Japan lädt die Sportler der Welt zu sich ein: 2020 sollen die Olympischen und Paralympischen Spiele in Tokio stattfinden. Wir hoffen auf friedliche und faire Spiele. Gleichzeitig sind wir besorgt, denn auch in der Hauptstadt der Präfektur Fukushima sind olympische Wettkämpfe geplant: Baseball und Softball-Spiele sollen in Fukushima Stadt ausgetragen werden – 50 km vom havarierten Atomkraftwerk Fukushima Dai-ichi entfernt.
2011 kam es dort zu einem mehrfachen Super-GAU. Radioaktive Wolken verstrahlten damals Japan und den umliegenden Ozean – vergleichbar nur mit dem Super-GAU in Tschernobyl.
Die ökologischen und sozialen Folgen sind in Japan weithin sichtbar: Entwurzelte Familien, ausgestorbene Evakuierungszonen, hunderttausende Säcke mit verstrahlter Erde, verseuchte Wälder, Flüsse und Seen. Es herrscht weiterhin keine Normalität in Japan.
Die havarierten Reaktoren sind noch längst nicht außer Gefahr. Von ihnen geht eine anhaltende Strahlenbelastung aus; jeden Tag nimmt die radioaktive Kontamination von Meer, Luft und Boden zu.
Große Mengen an radioaktivem Material befinden sich weiterhin in den havarierten Reaktorgebäuden, während auf dem Kraftwerksgelände radioaktive Materialien unter freiem Himmel gelagert werden. Dieser Zustand stellt im Fall eines erneuten Erdbebens eine große Gefahr für Mensch und Umwelt dar. Die Atomkatastrophe dauert an. Es gibt keine Entwarnung (Geheime Superwaffen im Einsatz: Der wahre Grund von Tschernobyl (Video)).
Anlässlich der Olympischen Spiele in Japan 2020 organisiert die deutsche IPPNW eine internationale Kampagne. Wir sorgen uns um die gesundheitlichen Folgen der radioaktiven Kontamination. Dies gilt insbesondere für Menschen mit erhöhter Strahlensensibilität, für Schwangere und Kinder.
Nach Schätzung der japanischen Regierung werden die Olympischen Spiele am Ende mehr als 12 Milliarden € kosten. Gleichzeitig droht die japanische Regierung damit, die Unterstützungsleistungen für alle nicht rückkehrwilligen Evakuierten zu streichen.
Internationale Regelungen sehen vor, dass die Bevölkerung nach einem Atomunfall lediglich 1 mSv zusätzlicher Strahlung pro Jahr ausgesetzt werden darf. In den rückbesiedelten Gebieten in Fukushima wird der Bevölkerung jedoch eine Strahlendosis zugemutet, die bis zu 20 Mal höher liegt (bis 20 mSv). Selbst Ortschaften, die bereits dekontaminiert wurden, können durch Wind und Wetter jederzeit erneut verstrahlt werden, denn Wälder und Berge stellen ein Reservoir dar (Fukushima 3/11: “Eine anhaltende globale Strahlenkatastrophe” und “eine riesige Vertuschung”).
Die Kampagne soll thematisieren, dass es weiterhin weltweit kein Endlager gibt, in dem die giftigen Hinterlassenschaften der Atomindustrie angemessen sicher verwahrt werden können.
Die mediale Aufmerksamkeit der Olympischen Spiele soll genutzt werden, um Initiativen zum Atomausstieg in Japan zu unterstützen und die weltweite Energiewende zu propagieren: weg von fossilen und nuklearen Brennstoffen und hin zu erneuerbaren Energien.
Ziel ist es, eine erhöhte Aufmerksamkeit dafür zu erreichen, wie politische Repräsentanten in aller Welt in den militärisch-industriellen Komplex verstrickt sind.
Für Olympische und Paralympische Spiele in Tokio, die die Gefahren von Fukushima nicht verschweigen
„Wer zu den Olympischen und Paralympischen Spielen nach Tokio und Fukushima fährt, der muss wissen, dass er damit nichts zum Wiederaufbau in Fukushima und in Nordostjapan beiträgt. Im Gegenteil: Tokio 2020 behindert einen notwendigen Wiederaufbau, der diesen Namen verdient“, erklärten die rund 50 Teilnehmer der Tagung, darunter Vertreter von Umwelt- und Ärzteorganisationen, Anti-Atom-Initiativen, Wissenschaft und Pädagogik.
Einhellig kritisierten sie die Rückführungspolitik der japanischen Regierung in vormals evakuierte Gebiete in Reichweite zum havarierten Atomkraftwerk Fukushima Daiichi auf Basis einer äußerst problematischen Grenzwerterhöhung für zu tolerierende zusätzliche Strahlungsexposition von vormals 1 Millisievert auf 20 Millisievert pro Jahr (Fukushima – Auch nach 8 Jahren ist die Katastrophe nicht vorüber).
„Dass der olympische Fackellauf am 26. März 2020 ausgerechnet in diesen repatriierten Gebieten in der Präfektur Fukushima gestartet wird, zeigt, dass Tokio 2020 nicht auf Seiten der Betroffenen der Atomkatastrophe und der noch immer auf der Flucht befindlichen mehr als 40.000 Menschen steht, sondern auf Seiten eines politischen Systems, das weiter auf Atomkraft setzt und alles tut, um die Fukushima-Katastrophe als beherrschbar und bereits überwunden darzustellen“, hieß es. Die Medien wurden dazu aufgefordert, in ihrer Berichterstattung zu Tokio 2020 die Betroffenen der Atomkatastrophe gebührend zu Wort kommen zu lassen.
Obwohl der Fackellauf ausgerechnet in der Präfektur Fukushima beginnen und Solidarität mit den durch das Erdbeben und dem Tsunami betroffenen Gebieten bekunden soll, wird die atomare Katastrophe und die massive radioaktive Verstrahlung und erst recht die evakuierten, teilweise zurückgekehrten Bewohner, mit keiner Silbe erwähnt.
Am ersten Tag führt der Fackellauf durch die besonders betroffenen radioaktiv verstrahlten Gemeinden innerhalb der einstigen 20-Kilometer- Evakuierungszone, also auch durch Hironi, Naraha, Tomioka, Okuma, Namie und Minamisoma. Insgesamt sind für die drei Tage durch die Präfektur Fukushima ca. 300 Läufer vorgesehen.
Derzeit ist die Gemeinde Futaba noch vollständig gesperrt. Das AKW Fukushima Daiichi liegt auf dem Gebiet der Gemeinden Futaba und Okuma. Für Teile Futabas soll im März 2020 die Evakuierungsanordnung aufgehoben werden. „Wenn die Umwelt in Ordnung gebracht ist, möchten wir den Fackellauf auch dort durchführen“, hieß es. „Sobald wir uns mit der Regierung und der Gemeinde beraten haben, werden wir das entscheiden“, so zitiert OurPlanet-TV das Organisationskomitee.
Besorgt zeigte sich die Konferenz über sich häufende Berichte, wonach sich in Japan totalitäre Tendenzen auch im Zeichen von Tokio 2020 deutlich verstärkt hätten und wonach demokratische Grundrechte wie Meinungs- und Versammlungsfreiheit in diesem zunehmend restriktiven Klima eingeschränkt würden. Es sei kein Zufall, dass Japan zuletzt im Ranking der „Reporter ohne Grenzen“ in wenigen Jahren von Platz 11 auf 72 und aktuell Platz 67 abgestürzt sei.
Auch gesellschaftliche Prozesse, die mit der Ausrichtung von sportlichen Mega-Events einhergehen, seien für diesen Niedergang der demokratischen Kultur verantwortlich, so die Teilnehmer (Fukushima und die Erdbeben-Lüge: Das japanische 9/11 heißt 3/11).
Literatur:
Reaktor 1F – Ein Bericht aus Fukushima 1
Fukushima: Vom Erdbeben zur atomaren Katastrophe
Quellen: PublicDomain/fukushima-disaster.de am 14.10.2019