Während im Westen immer der Eindruck erweckt wird, Russland wäre international isoliert, ist das Gegenteil der Fall. In diesen Tagen treffen sich die meisten afrikanischen Staats- und Regierungschefs in Sotschi zum ersten russisch-afrikanischen Gipfel mit Präsident Putin.
Russland hat geladen und alle kommen, so kann man zusammenfassen, was gerade in Sotschi passiert. Präsident Putin hat zum ersten russisch-afrikanischen Gipfel nach Sotschi geladen und von 54 geladenen Staats- und Regierungschefs sind über 40 gekommen, die restlichen haben hochrangige Vertreter geschickt. Ein so hochrangiges Treffen hat der Westen mit den afrikanischen Ländern noch nie auf die Beine gestellt. Von Thomas Röper.
Während man im Westen die Legende verbreitet, Russland sei international isoliert, ist das Gegenteil der Fall. Russlands Ansehen und internationale Autorität wachsen, wie man in diesen Tagen im Nahen Osten beobachten konnte, wo unter russischer Führung der Grundstein für das Ende des Syrienkrieges gelegt wurde, ohne dass der Westen dabei eine Rolle gespielt hätte. Und sogar mit dem engsten Partner der USA am Persischen Golf, den Saudis, hat Putin hervorragende Beziehungen aufgebaut, wie man vor wenigen Tagen bei seinem Staatsbesuch dort sehen konnte.
Zum Vergleich: Als AKK in diesen Tagen parallel zur russisch-türkischen Einigung über Syrien eine UN-Mission für Syrien vorgeschlagen hat, hat Russland das nicht einmal offiziell kommentiert, so unwichtig ist Deutschland und damit auch die EU in der Region bereits. Die Politik der EU interessiert dort kaum noch jemanden. Man treibt gerne Handel mit der EU, aber politisch hat sie derzeit kaum noch internationales Gewicht (Russischer Abgeordneter sagt, Russland sei nicht souverän – Was ist das für ein Video?).
Nun also ein großer Afrika-Gipfel in Sotschi. Was verspricht sich Russland davon?
Russland hat sich außerhalb der „westlichen Wertegemeinschaft“ konsequent einen Ruf als verlässlicher Partner aufgebaut. Russland hat in den letzten Jahren gezeigt, dass es sein Wort auch unter schwierigen Bedingungen hält. Russland hat gezeigt, dass es auch kleine Länder nicht von oben herab, sondern mit Respekt behandelt und ihnen keine ideologischen oder politischen Vorgaben aufzwingen möchte. Russland akzeptiert jedes Land so, wie es ist und verzichtet komplett auf Einmischungen in innere Angelegenheiten. Und inzwischen sind immer mehr Länder bereit, eng mit Russland zusammenzuarbeiten, auch wenn der Westen mit wirtschaftlichen oder politischen Nachteilen droht. Die Drohungen des Westens verfangen in letzter Zeit immer weniger.
Russland möchte seine Handelseinfluss weiter ausbauen. Mit den Ländern der Eurasischen Wirtschaftsunion und den Ländern der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit arbeitet Russland auf Augenhöhe zusammen und zeigt sich als Teamplayer, der auch komplizierte Themen geduldig und ohne Druck und Drohungen diskutiert und Lösungen findet, die für alle Seiten fair sind.
Das soll nun auch mit Afrika kommen. In seinen Reden bei dem Gipfeltreffen hat Putin ausdrücklich dafür geworben, afrikanische Organisationen wie die Afrikanische Union zu stärken. Russland möchte die Länder zusammenbringen und sie nicht spalten. Und gleich am ersten Tag hat Russland den afrikanischen Ländern 20 Milliarden Dollar Schulden erlassen. Putin sagte unter anderem:
„Unser Land beteiligt sich an der Initiative zur Verringerung der Schuldenlast afrikanischer Länder. (…) Ich denke, wir können es in den nächsten vier oder fünf Jahren schaffen, unseren Handel noch einmal zu verdoppeln, das ist das Mindeste. (…) Der Export von Waffen nach Afrika macht 15 Milliarden Dollar aus, bei landwirtschaftlichen Produkten haben wir bereits 25 Milliarden erreicht. Deshalb haben wir ein gutes Entwicklungspotenzial“
Es geht also keineswegs bloß um Waffengeschäfte, wie im Westen unterstellt wird. Russland hat von den Sanktionen des Westens enorm profitiert, vor allem im Bereich der Landwirtschaft war Russland gezwungen, viel mehr selbst zu tun und die russische Landwirtschaft boomt derzeit. Russland ist bei den Lebensmittelexporten mittlerweile eines der führenden Länder der Welt.
Aber natürlich geht es auch um Hightech. Russland möchte Afrika bei der Erschließung von Bodenschätzen helfen, wo Russland zweifelsfrei sehr erfahren ist. Im Gegensatz zum Westen geht Russland dabei jedoch nicht den Weg der Globalisierung, die die schwachen Länder ausbeutet, sondern geht Partnerschaften auf Augenhöhe ein.
Ich werde am Wochenende, wenn der Gipfel zu Ende ist, noch ausführlicher über ihn und die Ergebnisse berichten.
Aber es lohnt sich noch kurz einen Blick auf die Reaktion der deutschen Medien zu werfen. Der Spiegel hat auch einen Artikel über den Gipfel geschrieben und man spürt förmlich, wie die Redaktion dort vor Wut über die russischen Erfolge auf dem internationalen diplomatischen Parkett schäumt. Schon die Überschrift hat nichts mit der Realität zu tun, sondern soll die Leser negativ einstimmen: „Putins Afrika-Gipfel in Sotschi – Biete Waffen, suche Rohstoffe“
Schon an der Überschrift sieht man, dass der Spiegel Unsinn schreibt. Erstens sind Waffen – wie gesehen – bei weitem nicht das wichtigste Exportgut für Russland und zweitens hat Russland genug eigene Rohstoffe. Während der Westen die Rohstoffe Afrikas so billig wie möglich bekommen will und dabei mit PSA-Verträgen versucht, die afrikanischen Länder zu übervorteilen, setzt Russland auf eine Kooperation bei der Förderung und möchte dann zusammen mit Afrikanern am Verkauf verdienen. Logisch, dass dem Westen das nicht gefällt, denn Russland macht mit seinem Konzept die afrikanischen Länder stärker.
Die EU könnte mit im Boot sitzen und von Russlands Vorgehen profitieren. Russland möchte sehr gerne mit der EU über einen gemeinsamen wirtschaftlichen und kulturellen Raum von Lissabon bis Wladiwostok reden. Putin bietet das seit fast 20 Jahren an und es ist wohl immer noch sein größtes außenpolitisches Ziel, aber die EU möchte nicht und bleibt den USA treu, die strikt dagegen sind. Im Ergebnis ist der politische Einfluss der EU inzwischen im Sturzflug.
Im Spiegel kann man heute dafür so unsinnige und unwahre Dinge lesen, wie diese:
„Russlands Präsident Wladimir Putin setzt zurzeit viel daran, die Präsenz seines Landes auf dem afrikanischen Kontinent auszubauen. Seine Bemühungen um Afrika haben sich auch deshalb verstärkt, weil die russische Wirtschaft seit 2014 unter den wegen der Krim-Annexion verhängten Sanktionen der USA und der EU leidet.“
Ich möchte das Thema Krim hier jetzt nicht wieder aufmachen, wer sich für die Hintergründe interessiert, der findet sie hier.
Aber es ist wirklich unglaublich, dass der Spiegel immer noch die Legende verbreitet, Russland leide unter den Sanktionen. Russland ist von den Sanktionen nur in wenigen Punkten tatsächlich betroffen. Alles, was die EU Russland nicht mehr verkaufen will, kauft Russland nun eben in China. Und die russischen Gegensanktionen, die die Landwirtschaft der EU hart getroffen haben, haben der russischen Landwirtschaft regelrecht Flügel verliehen. Was Russland 2014 hart getroffen hat, war der kurzfristige Absturz des Öl-Preises, aber nicht die Sanktionen. Die Sanktionen sind für Russland ärgerlich, aber kein echtes Problem und für einige russische Branchen sogar ein Segen.
Es gibt Vertreter der russischen Wirtschaft, die offen fordern, die Sanktionen mögen bitte ewig dauern, denn nun endlich gelingt Russland unter dem Druck der Sanktionen das, was vorher nicht gelungen ist: Russland diversifiziert seine Wirtschaft und der Anteil von Öl und Gas an den Exporten geht zurück, während andere Branchen, wie zum Beispiel die Landwirtschaft, stark zulegen. Was alle Förderprogramme der russische Regierung vor 2014 nicht geschafft haben, die Sanktionen haben es erreicht: Die Abhängigkeit Russlands vom Export von Öl und Gas geht zurück.
Aber der Spiegel verbreitet allen Ernstes die Lüge, Russland leide sehr unter den Sanktionen. Man fragt sich, ob der Autor bewusst lügt oder einfach nur keine Ahnung hat.
In dem Artikel geht es dann in dieser Art und Weise weiter: Russland ist böse und alle Afrikaner, die mit Russland nun zusammenarbeiten, sind auch böse. Alles Despoten und Verbrecher eben. Merkwürdigerweise schreibt der Spiegel über diese Länder allerdings ganz anders, wenn der Westen mit ihnen Geschäfte macht (Russland: Proteste in Moskau – Was ist tatsächlich geschehen und was verschweigen die deutschen Medien?).
Ein Beispiel: Erinnern Sie sich noch, dass Russland Hubschrauberträger vom Typ Mistral in Frankreich bestellt hat, die dann wegen der Sanktionen nicht ausgeliefert werden durften? Das war auch so ein Eigentor, denn in der Bauphase fand ein Wissensaustausch statt und Russland wird sich die Dinger nun eben selbst bauen.
Aber Frankreich hatte ein Problem: Es musste Russland Milliarden an Vertragsstrafen zahlen und saß auf zwei nagelneuen Hubschrauberträgern, die keiner haben wollte, weil sie speziell für russische Hubschrauber ausgerüstet waren. Am Ende hat Ägypten die Schiffe billig abgenommen und Russland hat dann die Hubschrauber dafür verkauft und noch Geld verdient.
Ägypten ist absolut keine Musterdemokratie, im Gegenteil. Aber Deutschland handelt mit Ägypten und verkauft auch fleißig Waffen, ohne dass das von der deutschen Presse allzu kritisch beleuchtet wird. Wenn aber Russland mit Ägypten – das übrigens Co-Organisator des Gipfels in Russland ist – zusammenarbeitet, muss der Spiegel das in ein negatives Licht setzen:
„Die Militärdiktatur Ägypten ist ein privilegierter Partner. Dort entsteht, östlich von Port Said, eine russische Sonderwirtschaftszone, fast so groß wie Gibraltar.“
Verwendet der Spiegel das Wort „Militärdiktatur“ auch, wenn er über deutschen Handel mit Ägypten berichtet? Meines Wissens nicht. Der Spiegel kritisiert Ägypten zwar gerne mal, wenn es um politische Fragen geht, aber wenn es um die deutsch-ägyptische wirtschaftliche Zusammenarbeit geht, nennt er Ägypten meines Wissens nicht „Militärdiktatur„. Aber wenn es um Russland geht, muss es eben irgendwie einen negativen Touch bekommen.
Und nachdem der Spiegel seine Leser so richtig schön negativ eingestimmt hat, kann der Spiegel es aber nicht vermeiden, Russlands diplomatische Erfolge zu erwähnen:
„Waren die afrikanischen Staaten im Kalten Krieg noch sehr gespalten, ob sie dem Westen oder dem Ostblock folgen, zeigt eine Abstimmung aus dem Dezember 2018 in der Uno-Generalversammlung: Mit Russland verscherzt man es sich besser nicht. Als in namentlicher Abstimmung über eine Verurteilung der Militarisierung der Halbinsel Krim entschieden wurde, stimmten nur die afrikanischen Kleinststaaten Liberia und Dschibuti mit dem Westen. Im Sinne Russlands dagegen votierten: Burundi, Simbabwe, Südsudan und Sudan. Enthaltungen: fast zwei Dutzend. Beachtlich zudem: Knapp die Hälfte der afrikanischen Länder waren gar nicht bei der Abstimmung vertreten.“
So sieht es mittlerweile außerhalb der Echokammer der westlichen Medien in der Welt aus: Die Mehrheit der Staaten folgt der Linie des Westens nicht mehr oder nur widerstrebend und unter großem Druck. Und der Spiegel schreibt weiter:
„Ganz anders wird es nun in Sotschi sein. Mehr als 50 Staatschefs wurden in die Stadt am Schwarzen Meer eingeladen, fast alle kommen persönlich: 43 haben sich angekündigt, weitere elf Staaten werden mit Vizepräsidenten, Außenministern und Botschaftern vertreten sein, meldet der Kreml. Ebenfalls eingeladen wurden die Vorsitzenden der Afrikanischen Union (AU), der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC), der Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (ECOWAS) sowie offizielle Vertreter der Magreb- und Sahelstaaten und der Afrikanischen Export-Import-Bank (Afreximbank). Auch der frisch gekürte Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed aus Äthiopien wird nach Sotschi reisen. Es besteht Hoffnung, dass er mit dem ägyptischen Staatschef Sisi den langwierigen Streit beider Länder um die Nutzung des Nilwasser beilegt.“
Ganz nebenbei wird Russland bei der Gelegenheit auch versuchen, alte Streitigkeiten zu schlichten.
Und der Westen?
Er steht außen vor. Das ist die vielleicht wichtigste Nachricht, wenn es um dieses wohl größte Gipfeltreffen der Welt geht. Denn wann waren schon mal fast 50 Staats- und Regierungschefs gleichzeitig auf einem Treffen? Bestenfalls bei einer Vollversammlung der UNO, aber ansonsten meines Wissens nicht (Der Westen bezahlt über eine Milliarde Euro jährlich für politische Einflussnahme in Russland).
So viel zur These der westlichen Medien, Russland sei isoliert.
Wenn Sie sich dafür interessieren, wie Russland auf die Fragen der internationalen Politik blickt, dann sollten Sie sich die Beschreibung meines Buches ansehen, in dem ich Putin direkt und ungekürzt in langen Zitaten zu Wort kommen lasse. Man kann dort ausführlich nachlesen, wie Putin seit dem Jahr 2000 für eine Zusammenarbeit mit der EU einsetzt, aber immer wieder zurückgewiesen wurde. Und auch über Putins Umgang mit den „kleinen“ Ländern, die nicht zum Westen gehören, kann man dort sehr viel erfahren.
Thomas Röper – www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“
Literatur:
Codex Humanus – Das Buch der Menschlichkeit
Weltverschwörung: Wer sind die wahren Herrscher der Erde?
Geboren in die Lüge: Unternehmen Weltverschwörung
Quellen: PublicDomain/anti-spiegel.ru am 25.10.2019
2 comments on “Russland erlässt Afrika 20 Milliarden Schulden”
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„Erstens sind Waffen – wie gesehen – bei weitem nicht das wichtigste Exportgut für Russland und zweitens…“
Welche Wirtschaftsgüter wären denn zum Beispiel wichtiger?
„Der Export von Waffen nach Afrika macht 15 Milliarden Dollar aus, bei landwirtschaftlichen Produkten haben wir bereits 25 Milliarden erreicht.“ (Putin)
Wenn Waffen 40% der genannten Handelssummen aus. Wie ist das denn im Vergleich zu den Handelsgütern mit der EU?
Sorry Tippfehler. Der Satz nach dem Putinzitat sollte lauten: Waffen machen 40% der genannten Handelssummen aus.