Hessen: Spekulationen nach Selbstmord Thomas Schäfers – lässt Corona Derivatgeschäfte platzen?

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Der mutmaßliche Selbstmord des hessischen Finanzministers Thomas Schäfer löst Betroffenheit aus – aber auch Argwohn ob seiner Beweggründe. In einem Abschiedsbrief soll er von der „Aussichtslosigkeit“ der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lage geschrieben haben.

Die Nachricht vom offenbaren Selbstmord des seit 2010 amtierenden hessischen Finanzministers Thomas Schäfer am vergangenen Samstag hat weit über die Landesgrenzen hinaus Bestürzung, aber auch Spekulationen hervorgerufen. Diese ranken sich vor allem um Berichte, wonach Schäfer in seinem Abschiedsbrief von „Aussichtslosigkeit“ bezüglich der gesellschaftlichen, aber auch bezogen auf die wirtschaftliche Lage des Landes gesehen habe – und die ihm „zu schaffen gemacht“ haben soll.

In einer bald darauf gelöschten Passage eines Berichts der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom Sonntag, die der Journalist Boris Reitschuster gesichert hatte, hieß es, es sei für Ermittlungsbehörden „derzeit nicht ersichtlich, ob Schäfers Aussagen mit konkreten Ängsten in Bezug auf den Coronavirus zusammenhänge oder eher allgemeiner Art gewesen sei“ (Dax und Dow auf Talfahrt: Crash an den Börsen setzt sich fort – Weltwirtschaftskrise droht, mit ihm die Knechtschaft).

Keine Zweifel, dass Schäfer Selbstmord begangen habe

Am Samstag (28.3.) war der 54-jährige verheiratete Familienvater an einer Bahnstrecke bei Hochheim tot aufgefunden worden. Ermittler gehen von einem Suizid aus.

Noch am Sonntagnachmittag meldete sich Ministerpräsident Volker Bouffier zu Wort und erklärte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Wir müssen heute davon ausgehen, dass er sich große Sorgen machte. Große Sorgen vor allen Dingen darum, ob es gelingen könne, die riesigen Erwartungen in der Bevölkerung – insbesondere der finanziellen Hilfen – zu erfüllen. Ich muss davon ausgehen, dass ihn diese Sorgen erdrückt haben. Er fand offensichtlich keinen Ausweg mehr.“

Noch am Dienstag der Vorwoche strahlte Schäfer noch Entschlossenheit und Zuversicht aus, als er im Landtag mit Blick auf die Überwindung der Corona-Krise von einer „Jahrhundert-Aufgabe“ und dem „Anfang einer unbekannten Dimension“ gesprochen hatte. Schäfer betonte: „Ich bin zuversichtlich, dass wir gute Chancen haben, das zu bewältigen.“

Dass ein erfahrener Polit-Profi und exponierter Finanzfachmann wie Schäfer, dem nicht wenige sogar zutrauten, 2023 den dann voraussichtlich nicht mehr kandidierenden Bouffier als Ministerpräsident zu beerben, wenige Tage später ausgerechnet aus Sorge angesichts einer „aussichtslosen“ Lage sein eigenes Leben beendet, ist nicht nur jenes Signal einer Kapitulation, auf das Bouffiers Regierungsteam gerade nicht gehofft hatte (Crash wird bewusst herbeigeführt – »Das Schuldgeldsystem droht unter dem Coronavirus-Shutdown zu kollabieren« (Video)).

Steht Hessen vor Finanzskandal?

Es nährt über die Corona-Krise hinaus auch noch Argwohn dahingehend, dass Schäfer Informationen mit ins Grab genommen haben könnte, die geeignet sein könnten, das Vertrauen in die politische Führung des Bundeslandes insgesamt erschüttern zu können. In sozialen Medien werden teilweise sogar Anspielungen auf die Situation im österreichischen Bundesland Kärnten nach dem Tod des langjährigen Landeshauptmanns Jörg Haider gemacht.

Wenige Monate nach dessen Unfalltod im Oktober 2008 trat dort im Zuge der Weltfinanzkrise ein Finanzskandal rund um die landeseigene Bank Hypo Alpe Adria zutage, die angesichts drohender Milliardenhaftungen des Landes aufgrund folgenschwerer Management-Fehler in Bundeseigentum überführt und zerschlagen werden musste. Wäre dieser Schritt unterblieben, hätten Experten sogar eine Pleite befürchtet, die hinsichtlich ihrer möglichen Folgewirkungen jener der Lehman Bros. in den USA ähneln hätte können.

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Dass auch in Hessen in den nächsten Jahren weitreichende finanzielle Unwägbarkeiten zum Vorschein kommen könnten, die nach Art und Umfang zurzeit noch nicht abschätzbar sind, erscheint Beobachtern zumindest nicht als gänzlich undenkbar. Die Corona-Krise könnte – ebenso wie die Weltfinanzkrise mit Blick auf die Hypo Alpe Adria – zum Anlass werden, einen genaueren Blick auf die Finanzpolitik des Landes in den vergangenen Jahren zu werfen.

Mit Rückkehr der Zinsen auf Niveau vor 2009 gerechnet

Dass die Verwerfungen, die die Corona-Krise bereits jetzt an den weltweiten Aktienmärkten ausgelöst hatten, auch im hessischen Staatshaushalt für unangenehme Überraschungen sorgen könnten, hängt mit Umständen zusammen, die bereits vor zwei Jahren zum Gegenstand bundesweiter Medienberichterstattung geworden waren.

„Wir haben nicht spekuliert, sondern für Planungssicherheit gesorgt“, hatte Schäfer im Jahr 2018 gegenüber der „Welt“ erklärt, nachdem diese ihn auf Zinsderivate angesprochen hatte, die vonseiten der Schuldenverwaltung des hessischen Finanzministeriums im Jahr 2011 angeschafft worden waren.

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In den Jahren nach der Weltfinanzkrise hatten die Notenbanken eine Niedrigzinspolitik verkündet – auch, um die Folgen des damaligen Zusammenbruchs schneller durch aufschwungsbegünstigende Maßnahmen in den Griff bekommen zu können.

In Hessens Finanzverwaltung scheint man – ähnlich wie zahlreiche private Kreditnehmer – davon ausgegangen zu sein, dass das allgemeine Zinsniveau wenige Jahre später in jenen Bereich zurückkehren würde, der vor 2009 den Standard setzte. Damals pendelten etwa Hypothekarkredite um die Fünf-Prozent-Marke. Für viele private Häuslebauer damals ein Anlass, langfristige Zinsbindungen zu suchen. Und auch Hessen wollte sich die niedrigen Zinsen erhalten – durch Absicherung über teure Derivate mit Laufzeiten von bis zu 40 Jahren (Ökonom erwartet schlimmeren Finanzcrash als 2008 – Weltwirtschaft wird von einem Angebots-und Nachfrageschock heimgesucht).

„Welt“ im Jahr 2018: „Bei einigen Papieren […] ein Schaden schon entstanden“

Wären die Zinsen angestiegen, hätte Hessen für die Refinanzierung seiner Schulden neue Anleihen am Markt zu einem höheren Zinssatz ausgeben müssen, den man am Ende der Laufzeit zu bezahlen gehabt hätte. Um diese höheren Kosten auszugleichen, erwarb man die Derivate. Diese hätten in diesem Fall an Wert gewonnen und dadurch die höheren Refinanzierungskosten ausgeglichen. Das Problem: Die Zinsen stiegen nicht und werden es auch auf absehbare Zeit nicht wieder tun – weshalb die Derivate zum teuren Ladenhüter werden.

Bereits 2018 hatte die „Welt“ berichtet, dass die Buchverluste infolge der seither noch weiter sinkenden Zinsen bereits mehr als drei Milliarden Euro betrügen. Schäfer, in dessen Amtszeit als Finanzminister des Landes die durch Derivate abgesicherten Außenstände von 24,7 Prozent auf im Jahr 2018 waren bereits 52,2 Prozent der hessischen Schulden angewachsen waren, sah keinen Anlass für Beunruhigung: Immerhin wisse man erst in 40 Jahren, ob und inwieweit sich die Anschaffung gelohnt habe. Und bis dahin könnten die Zinsen allemal noch steigen.

Insgesamt handelte es sich um 65 sogenannte Zinssicherungsderivate, schrieb das Blatt damals weiter. Bei einigen Papieren sei ein Schaden schon entstanden, bei anderen handelt es sich bislang nur um Buchverluste. Die bereits gestarteten Papiere hätten bereits zu hohen Mehrkosten geführt, weil die vereinbarten Festzinsen deutlich über den aktuellen Marktkonditionen lagen („Das war erst der Anfang“ – Wirtschaftsexperte prognostiziert massiven Crash).

Wie sind Hessens Zinsderivate im Detail strukturiert?

Die nunmehrigen erheblichen Börsenturbulenzen infolge der Corona-Krise könnten jedoch schon jetzt den Erfolgsaussichten der Derivate endgültig den Garaus gemacht haben. Dies hängt davon ab, wie diese – teilweise überaus komplexen Konstrukte – im Detail strukturiert sind.

Derivate sind nämlich, wie der Name verrät, an einem bestimmten Basiswert orientiert, von dem sie sich ableiten. Das kann etwa Kursentwicklung einer bestimmten Aktie sein, die Entwicklung eines Index insgesamt, das Verhältnis des Dollars zum Euro oder bestimmte Zinsniveaus. In manchen Fällen weisen Derivate ein Knock-Out-Kriterium auf: Sollte der Basiswert zu irgendeinem Zeitpunkt während der Laufzeit ein bestimmtes Referenzniveau unterschreiten, verlöre das Zertifikat vollständig seinen Wert – und das vom Erwerber investierte Geld wäre unwiederbringlich verloren.

Börsenabsturz könnte Knock-Out-Schwellen eingerissen haben

Üblicherweise achtet der Erwerber bereits im Vorfeld des Ankaufs eines solchen Derivats darauf, dass – gerade bei sehr langen Laufzeiten – eine allfällige Knock-Out-Schwelle so gesetzt wird, dass sie bei nicht außergewöhnlicher Börsenentwicklung nicht unterschritten wird. Die extremen Ausschläge nach unten, die während der vergangenen Wochen an den Börsen zu beobachten waren, könnten jedoch einige Schwellen gerissen haben.

Zwar gibt es auch im Bereich der Knock-Out-Konstrukte Möglichkeiten und Mechanismen, um das Ausfallrisiko für den Anleger zu begrenzen. Eine Option diesbezüglich wäre etwa eine Stop-Loss-Schwelle, die eine Art Notverkauf zu einem bestimmten Kurs bei Erreichen eines bestimmten Punktes durch den Basiswert vorsieht. Dies wäre zwar mit einem erheblichen Verlust für den Anleger verbunden, aber ermögliche immerhin die Vermeidung eines Totalverlustes. Auch Hebelkonstruktionen können in solchen Fällen dafür sorgen, dass Verluste begrenzt bleiben (FED Desaster: US-Zins-Schock auf Null am Sonntag – erst im April trifft uns die Krise so richtig – Engpässe und hohe Preise drohen).

Ob Hessen betroffen ist, ist bis dato ungewiss

Ob das Land Hessen von Entwicklungen der genannten Art betroffen ist, ist bis dato noch ungewiss. Eine potenzielle Erklärung für so schnelle und so tiefgreifende Irritationen aufseiten eines erfahrenen Finanzpolitikers wäre eine solche Konstellation jedoch – oder eine andere unwillkommene Haushaltsentwicklung von gleicher Tragweite.

Schäfer hatte stets bestritten, zur Absicherung des Zinsrisikos auf risikobehaftete Derivatgeschäfte zu setzen. „Wer Zinsen sichert, wettet nicht“, zitierten Medien den früheren Minister bereits 2018. Mit Finanzprodukten vertraute Beobachter wie „Godmode Trader“-Finanzredakteur Oliver Baron äußerten diesbezüglich Skepsis. Diese Äußerung deute darauf hin, dass der Finanzminister die Funktionsweise der Derivate verkenne. „Absicherung gegen steigende Zinsen und Wetten auf steigende Zinsen sind nämlich im konkreten Fall völlig identisch“, erläutert Baron.

Neben Hessen setzen nach derzeitigen Erkenntnissen noch elf weitere Bundesländer Derivate ein, um ihr Zinsentwicklungsrisiko zu minimieren. Wie die „Welt am Sonntag“ recherchierte, lassen bislang nur Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen ihre Finger von risikointensiven Konstrukten diese Art. Sie fahren damit bislang gut: Immerhin haben jene Länder, die sie nutzen, in den vergangenen Jahren insgesamt mindestens zweistellige Millionenverluste verbucht („Das war erst der Anfang“ – Wirtschaftsexperte prognostiziert massiven Crash).

Literatur:

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab

Wehrt Euch, Bürger!: Wie die Europäische Zentralbank unser Geld zerstört

Der Weg ins Verderben: Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie Sie sich davor schützen können

Die Nullzinsfalle: Wie die Wirtschaft zombifiziert und die Gesellschaft gespalten wird

Quellen: PublicDomain/epochtimes.de am 31.03.2020

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