spurenelement ist lebenswichtig und zu wenig davon geht häufig mit Leistungsverlust und nicht erklärbarer Müdigkeit einher.
Eisenmangel ist „nur“ ein Problem der Entwicklungsländer, das durch die schlechte Ernährungslage entsteht, so die landläufige Meinung. Stimmt aber nicht, er tritt auch in Ländern wie Deutschland häufig auf, obwohl hier jeder ausreichend zu essen bekommen kann und viele sogar übergewichtig sind. Doch rund 20 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter und immerhin bis zu zehn Prozent der Männer . Die meisten wissen das gar nicht und wundern sich nur über ihr Leistungstief.
Eisenbedarf: So viel Eisen brauchen Sie täglich
Eisen ist Energie. Das Spurenelement spielt eine lebenswichtige Rolle im Körper, ist an mehr als 100 Stoffwechselprozessen beteiligt. Seine Hauptaufgabe: Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des roten Blutfarbstoffs, dem Hämoglobin. Eisen bindet Sauerstoff und transportiert ihn mit dem Blutfluss zu jeder Zelle im Körper, zu Organen und Muskeln. Ohne Sauerstoff würden sie letztlich absterben.
Das meiste Eisen befindet sich also im Hämoglobin, aber auch in bestimmten Zellen, die Eisen speichern, und nicht zuletzt in geringer Menge auch in jeder einzelnen Zelle des Körpers.
„Damit diese Versorgung garantiert ist, brauchen Frauen rund 15 Milligramm Eisen, Männer zehn Milligramm pro Tag. Wenn Frauen nicht mehr ihre Menstruation haben, sinkt ihr Eisenbedarf auf die Werte wie beim Mann“, erklärt Herbert Kellner, Internist mit Schwerpunktpraxis Rheumatologie und Gastroenterologie, leitender Arzt am Krankenhaus Neuwittelsbach in München.
Ursachen für Eisenmangel
Mit der Regelblutung verliert eine Frau pro Monat bis zu 40 Milligramm Eisen. Blutverlust ist immer verbunden mit dem Verlust von Hämoglobin. Der Körper benötigt für die Nachbildung von verlorengegangenem Blut Eisen. Wird zu wenig Eisen zugeführt, entsteht Eisenmangel. Auch Schwangerschaft und Geburt erhöhen den Eisenbedarf der Frau.
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt Schwangeren deshalb täglich die Zufuhr von 30 Milligramm Eisen. Besonders Frauen haben wegen dieser Fakten ein hohes Risiko für Eisenmangel, woraus sich eine Blutarmut (Anämie) entwickeln kann.
Neben Blutverlust ist eine weitere wichtige Ursache für Eisenmangel jedoch die Ernährung. Besonders gefährdet ist, wer auf Fleisch verzichtet, sich vegetarisch oder vegan ernährt. „Rotes Muskelfleisch ist jedoch die wichtigste Quelle für Eisen und kann vom Körper besser resorbiert werden als Eisen aus Obst und Gemüse“, sagt der Professor.
Das meiste Eisen verlässt ungenutzt den Körper
Denn Fleisch liefert gut verwertbares und resorbierbares 2-wertiges Eisen, Pflanzen das deutlich schlechter resorbierbare 3-wertige Eisen. Insgesamt kann der Körper aus dem in tierischer Nahrung enthaltenem Eisen allerdings nur rund 20 Prozent verwerten.
Aus pflanzlicher Nahrung nutzt er sogar nur zehn Prozent. Mit zunehmendem Alter nimmt die Fähigkeit, Eisen aus der Nahrung zu resorbieren, noch weiter ab. Damit wird verständlich, warum Eisenmangel insbesondere bei älteren Menschen so weit verbreitet ist.
Entzündungen, Medikamente und Sport führen zu Eisenmangel
Daneben gibt es weitere Faktoren, die Eisenmangel auslösen können. Das sind:
Blutverlust durch versteckte Entzündungen, etwa in Magen und Darm, die immer wieder leicht bluten. Blutverlust bedeutet eine Abnahme von Eisen.
Die regelmäßige Einnahme von nichtsteroiden Antirheumatika, wie Diclofenac, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure (Aspirin), kann zu mehr oder weniger großen Schleimhautschäden in Magen und Darm mit latentem oder auch akuten Blutverlust im gastroenterologischen Bereich führen und damit zu Eisenmangel.
Generell besteht bei Sportlern ein erhöhtes Risiko, einen tatsächlichen Mangel des Spurenelements Eisen zu entwickeln, im Vergleich zu Nicht-Sportlern. Besonders gefährdet sind dabei Sportler mit geringem Körpergewicht sowie Ausdauersportler, die sich kohlenhydratreich ernähren und wenig Fleisch essen. Riskant ist außerdem Sport zu treiben und gleichzeitig eine kalorienreduzierte Diät durchzuführen. Eine weitere Risikogruppe bilden Extrem-Sportler wie zum Beispiel Marathon-Läufer.
Nicht zu vergessen sind Sportler unter Schmerztherapie mit nichtsteroiden Antirheumatika (NSAR) zur gleichzeitigen Entzündungshemmung und Schmerztherapie.
Zusätzlich gibt es Magen-Darm-Krankheiten, bei denen die Eisenresorption gestört sein kann, etwa:
chronisch-entzündliche Darmkrankheiten (Morbus Crohn und Colitis ulcerosa)
Magen- und Duodenalschleimhautentzündungen sowie Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür
Zöliakie (Gluten-Unverträglichkeit)
Symptome für Eisenmangel
Doch welche Anzeichen gibt es dafür, dass zu wenig Eisen im Blut und in den Eisenspeichern vorliegt? „Fehlt das Spurenelement, nimmt die Lebensqualität einfach ab, man fühlt sich schwächer als früher, ist ständig abgespannt und müde“, sagt Professor Herbert Kellner.
Mögliche weitere Symptome können sein:
eingerissene Mundwinkel (Rhagaden)
Haarausfall
brüchige Nägel
Blässe
Kälteempfindlichkeit
Ist die Blutarmut durch Eisenmangel sehr ausgeprägt, kann es schließlich bereits unter geringer Anstrengung zu Ohnmacht kommen.
Soweit sollte es jedoch keiner kommen lassen. Gehen Sie bei Verdacht auf Eisenmangel zum Arzt gehen und lassen Sie mit einem Bluttest Ihre Eisenwerte überprüfen.
Eisenmangel diagnostizieren: drei Werte sind wichtig
Zwar gibt es im Internet und in Drogerien verschiedene Tests, die einen Eisenmangel aufdecken sollen. „Wer sicher gehen möchte und es genau wissen will, sollte jedoch den ausführlichen Bluttest beim Arzt durchführen lassen“, rät der Experte.
Mit einer Blutabnahme werden dabei drei Parameter überprüft, die Eisenmangel und seine Ausprägung detailliert nachweisen können. Die drei wichtigsten Untersuchungen bei Verdacht auf Eisenmangel:
Blutbild, insbesondere Hb- oder Hämoglobin-Wert: Er zeigt die Konzentration von Hämoglobin im Blut an. Die Normalwerte bei Frauen betragen etwa 12-16g/dl, bei Männern 13,5 -17,5 g/dl. Ist der Hb-Wert niedriger, liegt eine Anämie vor. Dieser Parameter sagt jedoch nichts darüber aus, ob die Eisenspeicher gefüllt oder leer sind.
Ferritin-Wert: Ist er zu niedrig, sind die Eisenspeicher nicht gefüllt, es liegt also eindeutig ein Eisenmangel vor. Eisen in Form von Ferritin wird in Leber, Milz, Darmschleimhaut und Knochenmark gespeichert.
Transferrin – dabei handelt es sich um das Eisentransport-Protein. Die Transferrin-Sättigung (TSAT) zeigt, wie gut die Zellen mit Eisen versorgt werden. Bei Eisenmangel liegt die Sättigung unter 16 Prozent.
Je nachdem, wie stark der Eisenmangel ist, wird der Arzt eine Therapie empfehlen. Er kann auch klären, ob etwa eine Magen-Darm-Erkrankung vorliegt.
Eisenmangel behandeln – manchmal reicht Ernährungsumstellung
Bei einem leichten Eisenmangel ist es sinnvoll, erst mal auf eisenreiche Lebensmittel zu setzen. „Einfach pro Woche zweimal irgendein Fleisch zu essen, reicht jedoch nicht, es muss rotes sein. Weißes Fleisch, also Geflügel, liefert so gut wie kein Eisen“, erklärt Herbert Kellner.
Ebenso viel enthalten die meisten Meeresfrüchte wie Thunfisch, Sardinen, Schalentiere, Venusmuscheln, Austern und Miesmuscheln.
Besonders eisenhaltig sind
Leber (22 Milligramm Eisen pro 100 Gramm)
Blutwurst (7 mg/100 gr)
In Hinblick auf Purin, Harnsäure und Gichtrisiko sollten sie jedoch nicht zu häufig auf dem Speiseplan stehen. Besser: Mageres Rindfleisch, zweimal pro Woche, wie die DGE empfiehlt.
Es gibt auch einige Gemüse- und Obstsorten, die genauso viel Eisen liefern, oft mehr als 6 mg/100 Gramm, also durchaus vergleichbar mit einem Rindersteak. Die besten vegetarischen Eisenlieferanten:
Hülsenfrüchte wie Linsen, Erbsen, Bohnen rund 6 mg/100 gr
Hirse 9mg/100gr
Haferflocken 5 mg/100 gr
Nüsse und Samen, etwa Kürbiskerne oder Pinienkerne 4 bis 10 mg/100 gr
Wichtig für Vegetarier: Wie der Körper Eisen besser verwertet
Die Resorption von Eisen aus pflanzlichen Quellen ist jedoch schlecht, das meiste verlässt ungenutzt den Körper und gelangt gar nicht erst in den Blutkreislauf und schon gar nicht in die Eisenspeicher. „Mit Vitamin C lässt sich das verbessern. Vegetarier und Veganer sollten also zusätzlich auf vitamin-C-reiche Kost setzen“, empfiehlt der Experte. Das Zitrus-Vitamin verwandelt nämlich schlecht resorbierbares 3-wertiges Eisen in gut aufnehmbares 2-wertiges.
Ähnlich fördern säurehaltige Lebensmittel die Verwertung von Eisen. Würzen Sie deshalb viel mit frischem Zitronensaft und Essig, trinken Sie saure Saftschorlen oder ein Glas trockenen Wein zum Essen, damit der Körper mehr vom Eisen hat.
Was die Verwertung von Eisen hemmt
Neben Faktoren, die die , gibt es auch solche, die das Spurenelement im Körper ausbremsen und dadurch zu Eisenmangel führen können. Das sind etwa:
viel Kalzium und Magnesium
Oxalsäure (in Spinat, Rhabarber)
Koffein
Medikamente wie Antacida und Protonenpumpenhemmer (Mittel gegen Sodbrennen), Abführmittel und Bisphosphonate (gegen Osteoporose)
Eisenmangel behandeln mit Medikamenten
Für Risikogruppen wie Vegetarier, Sportler und Frauen mit starker Menstruation können zusätzlich Eisenpräparate zum Einnehmen sinnvoll sein (orale Therapie).
Es gibt die Produkte als Tabletten, Kapseln und Sirup. Bei der Dosierung sollten Sie sich mit Ihrem Arzt absprechen, meist beginnt man mit einer Tagesdosis von 50 Milligramm Eisen. Überdosierungen bei Eisen sind kaum möglich, weil der Darm nur eine gewisse Menge täglich aufnehmen kann, alles andere verlässt den Körper ungenutzt.
Eisenpräparate morgens einnehmen
Am besten wirken Eisenmedikamente (Anzeige), wenn Sie morgens auf nüchternen Magen eingenommen werden, etwa mit einem Glas Orangensaft. Warten Sie danach gut eine Stunde mit dem Frühstück. Zwischen der Einnahme von Eisen und Nahrungsmitteln sollten Sie übrigens immer diesen Abstand einhalten, sonst kann der Körper das Spurenelement nicht richtig verwerten.
Wenn Sie morgens andere Medikamente einnehmen müssen, etwa Schilddrüsenhormone oder Antibiotika, sollten Sie das Eisenpräparat erst nach dem Frühstück zu sich nehmen, und zwar mindestens zwei Stunden später.
Eisen begünstigt Verstopfung – was Sie dagegen tun können
Bei Eisenpräparaten kann als Nebenwirkung Verstopfung auftreten. Mit ballaststoffreicher Ernährung und beispielsweise Flohsamen lässt sich das in den Griff bekommen.
Beachten Sie dabei aber, dass Flohsamen in einem großen zeitlichen Abstand zum Eisen eingenommen werden sollten – etwa einen halben Tag. Also beispielsweise morgens die Eisenkapseln schlucken, nachmittags ein Joghurt mit Flohsamen essen und viel Wasser dazu trinken.
Eisenmangel vorbeugen – drei Tipps
In den meisten Fällen ist Eisenmangel jedoch nicht krankheitsbedingt. Dann können Sie mit einfachen Maßnahmen verhindern, dass Sie überhaupt ins Leistungstief durch Eisenmangel geraten. Die besten Vorbeugemaßnahmen:
Essen Sie zweimal pro Woche rotes Fleisch, einmal pro Monat etwas Leber. Für Vegetarier und Veganer: täglich eine Handvoll Nüsse, Samen oder Hülsenfrüchte. Trinken Sie dazu Zitrussaft, um aus 3-wertigem Eisen 2-wertiges zu erhalten.
Verzichten Sie vor und nach dem Essen für eine Stunde auf die Eisenresorptionshemmer Kaffee, Schwarztee und Milchprodukte.
Falls Sie viel Sport treiben, als Frau eine starke Menstruation haben oder häufig Medikamente einnehmen, die die Eisenverwertung hemmen können (Magen-, Osteoporose- oder Abführmittel): Lassen Sie Ihre Eisenwerte vom Arzt überprüfen. Er kann den Eisenmangel früh erkennen und durch Medikamente ausgleichen, bevor alle Eisenspeicher geleert sind.
Fazit
Wenn Sie sich ständig abgeschlagen fühlen und müde sind, obwohl Sie ausreichend Schlaf bekommen, sollten Sie beim Arzt Ihre Eisenwerte im Blut überprüfen lassen.
Vor allem Frauen mit starker Menstruation und Schwangere sollten mit ihrem Arzt über eine Eisensubstitution sprechen. Und jeder, der Sport treibt und sich dabei einseitig ernährt oder sowieso sehr schlank ist, sowie Ausdauersportler gehen sicher, wenn sie ebenfalls überprüfen lassen, ob ihre Eisenspeicher gut gefüllt sind. Gleiches gilt für Vegetarier und Veganer.
Leichten Eisenmangel können Sie mit der richtigen Ernährung ausgleichen, indem Sie etwa mehr Fleisch essen oder eisenhaltige Pflanzenkost, wobei Sie das Spurenelement mit Vitamin C aufwerten können.
Ausgeprägter Eisenmangel lässt sich mit entsprechenden Medikamenten ausgleichen, die der Arzt empfiehlt. Noch wirksamer als diese orale Therapie ist Eisen als Injektion, was bei krankheitsbedingtem Eisenmangel die optimale Behandlung darstellt.
Quellen: PublicDomain/Focus am 06.10.2024
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