Samen, Keimlinge, Pflanzen, Blüten, Früchte, Ernte, Lagerung, Verzehr und Samengewinnung – das ist die Abfolge, wenn es darum geht, Obst und Gemüse zum Genießen anzubauen. Durch den Kauf von Lebensmitteln steigt man für gewöhnlich in diese Ereigniskette erst bei der Lagerung ein und beim Genuss auch schon wieder aus.
Ein Abhängigkeitsverhältnis, das die Herkunft und somit meist Details über den Anbau und die Qualität dieser verschleiert. Das mag nur ein Grund sein, warum Eigenanbau bzw. Selbstversorgung eine Alternative sind.
Denkt man an „Selbstversorgung“, so schwingt auch anderes mit: Ausstieg, Rückzug, Neuanfang – allesamt Begriffe, die der Selbstversorgung von früher her anhaften. Doch die Selbstversorgung des 21. Jahrhunderts sieht anders aus: Gemeinschaftsgärten, Foodcoops (Lebensmittelkooperativen), Crowdfunding-Projekte usw. machen sie auch für Menschen, die in Städten leben, möglich. Ihr denkt nicht?
Bereits der Bezug einer Gemüsekiste ist Teil der gelebten Selbstversorgung und ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit von der Lebensmittelindustrie.
Andrea Heistinger beschäftigt sich in ihrem Buch „Basiswissen Selbstversorgung aus Biogärten“ mit der Frage nach der Sehnsucht, die uns dazu bringt, über eine kleine Versorgungsoase, selbst gezogene Karotten oder frisch gepflückte Kräuter aus dem eigenen Beet nachzudenken. Und sie kommt zum Schluss, dass wir nicht nur einen guten Grund, sondern allen guten Grund dazu haben, dieser Sehnsucht nachzugeben.
Alle folgenden Auszüge stammen aus dem Kapitel „Warum Selbstversorgung?“:
Sehnsucht Selbstversorgung
Für viele ist Selbstversorgung ein Schlagwort, ein Sehnsuchtsbegriff, eine Art Gegenentwurf zu einem Leben geworden, das sich zum Großteil und für die meisten von uns in geschlossenen Räumen, digitalen Arbeitswelten und im urbanen Umfeld abspielt.
Unser Essen kommt mehr denn je aus anonymen Kontexten, trotz unzähliger Labels und aufwendiger Etikettierung sind weder die Produktionsbedingungen noch die Herkunft von Lebensmitteln nachvollziehbar, geschweige denn unmittelbar erfahrbar.
So wird ein Garten, in dem zumindest ein Teil der Lebensmittel direkt angebaut und geerntet werden kann, für viele zum Symbol eines Gegenentwurfs zu einem überregulierten, durchgetakteten und allzu oft abgehetzten Leben.
Erfahrungen sammeln
Einfach mal loszugärtnern, das geht eben gar nicht so einfach – außer man hat von Anfang an einen wirklich ertragreichen Gartenboden und kann sich dem Anbau mit der dafür nötigen Zeit widmen. Es besteht ein großer Unterschied dazwischen, ein paar frische Kräuter oder Tomaten zu ernten und darin, das eigene Leben und das der Familie tatsächlich an der Selbstversorgung auszurichten oder gar Bienen oder Hühner zu halten.
Es ist ein Unterschied, ob man im Garten einige Kartoffeln erntet, oder ob man diese so anbauen (und auch lagern) kann, dass man sich verlässlich damit über das ganze Jahr versorgen kann.
Abhängigkeiten umwandeln
Selbstversorgung aus dem Garten: Das heißt arbeiten und das heißt ernten. Das heißt unabhängig sein von einer Versorgung durch einen anonymen Markt, aber abhängig sein vom Zugang zu einem Stück Boden (im Idealfall einem Stück guten Boden), abhängig zu sein von den eigenen Fähigkeiten, vom Zugang zu Saatgut, vom Wetter und von Umwelteinflüssen und abhängig zu sein von Netzwerken, die Selbstversorgung ermöglichen.
Selbstversorgung versus Fremdversorgung
Global-historisch betrachtet leben wir in Mitteleuropa – sowie im Rest der industrialisierten Welt – in den letzten 50 Jahren in einer absoluten Ausnahmesituation, die so in der Geschichte der Menschheit einzigartig ist: Noch nie zuvor mussten Menschen so wenig darüber wissen, wie Kulturpflanzen und Nutztiere heranwachsen. Wir werden satt, ohne uns mit der Frage auseinanderzusetzen, wie das, was wir zum Essen brauchen, auf unsere Teller kommt.
Wir werden satt, ohne selbst Getreide und Gemüse anzubauen, Tiere zu füttern, Beeren oder essbare Wildpflanzen zu sammeln. Wir werden sogar dann noch satt, wenn wir niemand kennen, der das kann und tut. Wir können uns den Versorgungsketten der globalen Food-Industrie anvertrauen. Die Frage ist „nur“ noch, wie wir zum Supermarkt kommen und wann er geöffnet hat.
Diese Ausnahmesituation können wir als Luxus begreifen oder als absurd, als besondere Verantwortung oder als besondere Verantwortungslosigkeit. Wie auch immer wir sie wahrnehmen – ob als Fluch oder als Segen – es ändert nichts daran, dass diese Unfähigkeit der Selbstversorgung – oder positiv formuliert, die Möglichkeit der Nicht-Selbstversorgung – eine globalhistorische Ausnahme ist. Eine Ausnahme, die voraussichtlich auch wieder ein Ende haben wird, über kurz oder lang.
Kurz kann in ein paar Jahren bedeuten, lang in den nächsten 20, 30, 40 oder 100 Jahren. Ein Prophet wäre, wer das genau voraussagen könnte. Was wir allerdings wissen, ist, dass Ausnahmen einen Anfang und ein Ende haben und es scheint mehr als vernünftig zu sein, sich die Fähigkeiten der Selbstversorgung – individuell und kollektiv – Schritt für Schritt wieder anzueignen.
Regionalität leben
Die letzten Jahrzehnte waren in Mitteleuropa von einem massiven Rückgang der Landwirtschaft geprägt. In Österreich schlossen im Jahr 2017 sechs (!) Höfe pro Tag. Die landwirtschaftliche Gesamtfläche ist in Österreich zwischen 1999 und 2013 um fast 20 % zurückgegangen, die Zahl der landwirtschaftlichen und gärtnerischen Betriebe hat im gleichen Zeitraum um fast 25 % abgenommen.
In zentrumsnahen Regionen wachsen die Speckgürtel um die Städte, in peripheren Regionen wird aufgeforstet. Auch das sind Zahlen und Dimensionen, die hinter der neuen Sehnsucht nach Selbstversorgung stecken.
Während die einen nicht mehr von der Arbeit in der Landwirtschaft leben können, steigt die Sehnsucht der anderen nach frischen, regionalen Lebensmitteln. Die Situation scheint geradezu paradox. Der Wunsch nach mehr Regionalität steht in einem krassen Gegensatz zur Realität. Die Region hat kaum mehr Bedeutung, bei dem, was in den Einkaufskörben landet.
Während Supermarktketten gerade mit den wenigen Produkten aus ihrem Sortiment, die aus der jeweiligen Region stammen Werbung machen, kommt de facto nur ein kleiner Teil tatsächlich aus der Region, in der die Menschen einkaufen: So offenbarte eine im Jahr 2016 veröffentlichte Studie, die die Stadt Freiburg im Breisgau in Auftrag gegeben hatte, dass nur rund 8 % des Obstes und 13 % des Gemüses, das in Freiburg gegessen wird, aus der Region selbst stammen.
Über alle Produktgruppen hinweg wurde ein Anteil von etwa 20 % errechnet. Eine erstaunlich geringe Quote für eine Region, in der eigentlich alles gedeihen würde, was die Menschen an Lebensmitteln brauchen.
Selbstversorgung wieder neu lernen
Die meisten Menschen können sich wohl gegenwärtig gar nicht vorstellen, wie Selbstversorgung funktionieren könnte, und es ist wohl tatsächlich so: Es braucht viele Ansätze und unterschiedliche Konzepte. Neue Techniken, die an Bewährtes – das vielerorts ganz oder beinahe in Vergessenheit geraten ist – anknüpfen und diese weiterentwickeln. Auch wenn es für viele von uns unvorstellbar scheint: Vor 50 Jahren mussten Menschen neu lernen, dass man Lebensmittel im Supermarkt kaufen kann! Innerhalb der letzten 50 Jahre ist dies für die allermeisten Menschen selbstverständlich geworden.
Etwas anderes scheint für die allermeisten nicht vorstellbar – oder gar wünschenswert – zu sein. Paradoxerweise eint dies Menschen in der Stadt und auf dem Land, Banker und Bauern, Frauen und Männer, Jugendliche und RentnerInnen: Die Fähigkeit, sich und seine unmittelbare Gemeinschaft mit den Lebensmitteln, die wir täglich brauchen, versorgen zu können, ist so weit verkümmert, dass die meisten nicht mehr erkennen, ob eine Landschaft fruchtbar ist oder nicht; keine Reaktion mehr zeigen, wenn es im Frühling oder Sommer wochen- und monatelang nicht regnet, wenn Tiere zu zehntausenden in dunklen Ställen zusammengepfercht werden und das Fleisch dieser Tiere dann auf unseren Tellern landet.
Der Landbau und das Halten von Nutztieren sind uns völlig fremd geworden. So fremd, dass wir sie als ferne, exotische Traumbilder neu zu inszenieren versuchen. Für viele ist die Idee der „Selbstversorgung“ zu einem Wunschbild, zu einer Sehnsucht geworden, zu einem „Experiment“ oder einem „Projekt“. Vielleicht gespeist aus dem alten menschheitsgeschichtlichen Wissen, dass für sich sorgen zu können (gemeinsam mit anderen) eine der Urbedingungen unseres Menschseins ist. Unser Körper braucht Nahrung. Und zwar nicht irgendwelche, sondern nur die, die ihm guttut (Alte Saat: Darum müssen wir sie bewahren (Videos)).
Bio-Gärten als Anfang und Ausweg
Egal, ob Du dich mit richtigen Pflanzabständen bei Stangenbohnen beschäftigst, damit, wie man Kürbisse richtig lagert oder mit der Frage, wie du mit deinem Finanzkapital einem landwirtschaftlichen Betrieb oder einer Gärtnerei ermöglichen kannst, professionell Bio-Gemüse anzubauen und zu lagern.
Egal, ob du mehr essbare Nutzpflanzen in deinem eigenen Garten anbauen, oder Bäuerinnen und Bauern aus deiner Umgebung ermöglichen möchtest, dies zu guten Bedingungen zu tun. Stets geht es um dasselbe: Die Versorgung mit gesunden, schmackhaften und bekömmlichen Lebensmitteln zu sichern. Das heißt, sie wieder unmittelbarer, überschaubarer zu machen und in konkreten Beziehungen zu gestalten.
Zurück zur Gemeinschaft
Die alte bäuerliche Welt funktionierte als innerhäusliche Versorgungsgemeinschaft mit konkreten, verbindlichen Austauschbeziehungen nach außen. Auch wenn wir gegenwärtig in anderen Lebensformen und -gemeinschaften leben, die Selbstversorgung des 21. Jahrhunderts braucht in ihrer Gesamtheit wieder vielschichtige Versorgungsgemeinschaften und soziale Netzwerke: So sind in den letzten Jahren an vielen Orten – und miteinander gut vernetzt – viele neuere gemeinschaftsgetragene Formen der Selbstversorgung entstanden. Die meisten sind zunächst an einem konkreten Ort von einer Gruppe unterschiedlicher Menschen entwickelt und in die Tat umgesetzt worden.
Andere Menschen haben an diesen konkreten Beispielen gelernt und sie dann – meist in adaptierter Form – in der eigenen Region umgesetzt und weiterentwickelt und an die eigenen Anforderungen und Gegebenheiten angepasst (Saatgut wie in alten Zeiten: Mit dieser Liste schlagt ihr Monsanto und Co. ein Schnippchen).
Die Bedeutung von Sortenvielfalt in der Selbstversorgung
Extrem wichtig für die Selbstversorgung ist die Artenvielfalt: Möglichst viele und unterschiedliche Kulturarten anzubauen ermöglicht die vorhandene Fläche gut auszunutzen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu ernten. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Regionen – vor allem in Abhängigkeit von der Höhenlage – ,was tatsächlich alles wachsen und reifen kann.
So wurden in den letzten 200 Jahren Kartoffeln gerade im Berggebiet zu einem wichtigen Grundnahrungsmittel, weil sie eine kurze Kulturdauer haben und gleichzeitig gut lagerbar sind. Dasselbe gilt auch für andere, neuere Kulturpflanzen, die bereits als „traditionell“ erlebt werden, wie den Kürbis. Die Erfahrungen vieler Menschen, die Beiträge zu diesem Buch geleistet haben, zeigen aber, dass es unzählige weitere Möglichkeiten gibt, Kulturarten auch in Regionen mit kürzerer Vegetationszeit ertragreich anzubauen (Kleingärtner als Schwerkriminelle: 25.000 Euro Strafe für den Anbau alter Obst- und Gemüsesorten (Video)).
Samen sichern die Zukunft
Samenfeste Sorten sind eine wichtige Grundlage für Selbstversorger-Gärten. Zu Beginn der 1990er Jahre war die zentrale Ursache für die Gründung des Vereins Arche Noah, dass samenfeste Sorten, die sich in den Gärten bewährt hatten, von den Zuchtfirmen nicht mehr angeboten wurden.
Bäuerinnen und Bauern, Selbstversorger-Gärtnerinnen und -Gärtner schlossen sich damals zusammen, um einzelne Sorten in ihren Gärten zu vermehren und das Saatgut untereinander auszutauschen. Dies gelingt nur mit nachbaufähigen Sorten. Samenfeste Sorten können sich auch den verändernden Umweltbedingungen anpassen und sich weiterentwickeln. Auch darum sind sie so wichtig.
Mit dem eigenen Anbau und der selbstständigen Vermehrung von Obst und Gemüse kann ein wesentlicher Schritt in Richtung Rückbesinnung auf natürliche Lebensmittel-Kreisläufe gesetzt werden. Und das Tolle daran: Selbstversorgung kann ein Jeder!
Literatur:
Frisches Gartengemüse auch im Winter: Anbau und Ernte 40 ausgewählter Kulturen
Meine kleine Farm: Anleitung für Selbstversorger
Quellen: PublicDomain/loewenzahn.at am 07.05.2019
Ich bin so gut wie ein Selbstversorger, aber die Menschen in einer Großstadt haben absolut keine Chance Selbstversorger zusein !
Daher bin ich froh das ich in einer Kleinstadt (ca. 13.000 Einwohner) lebe und die Möglichkeit habe einen großen Garten zuhaben, und ich nutze immer die Saat von meinen Pflanzenund kein genmanipulierten Dreck !
Ich nutze auch kein gekauften Chemie-Dünger, ich stelle mein eigenen Dünger mit den Überesten der Ernte, entweder wird es Kompostiert oder Untergegraben.
Aber das hat ja mit ARBEIT zutun und daher kaufen die Menschen sich ein Dreck aus irgendwelchen Läden und wissen eigentlich nicht was die da verwenden.
Dabei ist es ein sehr gutes Gefühl wenn man dann erfolgreich ernten kann nach der Hege und Pflege der Pflanzen.
🙂
Leider geht ein solches Wissen langsam aber sicher verloren solange es Werbung gemacht wird für eine möchtegerngute Ernte mit den prodokten aus der Chemieindustrie !!!
Ich bin kein Selbstversorger,da man auch schon so wenig Freizeit hat.
Man muss auch ein begeisterter Gärtner sein.
Ich könnte anbauen GRundstück ist groß,aber viel Arbeit auch schon so.
Ich habe Respekt vor Menschen die noch nebenbei Selbstversorger sind.
Ich kaufe nur Bio Produkte, aber auch da ist meist kein Bio drin leider.
Eine Bekanntin von mir die studiert ,hatte damals nebenbei in einer Firma gearbeitet um Ihr Studium zu finanzieren, die stellen Bio Produkte her und die durfte einiges kostenlios mitnehmen und sie gab mir etwas mit voll nett.
Sie hat die Herstellung miterlebt und da werden tatsächlich keine Zusätze verwendet.
Es schmeckt ganz anders. Rohrzucker,Müslis,Porridge und Produkte die man schnell kochen,Chia desserts und Chia Samen usw. alles 100% Bio.
Manches schmeckte mir nicht,da man ja schon zu extrem an die Zusatzstoffe drangewöhnt ist.
Ansonsten 3 mal in der Woche Fleisch.
Immer frisch kochen.
Kaufe Ich mein Gemüse auf einem Wochenmarkt,bei guten Bekannten und nur bei Bauern die Ich kenne denen man vertrauen kann um halbwegs gesund.
wenig Süssigkeiten ist aber nicht immer einfach als junger Mann.
dunkle Schokolade.
Nüsse,Cashews sind guter Ersatz.
Stevia,statt Zucker, Kurkuma,Quinoa.
Bio Kakao.
https://www.scinexx.de/news/biowissen/gift-gemuese-aus-dem-eigenen-garten/
Der Selbstversorger ist trotzdem an Supermärkten gebunden,denn man kann ja nur in bestimmten Jahreszeiten anbauen und abbauen.Wenn man komplett macht,dann hat man ja nur noch zu tun.gut ich backe mein Brot selbst.Viele gehen arbeiten und haben Familien etc., also nicht so leicht. Wer aus dem System aussteigt ja der kann so leben.Man eröffnet sich gleich einen Bauernhof.Kosten sehr hoch. Mein Opa ist in der Wolgarepublik geblieben damals in Sibirien,weil er wollte nicht nach Deutschland einwandern.Er war sogar Bürgermeister und er ist in Rente und in Russland hat er einen eigenen Hof und Bienen etc. Seine Produkte 100% Natur pur.Jetzt lebt er in Kalingrad mit meiner Oma und hat dort wieder einen Hof.Die Produkte köstlich und frisch.
Dann müsste man so leben.