Die Geschichte kam um den 23. September 2013 herum auf und wurde bald auf tausenden von Internet-Seiten lautstark angepriesen, wo sie sich in Richtung auf immer phantastischere Behauptungen hin verwandelte.
Die Stories begannen mit Berichten über eine „gigantische Pyramide“, die vor der Azoren-Insel Terceira in 130 Fuß [ca. 40 m; d.Ü.] Tiefe entdeckt worden sei. Es hieß, sie sei 197 Fuß [ca. 60 m; d.Ü.] hoch, perfekt auf die vier Himmelsrichtungen ausgerichtet, völlig quadratisch und von einem privaten portugiesischen Segler mittels Sonar entdeckt worden. Ihre Basis wurde auf 295 Fuß [ca. 90 m; d.Ü.] an jeder Seite berechnet.
Berichtet wurde darüber zunächst im portugiesischen Fernsehen, und dann in einer Zeitung. Im Internet angelangt, wurde daraus dann schnell eine „perfekte Steinpyramide“, die definitive „Entdeckung von Atlantis“, die zentrale Stelle, wo „Aliens des Altertums auf Atlantis“ gelandet seien, und so weiter und so fort. Die portugiesische Marine sei, so wurde gesagt, gespannt, und untersuche die Entdeckung (Wo ist der Deckstein der Großen Pyramide?).
Die Sonar-Bilder sahen zwar nicht wirklich völlig quadratisch aus, doch das spielte keine Rolle. Und die Vorstellung, das Objekt sei „gigantisch“ erschien merkwürdig. Es gibt eine Menge Pyramiden, alte und moderne, die größer sind und viel größere Basen aufweisen. Doch auf Webseiten und in Foren uferten die Spekulationen zügellos aus.
Fast sofort wurden Berechnungen angestellt, anhand welcher behauptet wurde, dass die Pyramide so „perfekt“ sei, dass in den Werten ihrer Basis Phi enthalten sei und Pi im Höhenmaß. Die Neigung der Seiten der Pyramide entspreche, wie von einigen Personen berechnet wurde, exakt jener der Chephren-Pyramide in Gizeh.
Der Autor Graham Hancock war so begeistert, dass er schrieb, er überlege, die Stelle zu besuchen, um vor Ort zu tauchen. Dann tauchte auch eine Webseite auf, welche die ’nicht gewerblich‘-Kennzeichnung (.org) verwendet und die eigens dazu dient, die Entdeckung übermäßig anzupreisen.
Sie startete mit der Beschwerde, der Entdeckung werde in den Medien nicht genug Beachtung geschenkt. Der Inhaber der Website ist als „privat“ gelistet und [sie] wurde von Dritten registriert.
Nur sehr wenige Leute schrieben vorsichtiger darüber. Ich notierte auf Facebook, dass Stein-Strukturen auf mehreren Azoren-Inseln existieren, und dass es keine Überraschung wäre, wenn einige solche Strukturen heute unter Wasser lägen (Die schwarzen Pyramiden von Teneriffa).
Auch ich hoffte, dass die Berichte stimmen würden, aber weil ich selbst schon Sonar genutzt und eine Menge alter Sonar-Anzeigen von Unterwasser-„Pyramiden“ gesehen habe, die sich später lediglich als wandernde Sandhaufen herausstellten, hatte ich meine Zweifel an der ganzen Sache.
Andrew Collins schrieb auf Facebook, dass die Geschichte zwar faszinierend sei, er aber zur Vorsicht rate, da Sonar keine zuverlässige Möglichkeit darstelle, eine Unterwasser-Pyramide festzustellen, und dass in jenem Gebiet vulkanische Hügel und Grate bekannt sind.
Seltsamerweise kommen auch die Berichte über Pyramiden-Entdeckungen in den Bahamas immer wieder hoch, als ob es neue Geschichten seien. Dabei haben all diese Geschichten sich als unzutreffend erwiesen – leider, wie ich hinzufügen möchte.
Etwa eine Woche lang fragten die Webseiten, welche die Werbetrommel für die Entdeckung rührten: was macht eigentlich die portugiesische Marine? Doch als die Marine ihre Antwort gab, begegnete man ihr mit Schweigen und Vertuschungs-Behauptungen (Russlands Pyramiden: Es gab einmal ein Pyramiden-Netzwerk auf der Erde! Steckt in der Pyramide die Urkraft des Universums?).
Hier eine Pressemeldung über den damaligen Fund:
Laut einem aktuellen Bericht des portugiesischen Senders „Rádio e Televisao de Portugal (RTP)“ soll am heutigen Meeresboden, in der Nähe der Bank Dom João de Castro zwischen den beiden größten Azoreninseln Sao Miguel und Terceira, eine Struktur entdeckt worden sein, bei der es sich augenscheinlich um eine von Menschenhand geschaffene Pyramide handelt (10 Gründe, warum die Große Pyramide von Gizeh eine riesige Energiemaschine gewesen sein könnte).
Wie RTP – die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Portugals – meldet, erklärte der Entdecker, ein Skipper namens Diocleciano [Diokletian] Silva, er habe die Struktur bei einem Freizeitausflug mit seiner Privatyacht mittels Sonar entdeckt. Bei grenz|wissenschaft.aktuell heißt es dazu ergänzend: „Anhand der Aufnahmen beginnt die Basis der Pyramide in etwa 100 Metern Tiefe. Die Pyramide selbst wäre demnach 60 Meter hoch.
Im Vergleich dazu misst die Große Pyramide auf Gizeh heute 138,75 Meter (ursprünglich 146,59) und hätte eine Grundfläche von 8.000 Quadratmetern. >Die Pyramide weist eine perfekte Form auf und scheint zudem nach den Kardinalpunkten (den vier Himmelsrichtungen) ausgerichtet< [,] so Silva.<“
Laut einer Meldung von Noticias ao Minuto hat die Regional-Regierung der Azoren inzwischen erklärt, das Phänomen werde bereits wissenschaftlich untersucht. Wie es in einer weiteren Quelle heißt, sei auch die portugiesische Marine mit in die Nachforschungen einbezogen.
(Zwei weitere Sonaraufnahmen der putativen Pyramide auf dem Meeresgrund vor den Azoren)
Sollte sich diese Entdeckung unterwasser-archäologisch bestätigen lassen – wir werden weiter berichten -, so würde dies nicht nur die Annahme belegen, dass die Azoreninseln noch vor wenigen Jahrtausenden weitaus größer als heute waren (und womöglich eine mehr oder weniger zusammenhängende Landmasse gebildet haben), sondern auch ein handfestes Indiz für die vormalige Existenz einer verschollenen, atlantischen Hochkultur von Pyramidenbauern liefern – und dies wäre mithin ‚Wasser auf die Mühlen‘ all derjenigen, die nicht nur von einer gewissen Historizität des platonischen Atlantisberichts ausgehen, sondern die Lage des darin beschriebenen Inselreiches, der klassischen Atlantis-Theorie folgend, im Atlantischen Ozean vermuten. Diokletian Silva, ein studierter Veterinärmediziner, der diese Entdeckung bereits vor fünf Monaten gemacht hat, meint dazu jedenfalls vorsichtig-optimistisch, „dass die Struktur Überreste des legendären Atlantis darstellen könne.“
Am 5. Oktober gab das in Portugal ansässige Hydrographische Institut einen Report heraus, der fast völlig von den englischsprachigen Medien ignoriert wurde. Portugiesische Zeitungen berichteten, dass das von dem Segler verwendete Sonar eine extrem niedrige Auflösung hatte.
Die mittels der Sonar-Pings erhaltenen Datenpunkte bildeten gerade Linien ab, die ein gleichförmiges Aussehen vermittelten. Auch der Sekretär für Wissenschaft und Kultur hatte die portugiesische Marine um eine Untersuchung gebeten, woraufhin diese eine hydrographische Vermessung der Örtlichkeit mit einem Equipment für höchste Auflösung durchführte. Die Ergebnisse waren definitiv: Es gibt dort keine „Struktur“, nur einen Hügel am Grund.
Dann kommentierte die Marine Portugals die „Entdeckung“ auch formell. In einem Video dazu trifft ein Navy-Commander die Feststellung, dass [der Pyramiden-Hypothese] ein „Lesefehler“ [orig.: „read error“; d.Ü.] des Sonars zugrunde liege, und dass es sich um einen vulkanischen Hügel handele.
Danach erklärte [auch] das Portugiesische Hydrographische Institut, es handele sich bei der “Pyramide” um einen bekannten vulkanischen Hügel, und postete die bei einer hydrographischen Untersuchung gewonnenen, tatsächlichen Unterwasser-Bodenkonturen der Örtlichkeit.
Für die portugiesische Marine und ihre Offiziellen (über die es ursprünglich hieß, sie seien gespannt und beteiligt) war dies das Ende der Angelegenheit. Doch fast sofort kamen Unterstellungen auf, dass es sich dabei um Vertuschung handele. Offenkundig sei dort eine Pyramide von Atlantis, behaupteten einige, und aus obskuren Gründen wolle die Regierung nicht, dass irgendjemand darüber Bescheid wisse.
Das wird jedenfalls behauptet. Doch wird natürlich niemand von den Leuten, die eine Vertuschungsaktion behaupten, jemals selbst dorthin gehen und tauchen oder eine Kamera hinablassen.
Es ist wohl [aus deren Sicht; d.Ü.] viel besser, das Ganze als Mysterium am Leben zu halten. Letzten Endes will niemand die Wahrheit eingestehen — oder die Wahrheit wissen.
Literatur:
Wissen in Stein – Das Geheimnis der Pyramiden Ägyptens und Mittelamerikas [2 DVDs]
Das Geheimnis der Pyramiden [2 DVDs]
Quellen: PublicDomain/https:/atlantisforschung.de am 16.12.2020
Die flache Erde und das Generationen-Raumschiff