„Gescheiterte Globalisierung“: Warum Italien bald die EU verlassen könnte

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Aktuelle Krisen in der Euro-Zone – siehe Italien – sind auf Grundfehler der europäischen Währung zurückzuführen. Das haben die Ökonomen Paul Steinhardt und Heiner Flassbeck bereits 2018 in ihrem Buch „Gescheiterte Globalisierung“ festgestellt. „Der Euro könnte Italien in den Abgrund reißen“, erklärt Autor Steinhardt.

„Für uns ist Globalisierung ganz klar eine gewisse Politik, die man zusammenfassen kann unter dem Schlagwort ‚Befreiung der Märkte von allen möglichen Fesseln‘“, erklärte Buchautor und Ökonom Paul Steinhardt, Volkswirt beim Wirtschafts-Fachmagazin „Makroskop“.

Es gehe bei der Globalisierung weltweit darum, kapitalistische Konzepte, Konzerne, internationale Unternehmen und Geldströme in der Finanzbranche von möglichst vielen Sachzwängen sowie von gesetzlichen, politischen und rechtlichen Kontrollinstanzen zu befreien. Die Globalisierung komme demnach nur einer kleinen Finanz-Elite zugute.

Dies habe sich erschöpft, stellen Steinhardt und Heiner Flassbeck in ihrem Buch „Gescheiterte Globalisierung: Ungleichheit, Geld und die Renaissance des Staates“ analytisch fest. Der Co-Autor gab im Interview zu bedenken, dass es „viele Definitionen von Globalisierung“ gebe.

„Darum reden viele Leute auch beim Thema aneinander vorbei.“ Aber sein Buch fokussiere sich auf den handels- und geldpolitischen Aspekt der Globalisierung.

Die EU als „Blaupause für Globalisierung“

„Wenn man sich das genau anschaut, sind die Schritte, die in der EU mit der europäischen Währungszone unternommen worden sind, die Blaupause für das, was wir im Buch als Globalisierung beschreiben“, so der Wirtschaftswissenschaftler aus Wiesbaden.

Bei der Einführung des Euro – 1999 als Buchgeld, 2002 als Bargeld – habe Brüssel nicht darauf geachtet, ob tatsächlich alle Euro-Staaten über gleiche ökonomische Grundvoraussetzungen für die Einheitswährung verfügen. Dies sei nie der Fall gewesen. Daher würden in Schieflage geratene EU-Mitglieder wie Griechenland, Italien oder Portugal heute so kriseln.

Die Folge dieser Euro-Politik: Die Ungleichheit in Europa zwischen den einzelnen Ländern nehme dramatisch zu. „Das ist ein wichtiger Indikator. Wer die Frage der Handelsungleichgewichte nicht adressiert, der braucht über andere Fragen der Globalisierung gar nicht reden.“ (Deutschland, das Armenhaus von Europa: Warum die Nullzinspolitik der EZB Deutsche besonders hart trifft)

„Euro verhindert starke Handelspolitik der EU-Staaten“

Diese Handelsungleichgewichte seien „Ausdruck dafür, dass wir ein Währungssystem haben, das verhindert, dass gewisse Länder durch eine Unterbewertungsstrategie Vorteile erzielen möchten.“ Sprich: Das Euro-System verhindere praktisch die Durchsetzung einer konzentrierten Handelspolitik für ein betreffendes Land. Er bezog sich damit auf die Tatsache, dass vor der Euro-Einführung die europäischen Regierungen mit einer Auf- oder Abwertung ihrer jeweiligen Landeswährung den Handel beeinflussen konnten (Hauptweg zu den Verei­nigten Staaten von Europa: Das erklärte Kriegsziel ist Deutschland!).

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In der Regel werden beispielsweise Exporte für ausländische Käufer billiger, wenn die eigene Nationalwährung „schwächer“ im Kurs ist, also abgewertet wird. Dies kann zu einem Export-Boom führen. „Das Ausgleichsventil der Auf- oder Abwertungen gibt es seit dem Euro nicht mehr“, kritisierte Steinhardt.

Leidtragende seien große Industrienationen „wie Frankreich oder Italien. Die geraten automatisch ins Hintertreffen. Dann braucht man sich nicht wundern, was mit weniger entwickelten Industrieländern ist. Wenn wir nur mal die EU nehmen, was in Griechenland passiert.“ (EU-Parlament: Zum Schluss noch eine kleine Manipulation)

„Kluge Autoren“

Bevor „ganz große philosophische“ Diskussionen über Globalisierung geführt werden können, „müssen wir uns einfach anschauen, wie eine Marktwirtschaft funktioniert und welche Probleme es in den internationalen Handelsströmen gibt“, forderte er. Diese Problemkonstellation zeichne das Buch anhand des Euro-Systems nach.

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„Flassbeck und Steinhardt sind in der wirtschaftspolitischen Diskussion keine Unbekannten“, kommentierte das außenpolitische Fachmagazin „WeltTrends“ in einer Buchbesprechung im Januar. „Flassbeck war lange Zeit beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, kurze Zeit Staatssekretär unter Lafontaine und später Chefvolkswirt der UNCTAD (Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung). Co-Autor Steinhardt arbeitete in Leitungspositionen für verschiedene Banken.“ Es brauche heutzutage „mehr denn je kluge wirtschaftspolitische Steuerung.“ In dem Buch würden die Autoren staatliche Geldpolitik „neu definieren“ (EU: Angriff auf unsere Freiheit – „Europa noch nie in so großer Gefahr“).

Folgt Italien dem „Brexit“?

Diese nicht zielführende Strategie Brüssels „kann sich vielleicht Deutschland erlauben“, so Wirtschaftswissenschaftler Steinhardt. Aber alle Länder innerhalb der Euro-Zone können sich das nicht leisten. Das ist das Grundproblem an der EU oder an der Euro-Zone.“

Der Makro-Ökonom ist „absolut davon überzeugt, dass die europäische Währungsunion in der jetzigen Form zusammenbrechen wird. Die wird nicht aufrecht zu halten sein.“ Die Frage sei nur: Welche Euro-Regierung geht diesen Schritt zuerst? „Die Chance, dass Italien den Ausstieg – in welcher Form auch immer – unternimmt, ist relativ groß.“

Aber eben nicht aus populistischen Gründen, sondern weil „viele Ökonomen in Italien das Problem verstehen.“ Italien werde – ähnlich dem „Brexit“ – in „den nächsten vier Jahren die EU verlassen“, prognostizierte er. Die italienische Wirtschaft stagniere seit 1996. Obwohl sich Rom seitdem „sklavisch an die Maastricht-Regeln der EU“ halte. Gebracht habe es aber nichts (Der Euro zerstört Europa und unseren Wohlstand! (Videos)).

Wege aus der Globalisierungs-Falle

„Sie müssen zunächst mal den Euro abwickeln und zurück zu nationalen Währungen“, benannte Steinhardt einen Lösungsvorschlag für Staaten, um aus der „Globalisierungs-Falle“ herauszukommen. „Und dann müssen sie sich überlegen: Wie können wir dieses Währungssystem so gestalten, dass dieser Ausgleichsmechanismus gegeben ist.“

Den 1944 geschaffenen Internationalen Währungsfonds (IWF) als Ausgleichsinstrument zur Steuerung der Weltwährungen nannte der Ökonom einen „historischen Versuch“, der in der Praxis letztlich nicht funktioniere.

„Der Währungsmarkt allein kann das Problem nicht lösen, der treibt zu massiven Übertreibungen.“ Daher benötige auch die EU „irgendeine Art von Mechanismus“, um Währungsschwankungen, Handelsprobleme und damit zusammenhängende Fragen kontrollierend zu klären. Um die Folgen der ungebändigten Globalisierung politisch abzufedern („Geheimvertrag“ von Aachen: Der Anfang vom Ende der EU?).

Literatur:

Die Unersättlichen: Ein Goldman-Sachs-Banker rechnet ab

Wehrt Euch, Bürger!: Wie die Europäische Zentralbank unser Geld zerstört

Der Weg ins Verderben: Wie die Eliten die nächste Krise vorbereiten und wie Sie sich davor schützen können

Die Angst der Eliten: Wer fürchtet die Demokratie?

Quellen: PublicDomain/de.sputniknews.com am 19.03.2019

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