Die Europäische Zentralbank (EZB) hat erstmals seit dreieinhalb Jahren an der Zinsschraube gedreht.
Der Einlagezinssatz werde von -0,4 auf -0,5 Prozent gesenkt, teilte die Notenbank der Eurozone am Donnerstag mit. Damit wird der Druck auf Banken erhöht, die Geld bei der EZB parken und nun noch höhere Strafzinsen zahlen müssen.
Die Leitzinsen bleiben hingegen beim Rekordtief von 0,0 Prozent, auch der Satz der Spitzenrefinanzierungsfazilität wurde nicht angefasst und verharrt bei 0,25 Prozent.
Gleichzeitig teilte die Notenbank am Donnerstag mit, die Anleihenkäufe im Rahmen des sogenannten „Governing Council’s asset purchase programme“ (APP) ab dem 1. November mit monatlich 20 Milliarden Euro wieder aufzunehmen.
Der EZB-Rat gehe davon aus, dass dieses Ankaufsprogramm „so lange wie nötig“ laufen werde, jedoch „kurz vor Beginn der Anhebung der Leitzinsen der EZB“ enden werden. Wann das der Fall sein könnte, dazu schwieg die EZB in ihrer Mitteilung.
Der Euro verlor nach Bekannthabe deutlich und notiert unterhalb der Marke von 1,10 bei 1,0950 – Tendenz weiter schwach.
Bankaktien reagierten auf die EZB-Entscheidung mit Abschlägen (Zentralbanken als Handlanger des Sozialismus verantwortlich für Negativzinsen).
Zins pervers
Die Zinsen in der Euro-Zone rutschen immer tiefer ins Minus. Selbst für spanische Anleihen gibt es fast nur noch Negativzinsen, in Deutschland sowieso. Wie endet das? Was können Anleger tun?
Zunächst sollte man sich einmal in Erinnerung rufen, was der Zins eigentlich darstellen sollte. Erstens sollte der Anleger für das Risiko, das er eingeht, einen attraktiven Ertrag erhalten (Negativzinsen: Der Supergau für alle Sparer).
Zweitens (als der Zinsmarkt noch nicht durch die Notenbanken manipuliert wurde) bildete sich an der Börse eine Rendite, an der man ersehen konnte, wie hoch der Markt das Emittenten-Risiko einschätzt. Diesen Seismograph haben die Notenbaken außer Kraft gesetzt. Ansonsten wäre es unmöglich, dass das im Prinzip insolvente und mit der aktuellen Politik nicht überlebensfähige Italien, bereits im 2-jährigen Bereich noch Geld erhält, wenn jemand seine Schulden kauft (Minusrendite).
Bei den Bundesanleihen weisen schon 95% der Zinspapiere eine negative Rendite aus (Währungskrieg: Eine neue Etappe im kapitalistischen Zusammenbruch).
Großanleger spekulieren mit bis zu 100-jährigen Laufzeiten auf noch höhere Minuszinsen. Reine Kursspekulation als Renditeersatz. Kein Wunder, wenn Experten vor einer Bondblase warnen. So wurde das Zeitalter vom “Zinsende“ eingeläutet. Auch der normale Sparer muss in den kommenden Jahren mit Strafzinsen rechnen. Wie die Anleger dann reagieren, darüber kann nur spekuliert werden.
Welchen Sinn will man uns mit diesem Unsinn einreden? Die Politik glaubt, wenn der Anleger keine Zinsen mehr erhält oder das Halten von Kapital sogar Geld kostet, wird er seine Rücklagen konsumieren. Wer keins hat, wird mit Hilfe von billigen Krediten sich seine Wünsche erfüllen. So will man die Wirtschaft am Laufen halten.
Nach ca. 10 Jahren Aufschwung, getragen auch vom Konsum, ist irgendwann das Geld alle bzw. der Konsument hat alles oder er bekommt von seiner Bank kein Geld mehr, denn die will die Kreditraten ja vom Gehaltskonto abbuchen. Die Verantwortlichen behaupten offiziell weiter, dass der fortwährende Konsum die Inflationsrate auf oder über 2% treiben wird. Hat er auch.
Die Lebenshaltungskosten dürften sogar in Richtung 6% p.a. gestiegen sein. So etwa Mieten, Nahrungsmittel oder Benzin und Strom. Aber die Inflationsrate muss insgeheim deutlich unter 2 bleiben, da sonst immer mehr Anleger die Null-Verzinsung nicht mehr brav akzeptieren würden. Die statistischen Bundesämter dieser Welt „tun alles“, um das Ziel zu erreichen.
Die Überlegung hat aber einen Haken: Es könnte auch das Gegenteil eintreten. Denn auch die Produzenten haben ihre Kapazitäten mittels billiger Kredite ausgeweitet (Negativzinsen und Umverteilung: Bis zur finalen Systemkrise).
Wenn jetzt, vielleicht aus Sättigungsgründen, mehr Waren zusätzlich produziert, wie zusätzlich konsumiert werden, entsteht sogar ein Preisdruck, der den Eindruck der Deflation entstehen lässt. Die Wirtschaftsampeln flackern „gelb“. Die Politik will uns einreden, sie springen wieder auf „grün“. Die Fakten sprechen eine andere Sprache. In der Welt bekämpfen sich die beiden größten Wirtschaftsmächte, im Nahen Osten zündeln USA und Iran an der Lunte und beim Exportweltmeister verdunkeln sich die Lichter.
Kein Wunder: Die „Weltretter“ bekämpfen mit Erfolg, teilweise mit halbwahren Statistiken die Autoindustrie, die immerhin über 20% des BIP erarbeitet.
Die Fahrradindustrie noch nicht einmal 1%. Geschäfte werden noch immer mit dem Auto oder dem Flieger gemacht, nicht mit dem Fahrrad. Wenn VW, Ford, Thyssen, BASF, Bayer oder die Deutsche Bank Stellen abbauen, wird niemand investieren, weil die Kapazitäten aufgrund der Entwicklung dann zu groß sind. Mit allen negativen Folgen für die Zulieferer. Die monatlichen Auftragseingänge liegen zum 8. Mal in Folge im Minus (im Mai -8,6%). Nachtigal,…
Ein weiterer Haken hängt als Damoklesschwert über Klein- und Großanleger: Für den „Kleinen“ erhöht sich die Gefahr der Altersarmut bzw. es wird für ihn schwerer vorzusorgen. Den deutschen Sparern sind schon ca. 700 Milliarden an Zinsen verloren gegangen. Die Zahl wächst weiter (Taumelndes Finanzsystem: Die Manipulation zeigt Folgen).
Irgendwann muss der Lebensstandard reduziert werden. Die „Großen“ wie Lebensversicherungen, Stiftungen oder Pensionskassen können ihre eigentlichen Aufgaben nicht mehr erfüllen. Auch dies bedeutet in vielen Fällen die Erhöhung der Gefahr von Altersarmut. Noch glaubt sich der Bürger finanziell gesichert.
Wie reagieren die Börsen? Die Aktienkurse steigen weiter, obwohl die Wirtschaft schwächelt. Die Edelmetallpreise explodieren. Auch die Immobilienpreise mit samt den Mieten verteuern sich ebenfalls. Der Tanz auf dem Rasiermesser kommt zum Höhepunkt: Am Ende läutet der Kapitalmarkt die Zinswende ein.
Es ist niemand mehr bereit, die Schuldenberge zu null Zins zu finanzieren. Die Zinsen steigen gegen den Willen von Politik und Notenbanken. Jetzt könnten die Volkswirte Friedrich und Weik mit ihrem Buch aus dem Jahr 2014 Recht bekommen: „Der Crash ist die Lösung“.
Inwieweit die Situation noch zu meistern wäre, wenn die Politik wieder in (volkswirtschaftlich) vernünftige Bahnen gelenkt würde, ist sicherlich schwierig einzuschätzen. Aber „weiter so“ macht den Umkehrschwung noch schwieriger bzw. erhöht die Fallhöhe.
Die Politik und Notenbanken jedenfalls scheuen das Risiko vom „Ende mit Schrecken“. Deswegen soll von der Leyen EU-Chefin werden und Lagarde wird oberste EZBler. Letztere hat ja auch in Vergangenheit als Nichtökonomin die Politik Draghis gelobt, während der Top-Ökonom und Bundesbankchef Jens Weidmann diese Politik eher kritisch gesehen hat (Der neuste „Coup“ der EZB: „Helikoptergeld“ für alle).
Einer „geplanten“ Verteuerung der Zinsen steht auch entgegen, dass alle Wirtschaftsregionen eine schwache Währung wollen. Das geht nun mal de facto nicht. Es wird also keine Gewinner der Nullzinspolitik geben: Im Umkehrschluss: Es gibt nur Verlierer („Es geht ums nackte Überleben!“ Börsenlegende warnt vor Mega-Crash).
Die beste Basis ein Krisenszenario einigermaßen zu überstehen, hat wohl der Anleger, der seine eigengenutzte Immobilie schuldenfrei gestellt hat, Qualitätsaktien im Depot hält und einen Anteil (meine Vorstellung: 20%) in Edelmetallen besitzt. Und vor allem: Keine Schuldenpapiere, denn hier drohen Totalverluste.
Literatur:
Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab
Wehrt Euch, Bürger!: Wie die Europäische Zentralbank unser Geld zerstört
Die Nullzinsfalle: Wie die Wirtschaft zombifiziert und die Gesellschaft gespalten wird
Quellen: PublicDomain/mmnews.de am 13.09.2019