In Perú, westlich von Cusco (Quechua, „Qosqo, Zentrum, Nabel oder Mitte“¹), der alten Inkametropole und des Zentrums von Tahuantinsuyo, dem Reich der vier Weltgegenden, befindet sich eine sehr interessante und rätselhafte Ruinenstätte.
Kaum von Touristen beachtet und ebenso selten in der Fachliteratur besprochen findet man dort die Überreste einer wohl ehemals bedeutenden Stätte der alten Kultur Perus. (Titelbild: Thron des Inka in Sacsayhuaman)
Die Ruinen von Quillarumi, was übersetzt aus dem Quechua „Mondstein“ bedeutet, liegen nahe dem kleinen Orte Surite, ca. 45 km westlich von Cusco auf 3600 Metern Höhe. Die Anfahrt ist relativ einfach mit dem PKW oder Bus zu bewältigen, lediglich die letzten Meter müssen zu Fuß zurückgelegt werden.
Gleich beim Betreten der Ruinen fallen einem zahlreiche, zumeist noch nicht ganz freigelegte Mauern im typisch polygonalen Inkastil auf. Ein bekanntes Beispiel für diesen Baustil ist der berühmte Stein mit den zwölf Ecken in der Calle Hatun Rumiyoc in Cusco, wobei gesagt werden muss, dass ein weit imposanteres Beispiel dieser fugenlosen Baukunst in den Ruinen von Torontoy, unweit von Machu Picchu, zu finden ist.
Dort ist ein Stein mit 52 (!) Winkeln zu bestaunen. Mit welcher Technik die alten Peruaner ihre Mauern bauten, ist bis heute ein Rätsel. Selbst in den Chronistenberichten aus der Eroberungszeit findet sich hierzu keinerlei brauchbarer Hinweis, da sich die Chronisten selbst schon die Frage stellten, wie eine solche Präzision beim Fügen der Mauern zu erreichen ist.
Der Jesuitenpater Jose de Acosta äußerte sich im 16. Jahrhundert mit folgenden Worten dazu: „Am erstaunlichsten ist, dass die Steine dieser Mauer, obwohl nicht regelmäßig zugeschnitten, vielmehr höchst ungleich in Größe und Form, mit unglaublicher Genauigkeit, ohne Mörtel zueinander passen“.
Daher ist anzunehmen, dass selbst die Inka, denen im Allgemeinen die Erbauung dieser Stätten zugesprochen wird, nicht mehr über dieses Wissen verfügten, ansonsten hätten die Eroberer sicherlich mehr Informationen über den Bau solcher Anlagen von den Inka bekommen, die Errichtung von Sacsayhuaman lag zeitlich schließlich noch nicht allzu lange zurück, wenn man davon ausgeht, dass die Inka diese Anlage tatsächlich bauten.
Wie die Gesamtanlage von Quillarumi einst ausgesehen hat und wie groß die Gesamtfläche war, ist derzeit schwer festzustellen, da erst ein kleiner Teil in den letzten Jahren freigelegt worden ist.(Ein alter Text aus dem Jahr 440 v. Chr. enthüllt das fortschrittliche Maschinen die Pyramiden gebaut haben)
Neuere Ausgrabungen haben einen ovalen Bau freigelegt, welcher dem des Coricancha in Cusco und dem der Ruinen von Ingapirca in Ecuador sehr ähnelt. Weitere solcher Bauten findet man in Pisac und Machu Picchu, wo die Mauern einen bearbeiteten Stein umschließen, den Intihuatana, was über setzt aus dem Quechua „Ort, an dem die Sonne angebunden wird“ bedeutet.(Die Große Pyramide von Gizeh befindet sich genau im Zentrum der Landmasse der Erde)
In Pisac wurde der Stein so bearbeitet, dass zwei Zapfen herausstehen, häufig steht jedoch nur ein Zapfen hervor. Es handelt sich bei diesen Bauten sehr wahrscheinlich um Sonnenwarten, an denen beispielsweise die Sonnenwenden und die Länge des Jahres gemessen werden konnte.
In den Ruinen von Ollantaytambo wurde ein ähnliches Bauwerk entdeckt, das Sternenobservatorium von Inticcahuarina (Quechua: „Ort, von wo aus man die Sonne sieht und versteht“).
Dieses Observatorium ist aus dem massiven Fels herausgearbeitet worden. Einige Vorsprünge und herausstehende Zapfen dienen der Schattenwerfung zu bestimmten Tageszeiten, was den Beobachtern ermöglichte, verschiedene astronomische Daten festzuhalten.
Diese Annahme wird zusätzlich gestützt durch zahlreiche spanische Chronisten, die in ihren Schriften darüber berichteten, wie der Chronist Fernando de Montesinos, welcher im Jahre 1644 schrieb: „Der Inka berief einen Rat der weisen Männer und Astrologen ein, um unter Verwendung eines Observatoriums, das eine Art Schattenuhr war, den Sonnenstand genau zu bestimmen. Durch diese Mittel wussten sie, welcher Tag lang und welcher kurz war, wann die Sonne zwischen den Wendekreisen kam und wann sie ging …“. (Wo ist der Deckstein der Großen Pyramide?)
Hier in Quillarumi ist bisher allerdings noch kein Intihuatana entdeckt worden, was jedoch durchaus noch möglich ist, da einst zahlreiche dieser Sonnenwarten um Cusco herum gestanden haben sollen, wie uns der Chronist Pedro de Cieza de León berichtet: „In gewissen Abständen stehen hier kleine Türme, von denen aus man die Bewegung der Sonne beobachtete, der man große Bedeutung beimaß.“ Ebenso sind in einer alten Zeichnung aus dem Jahre 1685 noch einige dieser Megalithen um Cusco herum zu sehen.
Gesteinsschnitte ca. 200 Meter oberhalb der Ruinen von Quillarumi
Leider sind diese Bauten zumeist der Zerstörungswut der spanischen Eroberer zum Opfer gefallen. Warum jedoch so viele Türme und Intihuatas gebaut wurden, ist nicht geklärt. Die am meisten verbreitete Meinung unter Archäologen ist, dass sie dafür benötigt wurden anhand von Himmelsbeobachtungen kalendarische Daten zu ermitteln, zumeist um den Erntebeginn oder die Aussaat vorauszusagen.
Jedoch habe ich Zweifel, dass diese Auffassung zutrifft, da man wohl kaum Dutzende nah beieinander stehender Megalithbauten brauchte, nur um zu beobachten, was die Bauern ohnehin wussten. Außerdem kann die Natur einem leicht das ganze Spiel vermiesen, wenn der Frühling oder Winter einen oder mehrere Tage früher oder später eintreffen.
Dann nützt auch das präziseste errechnete oder beobachtete Datum nichts. Dass diese Bauten für Himmelsbeobachtungen genutzt wurden, bestätigen die Chronisten, jedoch warum dies überhaupt geschah, darüber ist nichts bekannt, nur zur Bestimmung von Saat- und Erntezeiten sicherlich nicht.(10 Gründe, warum die Große Pyramide von Gizeh eine riesige Energiemaschine gewesen sein könnte).
Zerschnittene Felsen
In den Ruinen von Quillarumi findet man ebenso „Gesteinseinschnitte“, identisch mit denen in Kenko, Chinchero, Ollantaytambo oder den schon oft beschriebenen gegenüber des Zyklopenwalls von Sacsayhuaman bei Cusco. Auch in Quillarumi wurden riesige Granitfelsen wie Butter zerschnitten.
Als ich das Ruinengelände verlassen wollte, rief mich ein kleiner Junge, der in den Ruinen herumstreunte. Er führte mich ungefähr 200 Meter den Berg hinauf und zeigte mir einen riesigen Granitfelsen, welcher rundum „zerschnitten“ war. Auch hier wieder absolut ebene Flächen, man meint, es handele sich um gegossenen Beton.
Gesteinsschnitte in Yazilikaya, Türkei
Wer, warum und mit welchen technischen Mitteln diese Arbeiten vollbracht wurden, ist unbekannt, ebenso wie das Alter dieser mysteriösen Stätten, die man im gesamten Umkreis von Cusco zahlreich vorfindet.
Das Phänomen dieser Art der Gesteinsbearbeitung ist weltweit anzutreffen, als Beispiel seien das Felsheiligtum Yazilikaya in der Nähe der ehemaligen Hethiterhauptstadt Hattuscha in der Türkei genannt, sowie Hattuscha selbst, auch hier feinste Einschnitte in hartem Granit.
Der Quillarumi
Übrigens stehen ganz in der Nähe von Hattuscha, in Alcahöyüc, auch In kamauern mit exakt derselben Technik fugenlos und erdbebensicher gefügt wie in Perú, wo diese Mauer nicht auffallen würden. Das weitaus Interessanteste an den Ruinen von Quillarumi ist aber der Mondstein, nach welchem die gesamte Ausgrabungsstätte auch benannt wurde.
Es handelt hier um einen Halbkreis, der vollkommen und in vollendeter Präzision aus einem Granitfelsen herausgearbeitet wurde. Die Öffnung des Halbkreises ist genau nach Osten hin ausgerichtet.
Der Halbkreis, im Durchmesser ungefähr zwei Meter, ist durch schräg stehende Ansätze oder Stufen symmetrisch in sieben Segmente unterteilt, welche ebenso präzise und in exakt gleichen Abständen herausgearbeitet wurden. Die Ähnlichkeit mit dem so genannten Thron des Inka in Sacsayhuaman ist nicht zu übersehen, dieser ist ebenso nach Osten hin geöffnet.
Siebenstufige Himmelstreppen nahe Sacsayhuaman
Diese „Himmelstreppen“ sind ebenso aus einem Felsen nahe Sacsayhuaman herausgearbeitet worden. Dort sind es ebenso wie in Quillarumi sieben Stufen. Der Kult um die Zahl Sieben war im alten Perú genauso verbreitet wie in der alten Welt beispielsweise bei den Sumerern und später bei Griechen und Römern. Dass die Sieben nicht nur in Stein verewigt wurde, fand der Ethnologe Baron E. Nordenskiöld heraus.
Dieser veröffentlichte 1925 eine Studie, in der er unter anderem feststellte, dass in den von den Inka für die Aufzeichnung von Zahlen und für mnemotechnische Zwecke verwendeten Quipus (Knotenschnüre) die Zahl Sieben ungewöhnlich häufig vorkommt. Nordenskiöld schloss daraus, dass die Sieben bei den Inkas eine heilige Zahl war.
Zurück nach Quillarumi: Die Flächen am Mondstein sind poliert und absolut eben, mit welchen Werkzeugen und Hilfsmitteln dies vollbracht wurde, ist nicht bekannt, jedoch kann davon ausgegangen werden, dass solch eine Arbeit einiges an technischem Können voraussetzt, insbesondere aufgrund der bemerkenswerten Genauigkeit und symmetrischen Anordnung der Flächen.
Es ist kaum vorstellbar, dass diese Arbeiten ohne moderne Maschinen entstanden sein sollen, und dies von den Inka, welche zwar Meister in der Herstellung und Verarbeitung von Gold, Silber, Kupfer und sogar Platin³ waren, jedoch das Eisen nicht kannten, dieses wurde nämlich erst von den Spaniern eingeführt.
Über das Alter, die Erbauer und den Sinn und Zweck dieses Bauwerks konnten mir Archäologen auch vor Ort keinerlei Auskunft geben (ebenso wenig über die häufig anzutreffenden „Gesteinseinschnitte“), man vermutet ein Kultzentrum der Inka, wie allerorts, wo man nichts Genaueres weiß, lediglich in der Fachliteratur fand ich einige wenige Hinweise.
Einige Forscher nehmen an, dass es sich hier um eine Stätte handelt, welche astronomischen Beobachtungen diente, wie den oben beschriebenen Intihuatana. Beweise hierfür fehlen allerdings, und auch die präzise Ausführung, die man hier vorfi ndet, spricht dagegen, da die bekannten Intihuatanas allesamt sehr grob aus dem Felsen herausgearbeitet worden.
Prof. Dr. Rolf Müller schließt in seinem 1972 erschienenen Buch „Sonne, Mond und Sterne über dem Reich der Inka“ einen Bezug zum Mond und somit einen Mondkalender aus. Die Namensgebung des Quillaruni erfolgte wohl eher aufgrund des sichelförmigen Aussehens des Stufenmonuments.
Es könnte sich wohl eher um einen Sonnenkalender handeln, und die sieben Unterteilungen halten wichtige Ereignisse des Jahres fest, jedoch ist auch diese Annahme nicht bewiesen. Wahrscheinlich wird, wie schon der Forschungsreisende Dr. Ubbelohde-Doering sagte: „… der Schlüssel des Geheimnisses einmal in den sieben flachen Stufen zu finden sein“.
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Literatur:
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Quellen: PublicDomain/efodon.de am 24.07.2021