Bitcoin war nach dem Zusammenbruch von FTX im November 2022 einmal mehr für tot erklärt worden. Die Mutter aller Kryptowährungen erwies sich jedoch erneut als zähe Kreation, die einfach nicht in der Bedeutungslosigkeit verschwinden wollte.
Ausschlaggebend für den Erfolg der Digitalwährung ist nicht nur die Zinspolitik der Fed, sondern auch die Hoffnung vieler Anhänger, dass Bitcoin das bessere und gesündere Geld darstellt. Sie sind eine unsichtbare Stütze für den Markt, weil sie ihre BTC in fester Treue selbst verwahren und nicht daran denken zu verkaufen.
Doch Abseits der Hoffnungen innerhalb der Bitcoin-Community, die in vieler Hinsicht auch nur eine Echokammer darstellt, bewegten sich Schwergewichte wie BlackRock und Fidelity auf das Thema zu.
Sie fädelten die Bitcoin-ETFs ein, die zu Jahresbeginn in den USA zugelassen wurden und Rekordzuflüsse verzeichneten. Dabei sollte nicht unerwähnt bleiben, dass besonders BlackRock gleich zwei Interessen damit verfolgt.
Zum einen verdient man gutes Geld, indem man auf Dauer betrachtet Management-Gebühren für den ETF kassiert. Zum anderen ist BlackRock aber auch an den größten börsennotierten Bitcoin-Mining-Unternehmen beteiligt.
Wenn sie ihre BTC an Anleger zu Höchstpreisen abtreten können, dann klingelt die Kasse ein zweites Mal. Im Endeffekt besorgt man also Angebot und Nachfrage, indem man am Mining beteiligt ist und mit dem ETF die breite Masse erreicht.
Deswegen erholte sich der Markt im Jahr 2023, weil institutionelle Investoren auf diese Entwicklung spekulierten und mit dem Startschuss für die Bitcoin-ETFs im Januar 2024, eilte der Bitcoin-Kurs im März zu einem neuen Allzeithoch von 73.800 US-Dollar.
Wenn man bedenkt, dass das vorherige Allzeithoch bei 69.048 US-Dollar lag, dann hat sich noch keine Steigerung eingestellt, die mit vergangenen bullischen Marktphasen vergleichbar wäre. Doch genau das könnte zum Jahresende der Fall sein.
Die Fed wird die Zinsen senken
Ein Faktor, der alle Märkte versklavt, ist die Politik der US-Notenbank. Sie musste zuletzt die Zinsen erhöhen, um der Inflation entgegenzuwirken. Zwar ist man noch weit von dem 2-Prozent-Ziel entfernt, aber viele Experten rechnen damit, dass es zum Jahresende wenigstens zu einer Zinssenkung kommen wird. Weil die USA hoch verschuldet sind, benötigt man niedrige Zinsen, weil auch der Staatshaushalt davon betroffen ist. Einige Analysten spekulieren sogar darauf, dass die Fed durch diese Belastung gezwungen werden wird, den Zins in Richtung 0-Prozent-Marke zu drücken.
Diese These übt zwar eine gewisse Attraktivität aus, ist aber hochspekulativ. Wahrscheinlicher ist es, dass ein bis zwei Senkungen kommen werden. Und das ist genau der Faktor, der Investments wie Aktien oder auch Kryptowährungen attraktiver macht. Sind die Zinsen nämlich niedrig, dann lohnt es sich, ein Risiko einzugehen.
Hier schließt sich wieder der Kreis bezüglich der ETFs. Bitcoin ist eine Technologie, die allen Eingeweihten selbstverständlich und einfach vorkommt. Für institutionelle Anleger sind eigene Wallets aber undenkbar. Sie müssen beim Investieren viele Regeln beachten, obgleich sie über die Mittel und das Know-How verfügen, um Bitcoin selbst zu verwahren.
Unternehmen wie MicroStrategy, die BTC auf dem eigenen Balance-Sheet stehen haben, werden daher eine Seltenheit bleiben. Damit wird aber auch deutlich, dass die ETFs zum Einfallstor für das ganz große Geld werden. Die Investmentfirmen, Rück- und Rentenversicherer sowie die Milliardäre dieser Welt schauen jedoch nicht exklusiv auf Bitcoin, sondern auf das Gesamtbild an den Märkten.
Bitcoin muss also nicht alleine der Erfolg beschieden sein, sondern es müssen sich die allgemeinen Marktbedingungen positiv verändern. Dann sitzt bei diesen Unternehmen auch automatisch wieder das Geld locker und damit steigt auch die Bereitschaft in einen Bitcoin-ETF zu investieren.
Dafür spricht übrigens auch die hohe Korrelation, die zwischen Bitcoin, Tech-Stocks und dem S&P 500 herrscht. Geht es dem Aktienmarkt gut, dann ist auch die Performance von BTC überzeugend.
Es ist zwar nicht unmöglich, dass sich dieses Zusammenspiel ändert, aber unwahrscheinlich. Schließlich strömt das meiste Kapital in die Bitcoin-ETFs, und hier ist die Wall Street der Schrittmacher. Aus diesem Grund folgen die Nettozu- und Abflüsse einem anderen Muster, als es waschechte Bitcoiner tun.
Es ist ganz einfache Mathematik
Bitcoin ist einiger Hinsicht ein illiquides Asset. Zwar lässt es sich Bitcoin jederzeit verkaufen, aber man kann BTC nicht beliebig er- oder beschaffen. Die Miner produzieren seit dem letzten Bitcoin Halving im April weniger „frische“ BTC. Das Angebot ist also ultimativ knapp und liegt bei höchstens 21 Millionen Bitcoin, wenn man es ganz genau nimmt, dann sind es sogar nur 20.999.999,99 BTC.
Die Zahlen schwanken, aber zwischen 2 und 3 Millionen BTC gelten als für immer verloren. Dabei handelt es sich um die typischen Fälle, in denen der Verlust der notwendigen Daten ein Vermögen gekostet hat. Zudem hat der unbekannte und verschollene Bitcoin-Erfinder Satoshi Nakamoto rund 1 Millionen BTC selber geschürft, um das Netzwerk in seinen ersten Stunden überhaupt in Gang zu bekommen.
Damit sind, auch hier schwanken die Daten ein wenig, rund 15 Millionen Bitcoin überhaupt für den Markt liquide. Weil es aktuell einen Supply von 19.714.699 BTC gibt, wird schnell erkennbar, wie knapp Bitcoin wirklich ist. Denn mit liquide ist in diesem Fall nicht gemeint, dass sich die Besitzer davon trennen wollen, sondern nur, dass sie sich trennen könnten. Dem Markt steht also nur eine sehr begrenzte Menge an Coins zur Verfügung.
Die Bitcoin-Blockchain ist transparent und kann ausgewertet werden. Die Daten zeigen ganz klar: die meisten Anleger wollen nicht verkaufen und das schon seit Jahren. Sie sitzen auf dem Löwenanteil des gesamten Bestands. Es sind also die sogenannten „Hodler“, die eine tragende Säule für den Erfolg von Bitcoin gebaut haben.
Natürlich kann sich dieses Bild jederzeit ändern und die Anleger trennen sich wieder von ihrem digitalen Schatz. Dass wäre aber ebenfalls schnell und für jedermann anhand der Transaktionsauswertung erkennbar.
Mehrere Unternehmen haben sich der Blockchain-Analyse verschrieben und bieten die Basisdaten sogar gratis an. Das einzige Element, was also fehlt, ist eine rapide ansteigende Nachfrage, um den Stein ins Rollen zu bringen. Statistisch gesehen zieht Bitcoin immer zum Ende des Jahres an, in dem ein Halving stattfand.
Wir befinden uns genau in einem solchen Jahr und auch wenn es keine Garantie dafür gibt, dass sich die Geschichte wiederholt, so darf man darauf spekulieren.
Warum hängt Bitcoin dann aktuell in den Seilen?
Es ist typisch für die Mainstream-Medien jede kleine Korrektur zu einem massiven Kurseinbruch zu stilisieren. Schlagzeilen, die von einer sensationellen Entwicklung am Markt künden, verkaufen sich leichter und besser.
Die Fakten sehen hingegen anders aus. Bitcoin ist auf das laufende Jahr betrachtet nicht gefallen, sondern gönnt sich eine Pause. Das ist auch durch massive Abflüsse aus den ETFs bedingt, wobei dies nicht der einzige Grund ist.
Wir haben Sommer und traditionell befindet sich der Markt in einer Phase, in der er korrigiert. Man darf sich also auf ein schwaches drittes Quartal 2024 einstellen, wobei der September statistisch gesehen am schwächsten ist. Dafür ist der Oktober in der Regel ein deutlich stärkerer Monat und sofern sich die Geschichte wiederholt – wofür es ausdrücklich keine Garantie gibt – wird das Jahresende bullish für Bitcoin sein.
Jenseits der Statistik über Marktperformanz auf Monatsbasis gibt es für die aktuelle Schwäche auch ganz konkrete Gründe. Wir beobachten die Nachwehen des Bitcoin-Halvings.
Dabei halbiert sich wie bereits gesagt die Rate, mit der neue BTC in Umlauf gebracht werden. Dieser Umstand strapaziert das Geschäftsmodell der Miner nachhaltig und obwohl der Bitcoin-Kurs seit dem Start der ETFs gestiegen ist, verdienen sie seit Ende April deutlich weniger, nämlich die Hälfte. Ob Unternehmer oder Arbeitnehmer, wer einen Haarschnitt von 50 Prozent verpasst bekommt, der hat über Nacht ein gewaltiges Problem. Denn wenn sich der Kurs nicht verdoppelt, dann muss Kapital aufgetrieben werden.
Große börsennotierte Unternehmen haben es damit deutlich leichter, aber die meisten Mining-Unternehmen fallen nicht in diese Kategorie. Das zwingt sie also dazu alles zu Geld machen, was sie einnehmen und sorgt am Spotmarkt für zusätzlichen Verkaufsdruck. Während die ETF-Flows für jedermann gut zu beobachten sind, geschehen diese Verkäufe vergleichsweise still, denn sie sind in den Medien weniger präsent.
Was haben Staatsanwaltschaft und Mt.Gox gemeinsam?
Weniger relevant sind Schlagzeilen über den Verkauf von 50.000 BTC durch die Bundesregierung. Denn diese hat gar nicht die Kontrolle darüber, sondern das zuständige Gericht und die Staatsanwaltschaft in Dresden.
Weil die Bitcoins aus einer Beschlagnahmung im Zusammenhang mit einer Straftat stammen, darf sich das Bundesland Sachsen also über eine kräftige Finanzspritze freuen. Wenn es zu einer Veräußerung kommt, dann fließen die Mittel in die Landeskasse. Aktuell handelt es sich dabei umgerechnet um Bitcoin im Gegenwert von 2,8 Milliarden Euro, aber wann und wie es zu Verkäufen kommt, liegt noch vollkommen im Dunkeln.
Auf mehrere Presseanfragen reagiere die Staatsanwaltschaft nämlich sehr zurückhaltend. Auf der Blockchain lässt sich beobachten, dass die beschlagnahmten BTC in kleinen Tranchen an die Börsen Kraken und Coinbase geflossen sind. Der Löwenanteil von über 46.000 BTC bleibt aber auf dem Wallet welches gemeinhin dem BKA zugeschrieben wird.
Auch der Treuhänder, der die Konkursmasse der Krypto-Börse Mt.Gox verwaltet sitzt auf einem riesigen Stapel Bitcoin. Über 140.000 BTC sollen ab Juli an die Gläubiger verteilt werden, die seit 2014 auf die vollständige Rückzahlung ihrer Einlagen warten.
Hinzugesellen sich über 140.000 Bitcoin Cash (BCH) und 69 Milliarden Yen. Mit der Rückzahlung der Kryptowährungen soll ab Juli begonnen werden, also nächste Woche.
Das hat am Markt kurzfristig Panik ausgelöst, weil beide Meldungen so stilisiert worden sind, dass viele Anleger den Eindruck bekamen, dass 190.000 BTC gleichzeitig auf den Markt niederprasseln.
Allerdings ist der Verteilungsplan für die Investoren sehr komplex und es wird im Juli erst damit begonnen. Das geplante Ende für die Auszahlungen ist der 31. Oktober 2024 und auch dieses Datum ist mit Vorsicht zu genießen. Ursprünglich wollte man nämlich zum 31. Oktober 2023 fertig sein, weil das Verfahren aber kompliziert ist, bat der Treuhänder im September 2023 bei Gericht um eine Fristverlängerung.
Es würde also niemanden überraschen, wenn der aktuelle Zeitplan wieder nicht eingehalten werden kann, denn mit der Rückzahlung in Yen wurde bereits im Dezember 2023 begonnen.
Keine Katastrophe aber ein schwacher Sommer
Somit fügen sich die einzelnen Teile wie ein Puzzle zusammen. Die Prognose auf Basis der Statistik schlägt schwache Sommermonate vor und der schleichende Verkaufsdruck durch Miner, Mt.Gox und vielleicht auch durch die Staatsanwaltschaft Dresden liefern weitere Indizien, dass dieses Szenario eintreten wird.
Investierte Anleger sollten sich also auf dem Weg zum nächsten Allzeithoch auf eine Achterbahnfahrt einstellen, die vielen langfristig investierten Anlegern jedoch nicht fremd sein dürfte. Wer sie nicht durchhält, kann vermutlich mit Gewinn aussteigen, wenn er nicht zu Spitzenpreisen oberhalb von 60.000 USD eingekauft hat.
Aus Sicht der technischen Analyse wird es zum Ende der Woche hin interessant zu beobachten sein, ob das Bullmarket-Support-Band erhalten bleibt. Dabei handelt es sich um den EMA 21 als isolierten Indikator, der im wöchentlichen Chart betrachtet wird.
Schließt Bitcoin unterhalb der Linie ab, dann folgte bislang ein Trendwechsel und das Gleiche gilt, wenn die Kerze oberhalb davon abschließt. Zum Zeitpunkt der Erstellung des vorliegenden Artikels ist das Band verletzt, was von einem Trendwechsel kündet, ihn aber nicht bestätigt.
Quellen: PublicDomain/bitcoin-kurier.de am 28.06.2024