Der Vril-Mythos: Die Urkraft von Atlantis

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Hütete eine Berliner Geheimgesellschaft das Wissen um eine mystische Urkraft, mit der sie den Aufstieg Hitlers beförderte? Lesen Sie in der Juli-Ausgabe von COMPACT mit dem Titelthema „Verbotene Geschichte – Vom Alten Ägypten bis zum Dritten Reich“ was Sie nicht wissen sollen. Hier mehr erfahren.

Ein junger Amerikaner steigt mit einem befreundeten Bergbauingenieur eine tiefe Höhle hinab. Sie suchen nach Bodenschätzen. Auf einmal stoßen sie auf einen langen, nicht natürlich entstandenen Schacht, der von einer mysteriösen Lichtquelle erleuchtet wird.

Von Neugier gepackt, folgen sie dem hellen Strahl, dringen immer tiefer in das Gestein ein, doch der Ingenieur stürzt ab und findet den Tod. Seinem Gefährten gelingt es, unbeschadet den Boden zu erreichen. Was er dort entdeckt, lässt ihn vor Staunen erstarren.

Dort im Verborgenen lebt das Volk der Vrilya. Einst siedelten sie an der Oberfläche, doch nach einer großen Flut suchten sie Zuflucht im Inneren der Erde. Ihre monumentalen Bauten zeugen von ihrer technischen Überlegenheit, ihre Erscheinung ist engelsgleich, sie sind groß, schlank und ihr Antlitz ist das einer Sphinx.

Das Erstaunlichste jedoch: Sie verfügen über eine mysteriöse Vitalenergie namens Vril, die es ihnen ermöglicht, per Telepathie zu kommunizieren und durch ihre Geisteskraft die Materie zu verändern, ja sogar Tote wieder zum Leben zu erwecken. Ihre Gesellschaft befindet sich in perfekter Harmonie, ihre Rasse veredeln sie mittels Eugenik.

Von dem Besucher erfahren sie von den Menschen, die auf der Erde leben. Die Vrilya wollen den jungen Mann nicht wieder gehen lassen, befragen ihn eingehend nach den Verhältnissen dort oben. Irgendwann gelingt dem Amerikaner doch die Flucht aus dem unterirdischen Reich.

Ans Tageslicht zurückgekehrt, warnt er die Bevölkerung: Sollte das verborgene Volk jemals wieder an die Oberfläche zurückkehren, droht der Menschheit große Gefahr, womöglich sogar die Auslöschung. (Unentdeckte (versteckte) Teile der Erde: Terra Vista, Atlantis, Hyperborea und Lemuria)

 

Kosmische Kraft

Der englische Schriftsteller und konservative Politiker Edward Bulwer-Lytton (1803–1873) veröffentlichte diese fantastische Geschichte 1871 unter dem Titel The Coming Race, die drei Jahre später unter dem Titel Das Geschlecht der Zukunft erstmals in deutscher Übersetzung erschien.

Allerdings blieb der Verfasser anonym. Als Grand Patron der britischen Rosenkreuzer-Gesellschaft stand Bulwer-Lytton ohnehin schon im Verdacht, ein Okkultist zu sein. Der Gerüchteküche wollte er keine weitere Nahrung liefern.

Erst nach dem Tod des langjährigen Unterhausabgeordneten wurde bekannt, dass er der Verfasser ist. Der Roman sollte sein bekanntester nach Die letzten Tage von Pompeji  (1834) werden – und sein folgenreichster.

Die esoterische Szene des Fin de Siècle ging davon aus, dass der Rosenkreuzer der Welt durch sein letztes Werk verborgenes Wissen offenbaren wollte. So übernahm unter anderem die Theosophin Helena Blavatsky in ihrem Erstlingswerk Isis Unveiled (Isis entschleiert, 1877) den Begriff «Vril», um geistig wirkende Kräfte zu beschreiben.

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In ihrem Hauptwerk Die Geheimlehre  (1888) schrieb die Russin, dass die Bewohner von Atlantis jene Universalkraft einst eingesetzt hätten, um monumentale Bauwerke zu errichten. Auf den Anthroposophen Rudolf Steiner machte The Coming Race so großen Eindruck, dass er eine Neuübersetzung unter dem Titel Vril oder Eine Menschheit der Zukunft  anfertigen ließ. 1923 erklärte er den Roman zur Pflichtlektüre für die zehnte Klasse an Waldorfschulen. Sehr bald verbreitete sich auch die Ansicht, dass Luftschiffe mit Vril angetrieben werden könnten.

Diese Theorie vertrat auch ein gewisser Johannes Täufer – offenbar ein Pseudonym – in der Schrift Vril – Die kosmische Urkraft, die 1930 in einem astrologischen Verlag veröffentlicht wurde.

 

Verantwortlich dafür – wie auch für die im selben Jahr erschienene Studie Weltdynamismus – zeichnete ein okkulter Zirkel namens Reichsarbeitsgemeinschaft Das kommende Deutschland (RAG). Die Gruppe behauptete, sie verfüge über die Technik, um die mystische Vril-Kraft zum Betrieb einer Art Perpetuum mobile nutzen zu können.

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Handelte es sich bei dieser ominösen RAG um jene «Wahrheitsgesellschaft», von der der in die USA emigrierte deutsche Raketenpionier Willy Ley 1947 in einem Artikel für das Magazin Astounding Science Fiction  sprach?

In dem Beitrag mit dem Titel «Pseudoscience in Naziland» (Pseudowissenschaft im Naziland) versuchte er zu erklären, warum der Nationalsozialismus in Deutschland auf fruchtbaren Boden fallen konnte, und führt dies auf die seinerzeit weit verbreiteten irrationalen und esoterischen Strömungen zurück. In diesem Zusammenhang berichtete er auch von einer seiner Ansicht nach besonders eigenartigen Gruppierung.

Ley schrieb:

«Die nächste Gruppe beruhte buchstäblich auf einem Roman. Diese Gruppe, die sich, wie ich glaube, Wahrheitsgesellschaft nannte und mehr oder weniger in Berlin ansässig war, widmete ihre Freizeit der Suche nach Vril. Ja, ihre Überzeugungen fußten auf Bulwer-Lyttons The Coming Race. Sie wussten, dass das Buch eine Erfindung war, meinten aber, Bulwer-Lytton habe diesen Kunstgriff benutzt, um die Wahrheit über diese ”Kraft” erzählen zu können.

Die unterirdische Menschheit war Unsinn, Vril nicht. Möglicherweise hatte es die Briten, die es als Staatsgeheimnis hüteten, in die Lage versetzt, ihr koloniales Reich aufzubauen. Sicherlich besaßen es die Römer, eingeschlossen in kleine Metallkugeln, die als ”Lares” bezeichnet wurden und ihre Helme beschützten.

Aus Gründen, die ich nicht durchschauen konnte, konnte das Geheimnis des Vril entdeckt werden, indem man sich in die Betrachtung der Struktur eines in zwei Hälften geschnittenen Apfels versenkte. Nein, ich mache keine Scherze, das war es, was mir mit großer Feierlichkeit und unter Geheimhaltung erzählt wurde. Eine solche Gruppe existierte tatsächlich; sie brachte sogar die erste Ausgabe eines Magazins heraus, in dem sie ihr Credo proklamierte.»

Leuchtende Loge

Unter Berufung auf Ley behaupteten Louis Pauwels und Jacques Bergier in ihrem Buch Aufbruch ins dritte Jahrtausend (1960), dass «kurz vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus in Berlin eine kleine Gemeinschaft existierte», die sich Die Loge der Brüder vom Licht oder Vril-Gesellschaft genannt habe. Bekanntestes Mitglied soll der Geopolitiker Karl Haushofer gewesen sein.

Allerdings hatte der deutsche Raketenwissenschaftler die Bezeichnungen Vril-Gesellschaft oder Brüder des Lichts nie verwendet – was andere Autoren nicht davon abhielt, die Geschichte weiter auszuschmücken. Ein Beispiel dafür ist Trevor Ravenscroft, der in seinem 1972 erschienenen Werk The Spear of Destiny (Der Speer des Schicksals) noch mehr zur Legendenbildung beitrug und ausführte:

«Nachdem er Adolf Hitler auf der Festung Landsberg in ”Die Heimliche Lehre” eingeweiht hatte, wurde Haushofer die führende Persönlichkeit in einer heimlichen Gesellschaft, die in Berlin gegründet wurde und sich Vril oder Leuchtende Loge nannte.

Zu diesem exklusiven satanischen Kreis hatte nur Zutritt, wer einen bestimmten höheren Grad der Einweihung in ”Die Heimliche Lehre” nachweisen konnte. Die Leuchtende Loge sammelte ihre Mitglieder nicht nur aus den führenden okkulten Bewegungen Europas, sondern zog auch Eingeweihte aus allen Gegenden der Welt an sich, so aus Tibet, Japan, Indien, Kaschmir, Turkestan und Ceylon.

In der Hauptniederlassung der Gesellschaft in Berlin saßen tibetische Lamas, japanische Buddhisten und Angehörige anderer orientalischer Sekten Schulter an Schulter zusammen mit früheren Studenten von Gurdjieff, Mitgliedern verschiedener obskurer Rosenkreuzerorden, früheren Angehörigen der Pariser Loge Golden Dawn und zweifelhaften Personen von Aleister Crowleys Ordo Templi Orientis.»

Und weiter:

«Die ersten Nachrichten über Vril sickerten in die westliche Welt, als Willi Ley, der Raketenexperte, 1933 aus Deutschland floh. Nach Leys Aussagen glaubten die Schüler Haushofers, dass sie nahe daran seien, einem Geheimnis auf die Spur zu kommen, das sie in die Lage versetzte, eine Mutation in der arischen Rasse hervor-zubringen. Unter anderem erzählte er Einzelheiten über ihre seltsamen Meditationen und die Art der Übungen, denen sie sich unterwarfen, um übermenschliche Fähigkeiten der Konzentration und des Hellsehens zu entfalten. (…)

Vril ist der alte Name für die enormen Energiequellen, die im Menschen erschlossen werden können, wenn sein ätherischer Leib oder sein Zeitorganismus erweitert wird. (…) Tatsächlich studierten die Mitglieder der Loge die Gesetze der pflanzlichen Metamorphose, die in Europa von Goethe aufgestellt waren.»

Magisches Medium

An der Geschichte arbeiteten sich später auch andere Autoren ab und brachten den vermeintlichen Geheimbund sogar in Verbindung mit Außerirdischen, zu denen ein Medium namens Maria Orsic Kontakt aufgenommen haben soll (siehe Seite 80 ff. in COMPACT-Geschichte 14: „Das okkulte Reich“).

Ausführlich dokumentiert ist die Legendenbildung in dem Buch Der Vril-Mythos. Eine geheimnisvolle Energieform in Esoterik, Technik und Therapie  (1992) von Peter Bahn und Heiner Gehring.

Dabei gilt es noch nicht einmal als historisch gesichert, dass es jemals eine Vereinigung namens Vril-Gesellschaft gab. Schon gar nicht ist belegt, dass die RAG, die oft mit dieser gleichgesetzt wird, irgendeine Nähe zu nationalsozialistischem Gedankengut aufwies.

Und doch hält sich bis heute in einem Teil der esoterischen Szene hartnäckig die Ansicht, dass dieser mysteriöse Zirkel den Aufstieg Hitlers mittels der Urkraft Vril maßgeblich beförderte – und später im Dritten Reich als geheime Macht im Hintergrund wirkte.

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