Die EZB (Europäische Zentralbank) hat seit geraumer Zeit Minuszinsen für Bankeinlagen durchgesetzt. Nun sollen die Negativzinsen bei zahlreichen Instituten auch an die Bankkunden weitergereicht werden. Dies gilt allerdings nur für die Girokonten.
Sparer mit anderen, längerfristigen Verträgen haben demnach nun andere Probleme – jedenfalls bei der Sparkasse. Dort möchte die Sparkasse die Kunden von langfristigen Prämiensparverträgen aus ihren Verträgen entlassen.
Es geht um die Kunden mit dem „S-Prämiensparen flexibel“ – einem Sparvertrag der Kreissparkasse Stendal, die jetzt vor dem Bundesgerichtshof erfolgreich gewesen ist.
Dabei sollten die Prämien für die Sparer steigen und zwar bis auf 50 % der bis dato – Vertragsende – geleisteten Sparbeiträge. Eine feste Laufzeit war an sich nicht vorgesehen, wobei die Prämien selbst nur bis zum 15. Jahr der Vertragslaufzeit steigen sollten.
Mittlerweile haben gut 40 verschiedene Sparkassen das positive Urteil aufgenommen und entfernen ihre Kunden aus den vertraglichen Verhältnissen. Es ginge um insgesamt 100.000 Verträge, so die Meldungen.
Es ist wahrscheinlich, dass das Ende der Fahnenstange noch nicht gekommen ist – zahlreiche andere Sparkassen werden sich gleichfalls darum bemühen, aus dem jeweiligen Vertrag zu kommen.
Dabei betonen Verbraucherschützer laut „Focus“, die Kunden könnten sich in bestimmten Fällen wehren. Sofern eine Laufzeitvereinbarung existiere, dürften Kunden kündigen.
Zudem würden auch Prämiensparverträge mit Laufzeiten von bis zu 25 Jahren verkauft worden sein. Hier müssten die Prämien entsprechend bis zum 25. Laufzeitjahr verkauft werden, die Höchstprämien müssten dann jeweils zehn Jahre lang weitergezahlt werden.
Nur: Die Diskussion um die Verträge zeigt, wohin die Niedrigzinspolitik der Sparkassen geführt hat. Ein katastrophales Ende droht, denn viele Verträge haben keine konkreten Laufzeiten. Wenn der Rausschmiss also vertragskonform ist, liegt eine weitere Form der Enteignung vor, wie wir sie an dieser Stelle einige Male bereits thematisiert hatten (EZB-Bank zündet letztes Geld-Feuerwerk (Video)).
BGH-Urteil stärkt Position der Sparkassen
Die Geldhäuser begründen den Schritt unisono mit den Null- und Negativzinsen in der Euro-Zone. Darin sehe man einen „sachgerechten Grund“ für die Kündigung, erklärte beispielsweise die Münchener Stadtsparkasse. Das Problem aus Sicht der Sparkassen: Die Zinsen und Prämien, die sie mit ihren Kunden in Prämiensparverträgen vereinbart haben, sind weit höher als die aktuellen Zinsen.
Sparkassen haben wie Volksbanken zuletzt zwar ordentliche Gewinne eingefahren, doch der Druck auf die Zinsmargen dürfte zunehmen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Mitte September den Minuszins zementiert und senkte den Einlagenzins für Banken auf minus 0,5 Prozent, wobei die Geldhäuser durch Freibeträge zumindest ein Stück weit entlastet werden sollen. Sparkassen bieten Kunden zwar vielfach Alternativen an, doch die sind nicht so attraktiv wie Prämiensparverträge.
Rückenwind spüren die Sparkassen durch ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH), nach dem die Kündigung langjähriger Sparverträge unter bestimmten Umständen zulässig ist (XI ZR 345/18). Das oberste deutsche Zivilgericht entschied im Mai, dass bei den strittigen Sparverträgen – in dem Fall von der Kreissparkasse Stendal – ein ordentliches Kündigungsrecht bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe ausgeschlossen ist.
Danach können Geldhäuser die Verträge per Kündigung loswerden. Die Kreissparkasse Stendal hatte diese Frist berücksichtigt. Auch Kunden etlicher anderer Sparkassen hatten wegen der Kündigungen geklagt.
Prämiensparverträge funktionieren in der Regel so: Kunden erhalten neben dem Grundzins auf den insgesamt angesparten Betrag eine Prämie auf die jeweils in einem Jahr eingezahlte Summe – und diese Prämie steigt im Zeitverlauf. Eine feste Laufzeit gibt es nicht. In vielen Verträgen bekommen die Kunden ab dem 15. Sparjahr die höchste Prämienstufe und damit 50 Prozent der in dem Jahr eingezahlten Sparbeträge als Bonus.
Es gibt auch Vertragsvarianten, in denen Kunden erst nach 25 Jahren die höchste Bonusstufe erreichen oder die als höchste Prämie 100 Prozent der im Jahr angesparten Summe vorsehen. Gekündigt haben die Sparkassen immer dann, wenn Kunden mindestens einmal den Topbonus eingestrichen hatten („Es geht ums nackte Überleben!“ Börsenlegende warnt vor Mega-Crash).
Zu niedrige Zinsen gutgeschrieben
Viele Sparkassen haben unbefristete Prämiensparverträge besonders in den 1990er Jahren und oftmals bis vor etwa zehn Jahren verkauft. Sie gelten als typisches Sparkassenprodukt. Auch Volks- und Raiffeisenbanken bieten ihren Kunden Sparverträge an. Diese hätten aber meist eine vereinbarte Höchstlaufzeit der Sonderzinsvereinbarung, erklärte ihr Lobbyverband BVR auf Anfrage. „Daher sehen wir hier keine generelle Übertragbarkeit.“ Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband wollte sich nicht dazu äußern, ob er mit weiteren Vertragskündigungen rechnet.
Verbraucherschützer meinen allerdings, dass die BGH-Entscheidung nicht für alle Prämiensparverträge greift. „Wir sind der Auffassung, dass bestimmte Prämiensparverträge nicht unter das Urteil des BGH fallen“, sagt Ute Bernhardt, Leiterin des Referats Recht der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt. „Dabei geht es um Verträge, in denen steht, dass die Sparkasse die höchste Prämie ab dem 15. Sparjahr zahlt und explizit in den folgenden Sparjahren. In den Verträgen wird die Prämienzahlung bis hin zum 20., 25. oder sogar 99. Sparjahr versprochen.“
Für diese Dauer hätten die Sparkassen auf ihr ordentliches Kündigungsrecht verzichtet, sagt Bernhardt. Sie kritisiert zudem, dass die Geldhäuser ihren Schritt mit den Minizinsen begründen: „Da die Sparkassen das Refinanzierungsrisiko tragen, rechtfertigt die Niedrigzinsphase allein auch keine außerordentliche Kündigung.“
Streit um Prämiensparverträge gibt es auch noch an anderer Stelle: Verbrauchern seien unter anderem bei diesen Sparverträgen seit Jahren zu niedrige Zinsen gutgeschrieben worden, „weil einige Kreditinstitute den Zinssatz in unzulässiger Weise reduzieren“, kritisieren die Experten der Verbraucherzentrale Bundesverband. Oftmals seien Zinsänderungsklauseln enthalten, die der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht standhielten. „Das Verfahren der Zinsänderung muss transparent und nachvollziehbar sein.“
Die Verbraucherzentrale Sachsen hat deshalb eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig vor dem Oberlandesgericht Dresden eingereicht. Musterfeststellungsklagen gibt es erst seit 2018. Mit ihrer Hilfe können Verbraucherschützer stellvertretend für viele Betroffene gegen ein Unternehmen klagen.
Die Verbraucher selbst tragen dabei zunächst kein finanzielles Risiko. Sie können sich, wenn die Klage eingereicht wurde, dieser anschließen. Allerdings geht es in dem Verfahren nur um die Sparkasse Leipzig.
Das Geldhaus wehrt sich gegen den Vorwurf. Es geht davon aus, dass es eine „transparente und sachgerechte und den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung genügende Zinsanpassungsklausel umgesetzt und angewandt“ habe, die deshalb auch wirksam sei. Auch andere Sparkassen verweisen darauf, dass sie die Zinsen ihrer Ansicht nach korrekt berechnet haben (Zins pervers bis zum Totalverlust: EZB erhöht Minuszins, Euro stürzt ab).
Sparkassen erzielen hohe Zinsüberschüsse – und kündigen trotzdem Sparverträge
Wie die „Bild“ in einem Report enthüllt, steigen die Jahresüberschüsse der Banken und die Zinsgeschäfte laufen auch blendend. So erzielte zum Beispiel die Flensburger Bank 2018 mit Zinsgeschäften 105,3 Millionen Euro. 2017 waren es sogar 106,8 Millionen Euro.
Trotz Gewinne müssen Kunden für die miese Zinsklage zahlen und zwar Strafzinsen. So erhebt beispielsweise die Sparkasse Hannover Strafzinsen von -0,5 Prozent, obwohl sich der Zinsüberschuss 2018 im Vergleich zum Jahr 2017 nicht verändert hat.
Außerdem müssen Sparer weiterhin hohe Dispozinsen zahlen. Bei der Sparkasse Bremen sind es 11,96 Prozent. Das heißt Kunden bekommen wenig Zinsen und müssen dafür auch noch mehr zahlen. Und die Vorstände profitieren von der Zinslage.
Sie streichen hohe Gehälter ein, wie die Vorstandsmitglieder der Hamburger Sparkasse. 2018 bekamen sie zehn Prozent mehr Gehalt als noch 2017 (Negativzinsen und Umverteilung: Bis zur finalen Systemkrise).
Kritik für Vorgehen der Sparkassen von der FDP
Für diese Praktiken hagelt es jetzt Kritik. So sagte Gerhard Schick, Vorstand von „Finanzwende“: „Auf der einen Seite horrende Vorstandsgehälter und immer noch Gewinne, auf der anderen Seite sparerfeindliche Kündigungen und extrem hohe Dispozinsen.
Das passt nicht zum gesetzlichen Gemeinwohlauftrag der Sparkassen.“ Auch FDP-Bankenexperte Florian Toncar findet die Kündigungen nicht fair. „Das sollte auf keinen Fall Schule machen.“
Literatur:
Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab
Wehrt Euch, Bürger!: Wie die Europäische Zentralbank unser Geld zerstört
Die Nullzinsfalle: Wie die Wirtschaft zombifiziert und die Gesellschaft gespalten wird
Quellen: PublicDomain/watergate.tv/news.de/handelsblatt.com am 29.09.2019
Raffgierige Bankster, Versicherungzombies und Anwälte sind ein grosses Übel auf diesem Planeten !
Jedenfalls zu 99% vermute ich mal.
Traue niemals Leute mit Schlips und Kragen und auch Männer die freiwillig rosa Hemden tragen !
Die machen ein auf Seriös und Vertraulich, sind aber Wölfe im Schafspelz !!!