blackout-news.de schreibt: In einem Interview mit dem Handelsblatt warnt Eon-Chef Leonhard Birnbaum vor massiven Engpässen im deutschen Stromnetzverbund. Laut Birnbaum gibt es im gesamten Netz praktisch keine Reserven mehr. Während man den Ausbau der erneuerbaren Energien in den letzten zehn Jahren noch verkraften konnte sei jetzt das Netz an der Belastungsgrenze angekommen.
Netz an der Belastungsgrenze
Das Netz müsse immer mehr Solardächer und Windräder verkraften, so der Vorstandschef des Energiekonzerns. Aber auch die stark wachsende Nachfrage aus der Industrie bringt das Netz an seine Grenzen.
So brauchen zum Beispiel Batteriefabriken, Chipfabriken und große Rechenzentren enorme Strommengen. Deshalb hat Eon hat jetzt ein Rekordinvestitionsprogramm angekündigt, welches vorsieht bis zum Jahr 2026 rund 22 Milliarden Euro in das Stromnetz zu investieren.
Das ist deutlich mehr als in den bisherigen Planungen vorgesehen war. Auch andere Netzbetreiber drängen auf eine beschleunigten Netzausbau, das das Netz an seiner Belastungsgrenze ist.
Abschaltung von Teilnetzen möglich
Eine akute Gefahr für flächendeckende Blackouts sieht der Eon-Chef noch nicht. Allerdings steigt die Gefahr, dass es notwendig wird ganze Teilnetze aufgrund von Strommangel temporär abzuschalten.
Das können laut Birnbaum sowohl einzelne Verbraucher, als auch ganze Städte betreffen. Allerdings warnt er auch davor dass Hackerangriffe durchaus großflächige Blackouts auslösen könnten. „Die Gefahr durch Cyberattacken sollten wir sehr ernst nehmen“, gibt Birnbaum zu bedenken.
Genehmigungsverfahren dauern viel zu lang
„Wir müssen unsere Netze verstärken, modernisieren, aber vor allem auch massiv digitalisieren, damit wir sie auch künftig noch steuern können. Denn es gibt praktisch keine Reserven mehr im Netz“, sagte der Eon-Chef. Um den Netzausbau schnell genug voranzutreiben sieht Birnbaum aber auch die Politik in der Pflicht.
„So wie aktuell die Genehmigungen laufen, werden wir das Netz, aber auch die Erneuerbaren jedenfalls nicht schnell genug ausbauen können“, sagt der Eon Chef. Die bisher von der Politik getroffenen Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus um das Ziel zu erreichen. Die Dauer von Genehmigungen müssten man nach seiner Meinung mindestens halbieren um den Netzausbau zu beschleunigen.(2023 droht Deutschland Strommangel)
Birnbaum hält die Umstellung auf eine nachhaltige Energieversorgung grundsätzlich für möglich, warnt aber vor einer zu hohen Belastung für die Wirtschaft und Verbraucher. „Wir werden die Energiewende hinbekommen. Die Frage ist nur, zu welchem Preis.“
Birnbaum hält es für existenziell, dass Energie auch künftig noch zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar sein muss. Ansonsten drohe die Gefahr, dass immer mehr Industriebetriebe das Land verlassen werden.
exxpress.at berichtet weiter:
Gleich mehrere Faktoren führen dazu, dass die Gefahr eines Blackouts – also eines längerfristigen Stromausfalls mit verheerenden Folgen – im kommenden Jahr massiv steigt, wie der renommierte Experte Herbert Saurugg im Interview mit dem eXXpress analysiert. Auch das Auftreten der Omikron-Variante spielt eine Rolle.
Für wie wahrscheinlich halten Sie es, dass ein Blackout noch in diesem Winter kommt?
“Niemand hat eine Glaskugel, so auch ich nicht. Aber die Gefahr ist durch verschiedene negative Rahmenbedingungen wohl noch nie so hoch, wie im kommenden Winter. Das hängt mit er Abschaltung einer großen Menge an Atom- und Kohlekraftwerken in Deutschland bis Ende des Jahres zusammen. Zum anderen sind die Gasspeicher so schlecht gefüllt, wie schon lange nicht mehr.(Fangen winterliche Stromausfälle nun an? 40.000 Menschen im Rhein-Sieg-Kreis betroffen)
Aber gerade für diese Lücke werden nun Gaskraftwerke gebraucht. Denn im Stromversorgungssystem muss immer genau so viel erzeugt werden, wie gerade verbraucht wird. Kommt eine Kältewelle vor allem in Südwesteuropa, also auf der Iberischen Halbinsel und in Frankreich dazu, dann könnte es ziemlich brenzlig werden.
Aber im Prinzip geht es nicht um eine Vorhersage, sondern dass wir als Gesellschaft auf ein solches Ereignis überhaupt nicht vorbereitet wären. Denn es geht nicht um den Strom- sondern um einen dadurch ausgelösten weitreichenden Versorgungsausfall in allen Lebensbereichen.”
Kann die Corona-Situation ein solches Szenario beschleunigen, etwa weil der Stromverbrauch steigt, nachdem sich die Menschen mehr zuhause aufhalten?
“Dafür wird in den Betrieben weniger verbraucht. Aus dieser Sicht nicht wirklich und so massive Unterschiede sind nicht zu erwarten. Schlimmer wäre, wenn viele Menschen zeitgleich erkranken und die Versorgungslogistik auseinanderbrechen würde. Die sehr rasche Ausbreitung der neuen Omikron-Variante könnte zu einer massiven Erkrankungs- und/oder Quarantänewelle führen könnte. Damit könnten Lieferketten unterbrochen und schwerwiegende Versorgungsengpässe auftreten, bis hin zum Ausfall wichtiger Einrichtungen.”
Welche Rolle spielen erneuerbare Energien bei einem drohenden Kollaps im Stromsystem?
“Eine indirekte. Das Problem sind nicht die Erneuerbaren, sondern eine unzureichende Regulierung, die vor allem in Deutschland nur den Ausbau von Erzeugungsanalgen forciert, aber nicht die notwendigen Speichersysteme, um die permanente Balance aufrechterhalten zu können. Durch die Kraftwerksabschaltungen stehen gleichzeitig immer weniger andere Systeme zur Verfügung, um die schwankende Produktion aus Wind und Sonne ausgleichen zu können. Und die kann man auch meist nicht einfach per Knopfdruck einschalten, wenn man sie gerade wieder mal kurzfristig benötigt.
Es geht auch nicht nur um ein paar Hausspeicher, sondern Dimensionen, die mit den heutigen technischen und finanziellen Möglichkeiten nicht realisierbar sind.”(Großer Stromausfall in Frankfurt – Überraschung: Auch im Winter kann es Flauten geben)
Bei einem Blackout wären gleich mehrere europäische Länder betroffen – In Österreich könnte er glimpflicher ablaufen als in Deutschland, warum?
“Genau! Die österreichische E-Wirtschaft ist gut vorbereitet und wir haben durch unsere Wasserkraft einen enormen Vorteil gegenüber Deutschland. Wir habe zumindest eine theoretische Speicherkapazität von 3.300 GWh. In ganz Deutschland stehen nur rund 40 GWh Pumpspeicherkapazität zur Verfügung. Daher ist auch damit zu rechnen, dass bei einem europaweiten Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall (“Blackout”) die Stromversorgung in Österreich nach rund einem Tag wieder halbwegs funktionieren sollte. In Teilen auch früher.
Aber bis das restliche System wieder funktioniert, wird rund eine Woche erwartet. Auch für Deutschland. Damit funktionieren so gut wie keine Produktion und Logistik, also Warenverteilung, bis wieder überall eine Produktion möglich ist. Und diese funktioniert auch nicht, wenn der Strom wieder da ist. Erst, wenn nach mehreren Tagen nach dem Stromausfall die Telekommunikationsversorgung, also Handy, Festnetz und Internet wieder funktionieren, kann damit wieder begonnen werden.”
Die österreichische Regierung ist mit dem Thema massiv an die Öffentlichkeit gegangen, wie beobachten Sie die Aufklärung in anderen Ländern? In Deutschland – so zumindest der Eindruck – wird das Thema nur zurückhaltend kommuniziert.
“Wir sind in Österreich was die Risikokommunikation und die Aktivitäten auf unterschiedlichen Ebenen betrifft, sicher Vorreiter. Aber mir fehlt die klare und unverzichtbare Einbindung der Eigenvorsorge in der Bevölkerung. Denn niemand kann Millionen Menschen helfen, wenn nichts mehr funktioniert. Daher bin ich auch manchmal etwas überkritisch.
Aber ich beschäftige mich seit 10 Jahren mit diesem Thema und sehe Tag ein, Tag aus, wie die Realität in den unterschiedlichen Organisationen und Unternehmen wirklich aussieht. Und das sind noch jene, die schon damit begonnen haben. In vielen anderen ist das noch nicht einmal ein Thema. Und aus der systemischen Sicht versteht man das Detail nur dann, wenn man das Ganze kennt und nicht umgekehrt.”
Auf dem Streamingportal „joyn“ ist jetzt der Beststeller „Blackout“ als Serie verfügbar. Haben Sie die Serie zufällig gesehen? Wie realistisch wird ein Blackout dort aus ihrer Sicht dargestellt?
“Nein, aber ich kenne das Buch und Marc Elsberg sehr gut und wir tauschen uns auch immer wieder aus. Das Buch ist sehr realistisch, sieht man von der begleitenden Story ab. Und was ich gehört habe, soll die Serie auch gut gemacht worden sein.”
In der Serie wird auch thematisiert, dass die Kühlung von Atomreaktoren durch einen längeren Blackout problematisch wird – ist das ein realistisches Szenario?
Leider ja. Grundsätzlich sind Atomkraftwerke mehrfach mit Notstromeinrichtungen abgesichert. Aber das Risiko für einen Zwischenfall steigt in einem solchen Fall sicher.
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Video:
Quellen: PublicDomain/blackout-news.de am 02.01.2022
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