China baut auf dem internationalen Finanzmarkt Alternativen zum US-Dollar und den USA auf. Ein Beispiel dafür ist die Einführung der ersten Rohöl-Terminkontrakte in Yuan an der Shanghaier Börse. Auch westliche Länder realisieren, dass die größte Finanzblase der US-Dollar selbst ist.
Jüngst prognostizierten Sie einen sich anbahnenden Währungskrieg. Können Sie bereits ernsthafte Entwicklungen in diese Richtung ausmachen?
Hierbei ist es wichtig, kurz die zwei wichtigsten Formen eines Währungskriegs zu definieren. Die eine ist die beständige Abwertung der eigenen Währung durch die jeweilige Zentralbank mit dem Ziel, insbesondere die eigene Exportindustrie und damit verbunden ihre Wettbewerbsfähigkeit künstlich zu schützen.
Dadurch erhoffen sich die staatlichen Zentralplaner, die im Inland produzierten Produkte im Ausland kostengünstiger zu verkaufen. Selbstverständlich ist dies reine Augenwischerei und beinhaltet in erster Linie eine massive Vermögensumverteilung innerhalb des jeweiligen Landes.
Die Dummen sind insbesondere die Sparer und diejenigen, die ein fixes Salär oder Rente erhalten, und die Gewinner, abgesehen der Exportindustrie, sind diejenigen, die in Schulden schwimmen und diese aufgrund der Währungsabwertung zukünftig quasi günstiger zurückzahlen können.
Diese Art des Währungskrieges hat insbesondere in den vergangenen zehn Jahren eine massive Währungsabwertung in allen wichtigen Währungen zur Folge. Gleichzeitig wäre es ersichtlich, dass es eine koordinierte Abwertung der Zentralbanken darstellte, um die globale Schuldenkrise mit zusätzlichen Schulden zu bekämpfen.
Das Ziel dieser Aktion war, die Finanzmärkte und Vermögenswerte künstlich aufzublähen, damit die bevorstehende Korrektur hinausgezögert wird.
Allerdings ist diese Form der Währungspolitik grundsätzlich dasselbe wie das, das Simbabwe gemacht hat. Dort wurden die Menschen innerhalb kurzer Zeit zu Milliardären. Allerdings hat ein Ei dann auch Milliarden von Simbabwe-Dollar gekostet.
Grundsätzlich sollte jeder für sich überlegen, ob die Schwächung/Abwertung der eigenen Währung sinnvoll ist und es die Menschen im jeweiligen Währungsraum reicher macht oder nicht. Die Geschichte zeigt allerdings, dass dieses Rezept letztendlich in die Hyperinflation führt und somit zur vollständige Zerstörung der Währung.
Die zweite Form des Währungskrieges, welche sich im Aufbau befindet, ist neu und zumindest seit Bretton Woods nicht mehr vorgekommen. Die wenigen Nationen, die vorher versucht haben, den US-Dollar als Welthandelswährung in Frage zu stellen, und beispielsweise ihr Öl in einer anderen Währung als den US-Dollar handeln wollten, erlitten ein trauriges Schicksal.
Nun scheinen die Chinesen am Zug zu sein, und die offizielle Ankündigung von Ende März, erste Rohöl-Terminkontrakte in Yuan an der Schanghaier Börse einzuführen, welche es ermöglichen Öl in Renminbi und nicht in US-Dollar zu handeln, ist ein starkes Signal der Chinesen im Ringen um internationale Anerkennung und in ihrem Bestreben, das heutige globale US-Dollar-Monopol aufzubrechen – es ist aus meiner Sicht eine direkte Attacke der Chinesen auf die Weltreservewährung US-Dollar.
Darüber hinaus bietet der durch Gold gedeckte Petro-Yuan auch einen „Ausweg“ für sanktionierte und sanktionsbedrohte Länder, die derzeit auf den US-Dollar angewiesen sind, wie zum Beispiel Russland, der Iran oder Venezuela.
Insgesamt macht der Yuan zwar immer noch weniger als drei Prozent des internationalen Handels aus, doch kann die Abwicklung von Ölkontrakten in Yuan ein bedeutender Schritt zur Förderung der Verwendung der chinesischen Währung im Welthandel sein und schließlich eine ernsthafte Herausforderung für den US-Dollars darstellen, was zweifellos eines der wichtigsten langfristigen Ziele dieses Landes ist (Dollar-Dominanz schwindet: Finanzeliten in Alarmstimmung).
Gibt es Sektoren, wo die Chinesen die USA schon hinter sich gelassen haben?
Die Chinesen sind bereits heute die größten Rohstoffhändler – und im Jahr 2017 übertraf China mit 9,05 Millionen Barrel pro Tag auch die USA als weltweit größter Ölimporteur. Inzwischen sind die US-Importe von 9,24 Millionen 2010 auf 7,33 Millionen 2017 zurückgegangen.
Hinzukommt der Gold Trading Hub in Schanghai, der in Renminbi abgewickelt wird und es ermöglicht, Renminbi in Gold zu tauschen. Dies zeigt, dass China das Vertrauen in die eigene Währung stärken will, globale Ambitionen hat und gleichzeitig ihr Dollar-Risiko zu verringern beabsichtigt.
Was bedeuten die ambitionierten Pläne Chinas für den Weltmarkt?
So gesehen, hat der Petro-Yuan ein weitaus größeres Potenzial, die globalen Märkte durcheinanderzubringen, als viele zugeben würden. Einige der Hauptakteure auf dem Ölmarkt akzeptieren bereits die Verwendung des Yuan zur Abwicklung von Erdölgeschäften.
Russland, der größte Erdölproduzent der Welt, hat die Abkehr vom US-Dollar begrüßt. Gazprom, der drittgrößte Erdölproduzent in Russland, hat bereits den Wechsel vom US-Dollar zum Yuan und anderen asiatischen Währungen vollzogen.
Eine zunehmende Ausbreitung der chinesischen Währung könnte auch Teil der „One Belt One Road“-Initiative von Präsident Xi Jinping sein, was den US-Dollar als Reservewährung der Welt weiter verdrängen würde.
Es wird immer wieder behauptet, dass die USA mitverdienten, ohne selbst involviert zu sein, solange die internationale Leitwährung der US-Dollar bleibt. Können Sie erklären, wie das in der Praxis funktioniert?
Der US-Dollar wurde 1944 in Bretton Woods zusammen mit Gold zur globalen Leitwährung ernannt. Dies bedeutete, dass die USA anstelle von Gold mit frisch gedruckten US-Dollarnoten bezahlen konnten und die ausländischen Zentralbanken allerdings jederzeit die Möglichkeit hatten, ihre Dollar zu einem Fixkurs von 35 US-Dollar pro Unze in Gold in den USA einzutauschen.
General de Gaulle bezeichnete es damals als ein „exorbitantes Privileg“, da es den Amerikanern die Möglichkeit eröffnete, reale Güter und Dienstleistungen in US-Dollar einzukaufen, die sie einfach aus heiterer Luft drucken konnten.
Die USA konnten somit konsumieren und das Ganze in Papierdollar bezahlen. Dies ist auch der Grund, weshalb heute 65 Prozent sämtlicher Währungsreserven der weltweiten Zentralbanken in US-Dollar gehalten werden. Allerdings verstehen einige Länder, dass sie auf einer tickenden Zeitbombe sitzen, da der US-Dollar wie alle anderen Währungen in Richtung ihres inneren Wertes gehen, welcher bei null liegt.
Die Aufkündigung des Bretton-Woods-Systems ist ein Kind des Kalten Krieges. Angesichts einer komplett neuen politischen Ausgangslage im 21. Jahrhundert – wo sehen Sie entstehende Herausforderungen und Limitierungen des heutigen US-dominierten Systems?
Richard Nixon schloss am 15. August 1971 das Goldfenster. Das hob den Eintausch der Papierdollar gegen Gold komplett auf. Wenn wir uns nun die USA anschauen, so ist zu beobachten, dass rund 98,5 Prozent sämtlicher Schulden der USA seit 1971 entstanden sind.
Gold war der letzte Anker, der den Zentralbanken eine gewisse Disziplin abverlangte, da sie nicht einfach willkürlich Geld aus dem Nichts drucken konnten. Dieser Zeitpunkt ist allerdings lange vorbei, und einige Länder scheinen zu erkennen, dass der US-Dollar die größte Blase ist, auf die sie setzen. Früher oder später wird sie platzen.
Gleichzeitig wurden weite Teile der weltweiten Produktion des Westens in den Osten verkauft, und selbst die Goldvorräte der Zentralbanken wandern seit Jahrzehnten vom Westen in den Osten.
Dies bedeutet grundsätzlich nichts anderes, als dass wir auf dem Weg von einer bisher unipolaren Welt unter alleiniger Führung der USA zu einer multipolaren Welt sind.
Claudio Grass ist Wirtschaftskommentator, Edelmetallberater in der Schweiz und Botschafter des „Ludwig von Mises Institute for Austrian Economics„, einer finanzpolitischen Bildungsorganisation mit Sitz in den USA. Das Institut ist nach dem prägenden Ökonomen der österreichischen Schule Ludwig von Mises (1881-1973) benannt.
Literatur:
Der Draghi-Crash: Warum uns die entfesselte Geldpolitik in die finanzielle Katastrophe führt
Wer regiert das Geld?: Banken, Demokratie und Täuschung
Quellen: PublicDomain/deutsch.rt.com am 01.06.2018
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