Polizeigewerkschafter: Silvester-Nacht legte Gewaltproblem in Deutschland schonungslos offen

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Viele Politiker ziehen eine „positive“ Bilanz der Silvesternacht. Nicht so der Polizeigewerkschafter Rainer Wendt. Er sieht „kein einziges Problem gelöst“, das 2022/23 zu massiven Gewaltausbrüchen führte – und warnt vor einem Leben im „permanenten Ausnahmezustand“.

Nach den schweren Krawallen in der Silvesternacht 2022/23 mit brutalen Angriffen auf Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten schaute Deutschland voller Sorge auf den Wechsel ins Jahr 2024.

Bereits im Vorfeld kündigte die Polizei in vielen Großstädten an, rigoros gegen Gewalttäter vorzugehen und Randale im Keim zu ersticken. Bundesweit waren Zehntausende Sicherheitskräfte im Einsatz.

Tatsächlich blieben Ausschreitungen wie im vergangenen Jahr weitgehend aus. Vielerorts erklärten Verantwortliche von Polizei und Feuerwehr, der Jahreswechsel sei „glimpflicher verlaufen“ als befürchtet.

Bundesweit wurden rund 100 Polizisten verletzt, deutlich weniger als beim letzten Mal. Etliche Politiker zogen deshalb eine „positive Bilanz“ der Silvesternacht.

Wendt: „Alle Probleme aus Silvesternacht 2022/23 noch da“

Deutlich kritischer äußert sich Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). Im Gespräch mit FOCUS online betont er: „Das Einsatzkonzept des frühen Einschreitens zur Verhinderung von Straßenschlachten und der starken Präsenz vor Ort ist aufgegangen, Feuerwehrleute blieben unverletzt, der Sachschaden hält sich in Grenzen.“ (Migrantengewalt und gescheiterte Abschiebungen)

Dieser hart erkämpfte Erfolg dürfe jedoch nicht über unangenehme Tatsachen hinwegtäuschen, so Wendt:

„Alle Probleme aus der Silvesternacht 2022/23 sind noch da, kein einziges wurde gelöst. Als Berliner Oppositionsführer wollte Kai Wegner noch die Namen der Täter wissen, jetzt erwähnt er nicht einmal mehr, was jeder sehen kann: Erwachsene, hochkriminelle junge Männer, davon sehr viele mit Migrationshintergrund, nutzen die Silvesternacht, um den Staat herauszufordern und offen seine Beschäftigten anzugreifen.“

Tatsächlich stammten etliche der seinerzeit in Berlin gefassten Täter, die Beamte angegriffen, Brandstiftung und Landfriedensbruch begangen sowie gegen das Sprengstoffgesetz verstoßen hatten, aus Syrien, Afghanistan, dem Irak, der Türkei, dem Libanon oder afrikanischen Ländern.

Der Islam-Experte Ahmad Mansour attestierte den Tätern damals „pure Lust an Gewalt“ und verwies auf „patriarchalische Strukturen, die dazu führen, dass diese Menschen unseren Rechtsstaat, unsere Polizei, unsere Rettungskräfte als etwas Schwaches wahrnehmen, das man attackieren darf“.

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„Ihr könnt Euch aufführen, wie Ihr wollt, Euch passiert nichts!“

Gewerkschafter Wendt kritisiert, dass der Staat im Umgang mit Böller-Brutalos viel zu sanft agiere. „Niemand wurde nach den Exzessen im letzten Jahr ernsthaft bestraft, keiner abgeschoben. Die damit ausgesendete Botschaft: Ihr könnt Euch aufführen, wie Ihr wollt, Euch passiert nichts!“

Besonders in Berlin „toben sich tagtäglich diejenigen aus, die sicher sein können, auf eine milde Justiz und großes Verständnis der Politik zu treffen“.

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Rainer Wendt wirft den politischen Akteuren vor, die Probleme nicht entschlossen genug anzupacken. Statt konsequent gegen Täter vorzugehen, setze der Berliner Senat in erster Linie auf mehr Sozialarbeit.

„Als ob da ein paar verwirrte 10-Jährige ihre Böller falsch angezündet haben, will man ernsthaft mit Sozialarbeitern gegen Chaoten antreten, die Molotowcocktails basteln, um sie auf Polizisten zu schleudern“, kritisiert Wendt.

  

Polizeigewerkschafter: „Jetzt der neue Standard?“

Zugleich erinnert der Polizeigewerkschafter daran, dass es auch in dieser Silvesternacht zu erschreckenden Vorfällen kam, die in der öffentlichen Debatte leicht untergingen:

„Etwa, dass allein in Berlin 54 Polizeikräfte verletzt wurden und damit sieben mehr als im Vorjahr. Oder dass eine Polizistin auf offener Straße vor einer stadtbekannten Clanvilla zusammengeschlagen wurde. Oder dass Polizisten 17 Stunden und länger im Einsatz waren und zum Dank noch verschimmelte Brötchen serviert bekamen.“

Die Einsatzkräfte hätten „einen hervorragenden Job gemacht“, betont Wendt. „Sie haben verhindert, dass ganze Stadtteile in Schutt und Asche gelegt wurden.“

Zugleich fragt der Experte: „Aber soll das jetzt der neue Standard werden? Wollen wir im permanenten Ausnahmezustand leben, der nahezu täglich den Einsatz Tausender zusätzlicher Einsatzkräfte erfordert?“

Wendt zu FOCUS online: „Schon jetzt ist absehbar, wann wieder Großalarm ist: Terrordrohung zu Ostern, 1. Mai-Einsatz, Eröffnung der Freibadsaison. Und dann ist schon bald wieder Tag der Deutschen Einheit und danach die Weihnachtsmärkte, die es zu sichern gilt.

Und an jedem Tag unzählige Objekte und Personen, die vor dem ausufernden Antisemitismus zu schützen sind.“ All das müssten die Beamten neben der „normalen Polizeiarbeit“ erledigen.

Positive Schlagzeilen über Berliner Polizei bald Geschichte

Dass die Berliner Polizei nach ihrem Einsatz in der Silvesternacht öffentlich gelobt wird, freut Wendt. Allerdings dürfte es „mit der positiven Sicht auf die Polizei in der Hauptstadt schon bald wieder vorbei sein“, glaubt er.

„Dann werden ihre Beschäftigten wieder unter Generalverdacht von Rassismus und Polizeigewalt stehen, dürfen Studien über sich ergehen lassen und werden von ‚Polizeiwissenschaftlern‘ beurteilt, die noch niemand im Einsatz gesehen hat.“

Mit seiner Einschätzung zu den Ursachen der Gewaltausbrüche unter anderem an Silvester steht Polizeigewerkschafter Wendt nicht alleine da. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) etwa erklärte:

„Es laufen immer noch zu viele Leute rum, die nicht gelernt haben, wie man miteinander umgeht. Die Ursachen müssen wir als Gesellschaft erkennen und auch entschieden bekämpfen.“

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) räumte angesichts der neuerlichen Silvester-Gewalttaten ein, dass „wir ein gesellschaftliches Problem haben“.

Angriffe auf Polizisten seien ein „Angriff auf unseren Staat“.

In den vergangenen Jahren habe man an dieser Stelle zu sehr weggesehen.

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Quellen: PublicDomain/focus.de am 04.01.2023

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