Schmerzen können lähmen und an Schmerzen kann man verzweifeln. Schmerzen können aber auch gelindert werden, z. B. mit Hilfe von Entspannungstherapien und Meditation.
Dabei stehen jeweils ganz unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Elke Linder stellt Entspannungstechniken und Meditationen vor, die einen sehr positiven Effekt auf das Schmerzempfinden haben. Denn Gedanken und Gefühle können den Schmerz enorm beeinflussen. Lenkt man sich mit Positivem ab, dann sind die Gehirnregionen, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind, nachweislich weniger aktiv.
Schmerz verursacht einen Tunnelblick
„Der Schmerz herrscht über die Menschen schrecklicher als der Tod“,
erkannte schon der Arzt Albert Schweitzer. Empfundener Schmerz kann mächtiger sein als alle anderen Sinneseindrücke und unser ganzes Fühlen und Denken in diesem Moment beeinflussen.
„In einem Meer von Schmerz ertrinken die einen, die anderen lernen, darin zu schwimmen“. Diese Aussage beeindruckte mich ebenso wie ein Satz eines Patienten, der berichtete, er habe „dem Schmerz mit der Macht seiner Gedanken, seiner Gefühle Paroli geboten“.
Kann es wirklich sein, dass durch Gedanken, Gefühle und durch einfaches Entspannen Schmerzen positiv beeinflusst werden können? Und welche Mechanismen laufen dabei eigentlich ab? Wie lässt es sich erklären, dass z. B. Fakire kaum Schmerzen empfinden, wenn sie sich auf ein Nagelbrett legen?
Ärzte berücksichtigen selten körpereigene Mechanismen
Verschiedene Nervenzellen sind für die Verarbeitung von Schmerzempfindungen zuständig. Sie gehören dem limbischen System an, einem Ort, wo die Gefühle, das Gedächtnis und auch die Empfindungen des Schmerzreizes „produziert“ werden. Diese Nervenzellen entscheiden darüber, wie der Schmerz empfunden wird.
Die Psychologieprofessorin Catherine Bushnell, Schmerzforscherin an der McGill-Universität im kanadischen Montreal bemängelte schon vor Jahren, dass sich Ärzte vor allem auf die Schmerzkontrolle von aussen konzentrieren und die körpereigenen Möglichkeiten der Schmerzkontrolle völlig ausser Acht lassen. Entspannungstechniken bieten dem Patienten die Möglichkeit, den Schmerz als nicht mehr so relevant wahrzunehmen oder ihn ganz zu ignorieren (Wie Meditation den Alterungsprozess verlangsamen kann).
Destruktive Konzentration auf den Schmerz
Auch durch reine Ablenkung wird der Schmerz nicht mehr so gravierend wahrgenommen. Das liegt daran, dass durch die Ablenkung unsere Regionen im Gehirn, die für die Gefühlsverarbeitung zuständig sind, in diesem Moment aktiver sind als die Regionen, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind.
Die Neurologin Irene Tracey und ihre Kollegen von der Universität Oxford kamen bei einem Versuch mit Freiwilligen zu folgendem Ergebnis: Freiwillige Versuchspersonen empfanden einen hohen Hitzereiz an der Hand als weniger schmerzhaft, wenn sie abgelenkt waren. Konzentrierten sie sich dagegen auf den Schmerz, so wurde dieser auch als gravierender wahrgenommen.
Alle Tätigkeiten, die wir gerne ausführen und die unsere Aufmerksamkeit benötigen, können dazu beitragen, dass Schmerzen nicht mehr als so quälend empfunden werden. Ebenso schöne Filme, Musik, Gerüche, Liebe – eben alles, was sich positiv auf unseren Gemütszustand auswirkt.
Entspannungstechniken können Schmerzen mindern
Entspannungstechniken bewirken eine zusätzliche Herabsetzung des Schmerzempfindens. Zum einen durch direkte Entspannung der Muskulatur und zum anderen durch Herabsetzung der Schmerzaktivität im Gehirn, indem es durch z. B. Meditation zu einer vermehrten Produktion körpereigener opioidähnlicher Substanzen kommt. Schmerzen werden als nicht mehr so gravierend erlebt.
Wissenschaftler an der Universität Ohio wiesen zudem bereits 1985 nach, dass bei Personen, die Entspannungsübungen machten, eine signifikante Erhöhung der Fresszellenaktivität nachzuweisen war. Ein Hinweis darauf, dass Entspannungstechniken einen direkten Einfluss auf das Immunsystem haben können.
Ich möchte Ihnen hier einige der bekanntesten Entspannungstechniken vorstellen:
Meditation
Der Begriff Meditation leitet sich ab von dem lateinischen Wort meditatio, was soviel heisst wie „das Nachdenken über“. Durch Konzentrationsübungen in der Meditation soll sich der Geist beruhigen und eine generelle, starke Entspannung erreicht werden.
Man unterscheidet hierbei zwischen der kontemplativen, der sog. passiven Meditation, die im Sitzen ausgeübt wird und der aktiven Meditation, die mit Bewegung oder auch lautem Rezitieren einhergehen kann. Wenn wir von Meditation sprechen, beziehen wir uns zumeist auf die kontemplative Meditation, die bildlichen Ausdruck durch den sitzenden, meditierenden Buddha findet.
Die kontemplative Meditation lässt sich wiederum untergliedern in
1. Stille- oder Ruhemeditation
Das oberste Ziel der Ruhemeditation besteht darin, durch sanfte Konzentration auf die Atmung alle störenden äusseren Reize abzuschütteln. Man konzentriert sich auf sein innerstes Selbst und kann dabei alle belastenden Gedanken und Gefühle liebevoll loslassen. Unser Artikel 4-7-8 Atemtechnik kann Ihnen weitere Möglichkeiten der Entspannung aufzeigen.
2. Achtsamkeits- oder Einsichtsmeditation
Im Vordergrund steht hierbei die Konzentration und Wahrnehmung des subjektiven physischen und emotionalen Zustands im Hier und Jetzt ohne Ablenkung oder wertende Empfindungen. Ziel dabei ist die Auflösung jeder Dualität, die Einswerdung (Gammasynchronität: Meister der Meditation haben ganz außergewöhnliche Gehirnwellen).
3. Konzentrationsmeditation
Hierbei steht die Konzentration auf ein einzelnes bestimmtes Objekt im Vordergrund, sei es der eigene Atem oder ein bestimmtes Mantra. Dieser Hauptfokus soll zu einer tiefen Beruhigung des Geistes führen.
4. Transzendentale Meditation
Die Transzendentale Meditation (TM), entwickelt von dem indischen Lehrer Maharishi Mahesh Yogi (1917-2008), ist eine der bekanntesten Meditationsformen. Ziel ist es hierbei, tiefe Entspannung und Ruhe zu erfahren, jedoch bleibt der Geist hellwach. Auf diesem Wege können sich Stress und Verspannungen lösen, der Körper kann zur Ruhe kommen und wieder Energie tanken (weiterführende Informationen finden Sie hier).
Ein weiterer Vorteil der Meditation zeigt sich auch darin, dass Meditierende Schmerzen nicht nur während der Meditation als leichter empfunden haben, sondern auch in den Phasen zwischen den Sitzungen. Meditation scheint also eine grundsätzliche Auswirkung auf das Schmerzempfinden zu haben.
Progressive Muskelentspannung nach Jacobson
Edmund Jacobson, (1888 – 1983), amerikanischer Arzt und Physiologe war Begründer der Progressiven Muskelentspannung und des Biofeedback. Im Rahmen seiner Studien an der Harvard University kam er zu der Erkenntnis, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen übermässiger muskulöser Anspannung und körperlichen und seelischen Erkrankungen gibt. Eine Verkürzung der Muskelfasern geht mit Spannung einher. Entspannung hingegen führt zu einer Verminderung der Erregungszustände und hat direkten Einfluss auf die Aktivität des Zentralen Nervensystems in Bezug auf das Schmerzempfinden.
Ziel bei der Progressiven Muskelentspannung ist es, durch gezielte Entspannung vorhandene Muskelverspannungen aufzuheben und schon im Vorfeld sich ankündigende Verspannungen wahrzunehmen oder – idealerweise – zu verhindern.
Hierbei werden nacheinander verschiedene Muskelgruppen kontrahiert (ca. 5 – 6 Sekunden) und danach mindestens doppelt so lange entspannt. Indem man Anspannung und Entspannung bewusst herbeiführt, kommt es zu einem spürbaren Entspannungsempfinden, das sich nicht nur auf die Muskeln beschränkt, sondern direkten Einfluss auf unser vegetatives Nervensystem (Verdauung, Atmung, Herz etc.) hat.
Als Anfänger ist es sinnvoll, diese Übungen ca. 20 – 30 Minuten täglich durchzuführen, um sich bewusst mit den einzelnen Muskelgruppen zu befassen und diese auch direkt beeinflussen zu können. Nach einigen Wochen kann bereits eine Dauer von ca. 6 Minuten ausreichend sein, die sich ideal in den Tagesablauf integrieren lässt. Wie bei allen Übungen gilt auch hier: Konsequenz ist alles und geht dem Erfolg voraus (Yoga und Meditation können die DNA buchstäblich „reparieren“).
Am sinnvollsten erlernt man solche Übungen, wenn Schmerzen nur gering oder gar nicht auftreten und man sich intensiv mit diesen Techniken befassen und sie erlernen kann (weiterführende Informationen finden Sie hier www.progressive-muskelentspannung.de).
Biofeedback
Biofeedback bezeichnet eine Messung, bei der dem Patienten durch Töne und optische Darstellungen (Zeiger, Balkendarstellung auf einem Bildschirm) seine Körperfunktionen (z. B. Puls) aufgezeigt werden. Der jeweilige Zeigerausschlag oder Tonklang zeigt dem Probanden an, wie hoch sein innerer Erregungszustand ist und dient als Rückkopplung seiner sympathikotonen Funktion.
Die Durchführung gestaltet sich wie folgt: der Patient erhält an einem Finger eine Messsonde, die mit einem Computer verbunden ist. Diese misst über den Hautleitwert den Grad der inneren Erregung. Als Istwerte dienen hierbei z. B. Hauttemperatur und -leitwert, Blutdruck, Pulsfrequenz, Gehirnströme u. a.. Die aufgezeichneten Messwerte werden auf einem Bildschirm dargestellt, so dass die Person ein direktes „Feedback“ über ihre sympathikotonen Funktionen ablesen kann. Ziel des ganzen ist es zu erkennen, dass z. B. durch bewusstes Entspannen oder gezieltes tiefes Einatmen direkter Einfluss auf unseren inneren Erregungszustand genommen werden kann.
Laute Töne zeigen eine erhöhte Spannung an, leisere Töne eine Entspannung. Schmerzen führen oft zu erhöhtem Herzschlag, beschleunigter Atmung und erhöhter Muskelspannung, auch wenn wir es nicht bewusst wahrnehmen. Biofeedback dient dazu, uns dieser körperlichen Mechanismen bewusst zu werden und direkt Einfluss darauf zu nehmen.
Visualisierungen angenehmer Situationen z. B. haben einen direkten Einfluss auf die Tonfrequenz, so dass jeder Patient lernen und hören kann, was ihm gut tut und was ihm Entspannung bringt.
(weiterführende Informationen finden Sie im Sachbuch von Eva Weissacher, Jörg Heuser „Die alternative Methode zur Behandlung von Schmerzen und psychosomatischen Beschwerden„, Verlag Hugendubel 2008, ISBN-13: 978-3720550390)
Autogenes Training
Der Berliner Psychiater Johannes Heinrich Schultz (1884 – 1970) entwickelte das Autogene Training, auf Basis seiner eigenen Hypnose- und Suggestionsbehandlungen.. Das Wort „autogen“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „selbst hervorgerufen“. Schultz ging davon aus, dass jeder Mensch zur autogenen Suggestionen fähig ist und diese mit objektiven Methoden auch nachgewiesen werden können. Sein 1932 erschienenes Buch „Das autogene Training“ befasst sich eingehend damit. Autogenes Training findet heutzutage vielfältige Anwendungen bei psychosomatischen Störungen.
Autogenes Training wird zumeist im Sitzen durchgeführt. Durch Suggestion bestimmter Formeln, z. B. „Meine Beine sind ganz schwer“ gelangt der Körper in einen tiefen Entspannungszustand, der sich unmittelbar durch erniedrigten Pulsschlag, verlangsamten Herzschlag und andere Entspannungszeichen bemerkbar macht. Mithilfe des autogenen Trainings können Schmerzempfindungen direkt positiv beeinflusst werden. ( weiterführende Informationen)
Yoga
Die ASCO – American Society of Oncology – berichtete auf ihrem Kongress von Studienergebnissen des renommierten M. D. Anderson Cancer Center in Houston. Im Rahmen einer Studie, wurde eine Anzahl von Patientinnen durch Yoga auf die Strahlentherapie vorbereitet, die anderen Patientinnen unternahmen nichts. Das Resultat war eindeutig. Patientinnen, die Yoga praktizierten fühlten sich weniger erschöpft, schliefen besser und pflegten wieder vermehrt soziale Kontakte. Am Ende der Studie wurde eine signifikante Besserung der körperlichen Funktionen angegeben, ein nicht zu unterschätzender Zugewinn, geht doch eine Krebserkrankung meist mit grossem Stress und eingeschränkten Körperfunktionen einher.
Yoga entwickelte sich aus der indischen Phiolosphie und umfasst geistige und körperliche Übungen, mit so klangvollen Namen wie z. B. Niyama, Asanas, und Pranayama. Pranayama beinhaltet spezielle Atemübungen, wohingegen bei Asanas die einzelnen Körperübungen im Vordergrund stehen. Yogaübungen dienen dazu, Geist, Körper und Seele in Einklang zu bringen. Ziel der einzelnen Yogaübungen ist es, den Körper zum einen zu mehr Vitalität zu führen und zum anderen den ganzen Organismus zu entspannen. Hierzu werden meist die verschiedenen Stile, wie Atem- und Meditationsübungen kombiniert, abschliessend findet meist eine Tiefenentspannung statt. (weiterführende Informationen finden Sie im Sachbuch von Susanne Rieth „Yoga Heilbuch – Schmerzen besiegen ohne Medikamente„, Nymphenburger-Verlag Februar 1997, ISBN-10: 3485007668)
Qi Gong
Qi Gong ist eine aus China stammende Lebensführung/Lebenskraft, basierend auf chinesischen Heilmethoden (TCM), und beeinflusst von Kampfkunst und Meditation. Seit nunmehr 5000 Jahren praktizieren Menschen Qi Gong und versuchen, durch richtige Atmung und sanfte Körperbewegungen Stress abzubauen und Kraft zu schöpfen.
Der Traditionellen Chinesischen Medizin zufolge, entstehen Schmerzen durch Stauungen im Energiefluss, sowohl der aktiven Energie (Qi) als auch der materiellen Energie (Xue ), oder durch Energieleere.
Durch die verschiedenen, den gesamten Körper erfassenden, Bewegungsübungen wird die Muskulatur gelockert und entspannt, so dass Qi und Xue wieder fliessen können. Verspannungen, ausgelöst durch eingenommene Schonhaltung, verringerten sich.
Die nach den Übungen empfundene Ausgeglichenheit und innere Ruhe, beeinflusst das Schmerzempfinden positiv und befähigt, besser mit den Schmerzen umgehen zu können. Einigen Patientenberichten zufolge, konnte auch die Dosis benötigter Schmerzmittel minimiert werden. (weiterführend Informationen finden Sie im Sachbuch von Daniel Reid „Qi Gong – Nutzen Sie die Kraft des Universums“, Ullstein Taschenbuchverlag 2000, ISBN 3-548-74037-5)
Mahatma Gandhi äusserte einmal den Satz: „Fast alles, was Du tust, ist letzten Endes unwichtig. Aber es ist wichtig, dass Du es tust!“
Dies ist eine Erkenntnis, die ich Ihnen gerne mit an die Hand geben möchte, denn sie ist der Schlüssel zum Erfolg. Unabhängig, für welche Entspannungsmethode Sie sich entscheiden, für alle gilt: Tun Sie es! So oft und regelmässig wie möglich, denn nur regelmässiges Üben und Praktizieren lehrt uns, wieder auf unseren Körper zu hören und schon beginnende Schmerzen positiv zu beeinflussen.
Manche Patienten sind eventuell der Meinung, dass Entspannungsübungen nur für denjenigen etwas ist, der daran glaubt. Objektive Messungen zeigen deutlich, dass Puls und Herzschlag sinken und die Atmung entspannter wird. Das hat nichts mit Einbildung zu tun und tritt bei jedem Menschen ein, unabhängig ob er daran glaubt oder nicht.
Für andere stellt vielleicht der zusätzliche Zeitaufwand ein Hindernis dar. Sinnvoll integriert in den Alltag, können sie jedoch bald zur lieb gewonnenen Angewohnheit werden, die Sie bald nicht mehr missen möchten, weil Sie ihnen einfach gut tut.
Literatur:
Codex Humanus – Das Buch der Menschlichkeit
Das Achtsamkeitstraining: 20 Minuten täglich, die Ihr Leben verändern
Quellen: PublicDomain/zentrum-der-gesundheit.de am 10.02.2020
Wenn man richtig üble Schmerzen hat (Z.B. Migräne oder ein Bandscheibenvorfall), dann funktioniert das nicht !
Bei solchen Schmerzen ist nichts mit Konzentration und Yoga.
Wer das Gegenteil behauptet hatte noch nie heftige Schmerzen gehabt !!!