Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten – das leben als Selbstversorger schmeckt immer mehr Menschen. Wir haben 10 Tipps für Einsteiger.
Nur von dem leben, was man selbst anbaut: Das klingt nach einer Lebensweise, die in einer sich immer schneller drehenden, hochindustrialisierten und globalisierten Welt keinen Platz mehr findet.
Und doch hat das Thema Selbstversorgung in den vergangenen Jahren wieder mehr Interesse auf sich gezogen. Schließlich gibt es viele Gründe, die für einen Selbstversorger-Garten sprechen. Die Argumente reichen von Vorteilen für die Gesundheit über pädagogisch wertvolle Erfahrungen beim Wühlen im Garten bis hin zu einem nachhaltigeren Umgang mit der Umwelt.
Doch eine Existenz als Selbstversorgerin oder Selbstversorger ist auch nicht leicht und stellt einen vor so manche Hürde. Wir begleiten euch auf dem Weg dahin und verraten die ersten Schritte sowie Tipps & Tricks. Es muss ja nicht alles auf einmal sein.
1. Klein anfangen…
Übernehmt euch nicht. Es ist zunächst wichtig, klein anzufangen. Das gilt für euren Urban Jungle im Wohnzimmer ebenso wie für euren Nutzgarten, aus dem ihr euer tägliches Obst und Gemüse erntet. Niemand schafft es, von jetzt auf gleich autark zu leben. Eine kleine Fläche intensiv zu bewirtschaften, ist zu Beginn Herausforderung genug. Wenn sich die Pflanzen nach dem ersten Jahr weiterhin wohl fühlen und das Beet tatsächlich etwas Brauchbares abgeworfen hat, könnt ihr euren Nutzgarten im nächsten Jahr auf einer größeren Fläche anlegen und die Produktion steigern.
So wird euer Wohnzimmer zum Urban Jungle
Klein starten: Nicht gleich zehn Pflanzen kaufen und sich übernehmen. Meist folgt schnell die Enttäuschung. Erstmal mit zwei bis drei Pflanzen starten und ein Gefühl für die grünen Mitbewohner bekommen. Dann sukzessive den Urban Jungle ausbauen.
Schlau machen: Informiert euch vorab über Pflanzen, damit ihr bestens vorbereitet seid was die Pflege anbelangt. So erspart ihr euch Misserfolge.
Auf die Intuition hören: Nicht einer Trendpflanze hinterher jagen. Lieber auf die Intuition vertrauen. Was gefällt euch auf Anhieb? Wo ist das Gefühl richtig? Das ist dann auch die richtige Pflanze fürs eigene Zuhause (Selbstversorgung aus dem Hausgarten – „Gemeinsam nach vorne säen“).
Bedingungen checken: Wo soll ein urbaner Dschungel entstehen? Wie viel Platz habe ich? Wie ist das Licht sowohl im Sommer als auch im Winter? Die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit? Dementsprechend solltet ihr die Pflanzen wählen, wenn ihr Erfolg haben wollt.
Pflanzen zum eigenen Lifestyle: Wer viel unterwegs ist, sollte nur Pflanzen wählen, die auch mal länger ohne Aufmerksamkeit auskommen können. Wer mehr Zeit hat, kann auch etwas forderndere, tropische Pflanzen wählen. Passt die Pflanzenauswahl dem eigenen Lifestyle an: Dazu gehört auch, darauf zu achten, welche Pflanzen für Haustiere giftig und damit gefährlich werden können, sofern ihr welche in eurem Haushalt habt.
2. …aber nicht zu klein
Auch wenn ihr euch zunächst nur langsam in die Selbstversorgung vorwagt, sollten die Teilbereiche des Gartens nicht zu klein geraten. Es ist einfacher und effizienter, große Gemüsebeete zu pflegen als kleine. Denn die Vegetation profitiert von der Vielfalt, die ein größeres Beet bietet. Mehr Nützlinge bedeuten weniger Krankheiten und weniger Schädlinge. Am Ende resultiert das in gesünderen Pflanzen und einem größeren Ertrag.
3. Nutzgarten in Bereiche aufteilen
Obst und Gemüse stellen verschiedene Anforderungen und werden unterschiedlich gepflegt und bearbeitet. Es ergibt daher Sinn, die verfügbare Fläche klar in einen Obst- und in einen Gemüsegarten zu teilen. Die Gemüsebeete legt ihr am besten auf dem sonnigsten und fruchtbarsten Fleckchen Erde an. Gurken und Tomaten fühlen sich in einem kleinen Gewächshaus besonders wohl. Erfahrene Gärtner beachten zusätzlich Fruchtfolgen, setzen ihre Pflanzen je nach Verträglichkeit und Nützlichkeit in die Nachbarschaft anderer Pflanzen und stellen sogar einen mehrjährigen Anbauplan auf (Verbotenes Gemüse: Altes Saatgut (Video)).
4. Die richtige Fläche auswählen
Eine der entscheidenden Fragen beim Anbau von eigenem Gemüse in einem Selbstversorger-Garten ist: Wie viel Platz benötige ich, um von dem, was mir der Garten gibt, zumindest teilweise zu leben? Für eine nahezu vollständige Selbstversorgung solltet ihr pro Person rund 150 Quadratmeter einplanen. Alleine die Hälfte davon verschlingen Grundnahrungsmittel wie Kartoffeln.
Wenn ihr eure Kartoffeln allerdings auswärts hinzukauft, reichen pro erwachsener Person in der Regel 60 bis 80 Quadratmeter. Die sollten allerdings auf der Südseite angelegt sein, denn euer Gemüse braucht so viel Sonne, wie es bekommen kann.
5. Bewässerung von Anfang an planen
So ein Selbstversorger-Garten mit Obstbäumen und Gemüsebeeten schluckt ganz schön viel Wasser. Daher solltet ihr euch rechtzeitig, am besten noch bevor ihr das erste Beet anlegt oder den ersten Strauch pflanzt, Gedanken über eine effiziente und günstige Bewässerung machen. Eine im Boden eingelassene Zisterne, die an eine automatische Bewässerungsanlage angeschlossen ist, nimmt natürlich viel Arbeit ab.
Doch die Anschaffungs- und Installationskosten sind hoch. Für den Anfang macht’s auch ein Gartenschlauch oder eine Gießkanne. Statt Leitungswasser aus dem Hahn zu zapfen, könnt ihr im Garten eine Regentonne aufstellen und euch ohne zusätzliche Kosten am Regenwasser bedienen.
6. Obstbäume als erstes pflanzen
Bevor ihr euch an die Grundnahrungsmittel und anderes Gemüse macht, solltet ihr planen, welche Sorten künftig in eurem Obstgarten wachsen sollen. Bis ein Baum Früchte trägt, vergehen für gewöhnlich mehrere Jahre. Und selbst Beerensträucher brauchen einige Zeit, ehe sie einen nennenswerten Ertrag liefern. Pflanzt die von euch ausgewählten Bäume und Sträucher also möglichst früh an. Euer Zukunfts-Ich wird euch danken (Kleingärtner als Schwerkriminelle: 25.000 Euro Strafe für den Anbau alter Obst- und Gemüsesorten (Video)).
7. Gewächshaus aufstellen
Ein Gewächshaus ist für jeden ernstzunehmenden Selbstversorger ein Muss. Dabei muss es nicht gleich ein teurer Glaspalast für alle wärmeliebenden Pflanzen wie Tomate, Gurke, Paprika, Aubergine und Melone oder für Frühstarter wie Rettich, Radieschen und Salate sein.
Für den Anfang reicht schon ein Folientunnel oder ein selbst gezimmertes Kleingewächshaus aus Plastikfolie und Holzlatten. Bereits diese kleinen Varianten schützen die Pflanzen effektiv vor Kälte und Schädlingen.
8. Kompost verwenden
Wenn ihr euch über eine fette Ernte freuen wollt, solltet ihr nicht zu sparsam düngen. Kompost versorgt den Boden nach und nach mit Nährstoffen und verbessert die Qualität der Erde spürbar, weshalb ihr von Anfang an eine Ecke für die Lagerung des Komposthaufens bestimmen solltet. Seid beim Düngen nicht zu zimperlich, Gemüsepflanzen stehen gerne in einer 2 cm dicken Kompostschicht.
9. Hühner als Gartenhelfer
Zu einem richtigen Selbstversorger-Haushalt gehören auch Hühner. Die sind für weitaus mehr gut als nur für die Produktion von leckeren Bio-Eiern. Sie kompostieren, liefern Dünger, wühlen den Boden auf und am allerbesten: Sie fressen Käfer und andere Insekten. Mit eigenen Hühnern im Garten braucht ihr euch nie wieder mit der Bekämpfung der kleinen Schädlinge aufzuhalten (Alte Saat: Darum müssen wir sie bewahren (Videos)).
10. Sich nicht in der Theorie verlieren
Wer einen Blick in die Foren und Infoportale der stetig wachsenden Selbstversorger-Community wirft, begegnet teils ausgefeilten Rechenoperationen. Mit wie vielen Kalorien muss ich als Selbstversorger pro Person am Tag rechnen? 2530 oder eher 2700 kcal? Wie viel Fläche brauche ich genau dafür? Man könnte meinen, auch das benötigte Wasser wird auf den Tropfen genau auf die Beete verteilt und die Lebensmittel werden unter den Familienmitgliedern streng rationiert.
Wer sich allerdings zu sehr in solchen Kalkulationen verstrickt, geht nie ans Werk. Viele Erkenntnisse werden erst in der Praxis gesammelt. Und selbst dann dürft ihr nicht vergessen, dass ein echter Garten nicht ausschließlich aus Gemüsebeeten besteht. Pflanzt auch Blumen und Kräuter, an denen Insekten ihre Freude haben.
Hört auf euer Bauchgefühl und versucht nicht, aus eurem Selbstversorger-Garten einen industriellen Agrarbetrieb zu machen. Ihr wollt schließlich Freude an diesem Gartenprojekt haben und gerne eure Zeit zwischen den Beeten verbringen.
Leben im Einklang mit der Natur
Immer mehr Menschen versuchen den Trubel des Alltags hinter sich zu lassen und suchen nach Möglichkeiten, sein Leben zu entschleunigen. Nicht nur die wachsende Community der Selbstversorger zeugt davon, sondern auch die Tiny House Bewegung.
Literatur:
Frisches Gartengemüse auch im Winter: Anbau und Ernte 40 ausgewählter Kulturen
Meine kleine Farm: Anleitung für Selbstversorger
Quellen: PublicDomain/wohnglueck.de am 01.07.2020