Der Rostocker Erziehungswissenschaftler Jens Brachmann hat den jahrelangen systematischen Missbrauch an der „reformpädagogischen“ Odenwaldschule analysiert. Er spricht von einem „Tätersystem“, das von Rückendeckung in EKD und Politik profitierte.
Vor etwas mehr als drei Monaten ist das Buch „Tatort Odenwaldschule. Das Tätersystem und die diskursive Praxis der Aufarbeitung von Vorkommnissen sexualisierter Gewalt“ des Rostocker Erziehungswissenschaftlers Jens Brachmann erschienen.
Seit Ende der 1990er Jahre hatten mehrere ehemalige Schüler der 1910 gegründeten Privatschule im hessischen Heppenheim angegeben, dort sexuell missbraucht worden zu sein. Strafrechtlich waren die Vorwürfe verjährt. Der langjährige Schulleiter Gerold Becker legte 1998 jedoch seine Funktionen im Träger- und Förderverein der Schule zurück.
Nachdem in den darauffolgenden Jahren die Thematik eher auf kleiner Flamme gekocht worden und die versprochene Aufarbeitung unterblieben war, entschloss sich die seit 2007 amtierende Schulleiterin Margarita Kaufmann im Jahr 2010 unter dem Druck weiterer Enthüllungen, die Missbrauchsvorwürfe erneut untersuchen zu lassen.
Widerspenstige als Drogensüchtige und Diebe der Schule verwiesen
Mittlerweile hatte sich abgezeichnet, dass es nicht nur um Einzelfälle gegangen war, sondern dass der sexuelle Missbrauch institutionalisiert und systematisiert war. Becker und weitere Mitstreiter sollen sich an bis zu 200 Schülern vergangen haben, in den meisten Fällen an männlichen.
Der sexuelle Missbrauch soll auch als Mittel zur Disziplinierung eingesetzt worden sein. In manchen Fällen sollte er dabei den Schülern „helfen“, die „anerzogenen bürgerlichen Hemmungen“ zu überwinden.
Am 17. November 1999 hat die Frankfurter Rundschau erstmals in einem großen Bericht über sexuelle Übergriffe auf Schüler der Odenwaldschule berichtet. Ausführlich schilderte der Artikel, wie Becker die Schüler immer wieder „begrapscht“ habe und ihnen „an den Genitalien herumfuhrwerkte“. Ebenso, dass Becker „ständig im Schülerbereich geduscht“ und „Kinderpornohefte konsumierte“ habe.
Der Erziehungswissenschaftler Jürgen Oelkers beschreibt das Schulsystem Beckers gegenüber der „Zeit“ als generationenübergreifendes Missbrauchssystem mit verschiedenen Tätern, die voneinander wussten und sich gegenseitig schützten. Widerständige Kinder wurden mit Intrigen und Lügen eingeschüchtert.
In leichteren Fällen wurden sie einer anderen Internatsfamilie der Schule zugeteilt. In schwereren Fällen wurden sie unter Vorwänden wie Drogenmissbrauch oder Diebstahl von der Schule verwiesen. Becker empfahl Eltern, die Kinder in Therapie zu geben oder schlug ihnen ein englisches Internat als Alternative vor. Das habe Oelkers in Briefwechseln zwischen Becker und den Familien gefunden (Pädophile Netzwerke: Marc Dutroux und seine Verbindungen nach Deutschland).
Cohn-Bendit und Beate Uhse als ehemalige Internatsschüler
Die Enthüllungen über den systematischen Missbrauch in der „reformpädagogischen“ Odenwaldschule liefen – ähnlich wie die erst 2013 im Bundestagswahlkampf intensiver thematisierten Verwicklungen zwischen Grünen und Pädophilengruppen in den 1980er Jahren – einem lange Zeit kultivierten Narrativ zuwider.
Diesem zufolge sei institutionalisierter sexueller Missbrauch ein primäres Problem der Katholischen Kirche und untrennbar mit deren restriktiver Sexualmoral verbunden. Die Odenwaldschule predigte jedoch seit den frühen 1970er Jahren das genaue Gegenteil davon.
Es waren die urbane, protestantische, liberale Oberschicht und die Befürworter der gesellschaftspolitischen Ziele der 68er Generation, insbesondere der „sexuellen Revolution“, die ihre Kinder auf die Schule oder gar für vierstellige Monatsgebühren in das dazugehörige Internat schickten.
Unter den späteren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die das Internat besucht hatten, waren unter anderem die spätere „Erotikunternehmerin“ Beate Uhse und der spätere grüne Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit (Trotz „pädophiler Vergangenheit“: Grünenpolitiker Cohn-Bendit soll Einheits-Festrede halten (Videos)).
Video:
https://gloria.tv/video/FoPtnZ7uz1LG1EDrteMSnjcm7
Die Evangelische Kirche, die vor dem Aufkommen der Grünen als Partei zu den wichtigsten organisierten Zusammenhängen abseits der Universitäten gehörte, um die Anliegen der linken „Kulturrevolution“ zu fördern, steckte tiefer im pädophilen Sumpf als die breite Bevölkerung gemutmaßt hätte.
Wie kath.net damals berichtete, war Becker auch ein „hohes Tier“ im Bereich des evangelischen Bildungswesens. Als 1998 die ersten Vorwürfe gegen ihn erhoben wurden, war er Mitglied der Kammer der EKD für Bildung und Erziehung und ihrer Arbeitsgruppe „Konfirmandenarbeit“, die sich mit der Konfirmation im Wandel unter dem Titel „Glauben entdecken“ beschäftigte.
Evangelische Bildungseinrichtungen billigten „gewaltfreie und einvernehmliche“ Pädosexualität
Während die Pädosexualität in der Katholischen Kirche deren Lehren stets diametral entgegenlief und sich deshalb fast ausschließlich im Verborgenen vollzog, wurde sie in Teilen der Evangelischen Kirche noch vor Gründung der Partei der Grünen im Kontext „emanzipatorischer“ und „fortschrittlicher“ Gesellschaftsveränderungen diskutiert.
Bis heute ist die kritische Selbstreflexion aufseiten der Verantwortlichen nur rudimentär ausgeprägt. Becker war Teil eines machtvollen Systems, das innerhalb der evangelischen Kirche proaktiv am Mainstreaming der freien Entfaltung der Sexualität schon im Kindesalter arbeitete.
Bereits seit Anfang der 1960er wirkte der Psychologe Helmut Kentler in der evangelischen Jugendarbeit und wurde dort zu einem Vorkämpfer für eine aktive und „emanzipatorische Sexualerziehung“. Kentler zufolge sollten Eltern nicht nur darauf verzichten, Kinder und Heranwachsende in der freien Entfaltung ihrer Sexualität einzuschränken, sie sollten diese im Gegenteil zu möglichst früher sexueller Aktivität ermuntern. Koituserfahrene Jugendliche, so seine These, „fordern eine eigenständige Welt der Teenager und lehnen die Normen der Erwachsenen häufiger ab“.
Kentler brachte auch im Wege eines Modellversuches mehrere sozial auffällige Kinder und Jugendliche von 13 bis 15 Jahren bei ihm bekannten Pädophilen unter, um diese dort zu „resozialisieren“ und „reifen zu lassen“. Pädosexualität empfand er nur dann als problematisch, wenn diese mit Gewalt verbunden wäre oder nicht einvernehmlich erfolge. Ist dies nicht der Fall, könne sie sich sogar positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung auswirken:
„Ich habe […] in der überwiegenden Mehrheit die Erfahrung gemacht, dass sich päderastische Verhältnisse sehr positiv auf die Persönlichkeitsentwicklung eines Jungen auswirken können, vor allem dann, wenn der Päderast ein regelrechter Mentor des Jungen ist.“ („Tod in Teufels Namen!“ – Verkannte Ritualmorde & hilflose Ermittler! (Video))
„Backlash gegen sexuelle Befreiung“
Ein persönlicher Freund Beckers war zudem der bekannte Reformpädagoge und Erziehungswissenschaftler Hartmut von Hentig, der noch 2016 in einem Band seiner Autobiografie Becker in Schutz nahm und Kritikern der Vorgänge an der Odenwaldschule vorwarf, Angaben erfunden oder Vorwürfe reproduziert zu haben, die ihnen konservative Therapeuten und Journalisten in den Mund gelegt hätten.
Die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle betrachtete er einer Rezension der Erziehungswissenschaftlerin Hanna Kiper zufolge als Ausdruck von „Hexenwahn“ und „üppig wuchernden Verschwörungstheorien gegen die liberale Intelligenz. Die Odenwaldschule hatte am 16. Juni 2015 einen Insolvenzantrag gestellt und wenige Wochen später den Schulbetrieb eingestellt.
Jens Brachmann sprach nun mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) über seine Erkenntnisse zum sexuellen Missbrauch an der Odenwaldschule und spricht von pädosexueller Gewalt als Ausdruck eines Systemversagens. Es bedürfe tatsächlich eines „ganzen Dorfes“, um ein Kind zu missbrauchen.
Bildungsforscher, Pädagogen und Politiker als Referenzen für Seriosität
Das geschlossene System und das besondere Gewaltverhältnis, das sich im Internats- und Heimleben äußere, böten für potenzielle pädosexuelle Täter günstige Gelegenheiten und Umfelder, um Kinder zu missbrauchen. Auch das „Tätersystem“ der Odenwaldschule habe ich in einem solchen geschlossenen Mikrokosmos bilden können:
Nimmt man die einzelnen Personen in den Blick, lässt sich über die freundschaftlichen Allianzen und Abhängigkeiten der Akteure tatsächlich etwas rekonstruieren, was als Tätersystem bezeichnet werden kann. Dies bedeutet: Geschlossene pädagogische Einrichtungen als Hochrisikoorte für Übergriffe bieten Tätern immer günstige Umfelder und Gelegenheitsstrukturen.“
Dazu kamen jedoch auch Mitwisser, schweigende Zeugen oder Kollaborateure, die in den Gremien, Kollegien oder dem institutionellen Umfeld der Einrichtungen eine Lage schufen, die die Übergriffe begünstigt hätten.
„Zum Umfeld der Odenwaldschule mit Schnittstellen zu protestantischen Kreisen zählten in diesem Sinne auch prominente Bildungsforscher, Pädagogen und Politiker“, schildert Brachmann. „Diese fühlten sich der Schule verbunden und wurden als eine Art Aushängeschild und als Seriositätsgaranten benützt.“
„Linksliberale Verantwortungselite“
Vor allem zwei Milieus, die sich selbst im Westdeutschland der Nachkriegszeit als moralische und Verantwortungselite gesehen hätten, seien es gewesen, aus denen auch das ruhige Hinterland erwachsen sei, in dem Strukturen wie jene in und um die Odenwaldschule entstehen und sich festigen konnten:
Viele Akteure entstammen der nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Bündischen Jugend. Zugleich ist es ein linksliberales Milieu, mächtig und einflussreich in der Bonner Republik, protestantisch geprägt. Diese Männer kannten sich teilweise seit Jugendtagen durch verwandtschaftliche, berufliche oder über korporierte Allianzen ihrer zumeist bedeutenden Väter.“
Intellektuelle Orientierung habe diese Gruppe „in den mystisch-elitären Vorstellungswelten des ‚Geheimen Deutschland‘ ebenso wie über ihre überwiegend protestantische Herkunft“ gefunden. Diese Identitätshorizonte dienten, so Brachmann, „als moralische Verstärker im Ringen um Deutungsmacht und Einfluss“.
Der Erziehungswissenschaftler will reformpädagogische Konzepte dennoch nicht unter Generalverdacht gestellt sehen wissen:
„Nicht die Reformpädagogik gilt es zu kritisieren, vielmehr die mangelnde Professionalität der handelnden Akteure, die pädagogische Ideologien als Rechtfertigung ihrer Taten und ihres Tuns nutzen.“
Wenn Sie mehr über die heimliche pädophile Agenda von Medien und Politik erfahren wollen, dann lesen Sie das brisante Enthüllungsbuch „Illuminatenblut: Die okkulten Rituale der Elite“ von Nikolas Pravda, mit einigen Artikeln die bereits von Suchmaschinen zensiert werden.
Literatur:
Okkult-Morde: Tod in Teufels Namen – Fakten & Hintergründe
Codex Humanus – Das Buch der Menschlichkeit
Weltverschwörung: Wer sind die wahren Herrscher der Erde?
Quellen: PublicDomain/epochtimes.de am 18.10.2019