Manche Menschen fühlen sich jünger, als sie tatsächlich sind. Andere hingegen wirken deutlich älter, als es ihr biologisches Alter angibt und fühlen sich auch entsprechend alt.
In einer ersten Studie zu diesem Thema entdeckten Forscher, dass die Gehirne von Menschen, die sich jünger fühlen, weniger der typischen Altersanzeichen aufzeigen als Gehirne von Menschen, die sich älter fühlen. Wer sich daher älter fühlt, als er ist, sollte seinen Lebensstil überprüfen und Massnahmen ergreifen, die den Alterungsprozess des Gehirns verlangsamen können.
Subjektives Alter zeigt, wie das Gehirn altert
Natürlich wird jeder älter, aber nicht jeder fühlt sich seinem Alter entsprechend. Manche Menschen fühlen sich zeitlebens wie ein Teenager, ganz gleich was der Rest ihres Körpers ihnen auch immer vorgaukelt. In ihrem Herzen bleiben sie immer jung. Andere jedoch fühlen sich schon in den Dreissigern oder Vierzigern älter, als sie tatsächlich sind.
Möglicherweise sind diese Gefühle ein Zeichen für den individuellen Alterungsprozess des eigenen Gehirns – wie Forscher der Seoul National University im Fachmagazin Frontiers in Aging Neuroscience im Sommer 2018 schrieben (Gesundes Gehirn: Wer am Wald wohnt kann Stress besser verarbeiten).
Gehirn altert schneller, wenn man sich alt fühlt
Mit Hilfe von Gehirnscans (MRT) zeigten die Wissenschaftler rund um Dr. Jeanyung Chey, dass die Gehirne derjenigen Probanden, die sich jung fühlten, weniger der alterstypischen Veränderungen aufwiesen als die Gehirne jener, die sich ihrem Alter entsprechend oder älter fühlten. Das subjektive Gefühl das eigene Alter betreffend ist also ein Hinweis auf den Zustand des Gehirns.
Der Alterungsprozess ist somit kein kontinuierlicher Prozess, wie man oft glaubt. Unsere Körper altern nicht jeden Tag ein bisschen mehr. Stattdessen altert jeder Mensch anders. Das subjektive Alter (= das Alter, das man sich selbst geben würde) ist ebenfalls von Mensch zu Mensch unterschiedlich, auch in ein- und derselben Altersgruppe (Unsere Gehirne verändern sich).
Sorgt das Gehirn dafür, dass man sich jung oder alt fühlt?
Nun stellte sich die Frage, ob das subjektive Alter nur ein Gefühl ist oder ob es tatsächlich einen Hinweis auf den persönlichen Alterungsprozess des Körpers geben könnte. Natürlich trägt auch die körperliche Gesundheit dazu bei, wie alt man sich fühlt. Auch die individuelle Persönlichkeit oder Depressionen können das subjektive Alter beeinflussen.
Wie sieht es aber mit dem Gehirn aus? Entsteht das subjektive Alter womöglich aufgrund von bestimmten Veränderungen im Gehirn?
Wenn das Gehirn langsam älter wird
Im Laufe des Lebens erleben viele Menschen früher oder später, dass das Erinnerungsvermögen nachlässt, man nicht mehr so schnell lernen kann, die Konzentrationsfähigkeit zu wünschen übrig lässt etc. Alle diese Symptome sind auf altersbedingte Veränderungen im Gehirn zurückzuführen, auf den Untergang von Nervenzellen und das Schrumpfen der grauen Substanz.
Sehr gerne würde wohl jeder sein Gehirn möglichst lange vor diesen Veränderungen schützen. Dr. Chey erklärte:
„Menschen, die sich jünger fühlen, haben auch ein Gehirn, das jünger aussieht – und umgekehrt. Dieser Zusammenhang blieb auch bestehen, als wir den körperlichen und geistigen Gesundheitszustand unserer Probanden berücksichtigten.“ (Wie das Gehirn heilt)
Gesunder Lebensstil hemmt Alterungsprozess des Gehirns
Es könnte also sein, so vermuten die Forscher um Dr. Chey, dass Menschen, die sich älter fühlen, den beschleunigten Alterungsprozess ihres Gehirns spüren. Natürlich könnte es sein, dass Menschen, die sich jung fühlen, einen gesünderen Lebensstil führen (sich gesund ernähren, Sport treiben, geistig aktiv sind etc.) und der Alterungsprozess ihres Gehirns aus diesen Gründen gehemmt wird.
Umgekehrt leidet auch das Gehirn und altert dadurch schneller, wenn sich Menschen ungesund ernähren, sich nicht bewegen und keine sozialen Kontakte pflegen.
Wer sich daher älter fühlt, als er tatsächlich ist, sollte, so Dr. Chey, seinen Lebensstil und seine Lebensgewohnheiten überprüfen und Änderungen durchführen, die dem Alterungsprozess des Gehirns einen Riegel vorschieben können.
Neustart im Kopf: Wie sich unser Gehirn selbst repariert
Unser Gehirn ist nicht – wie lange angenommen – eine unveränderliche Hardware. Es kann sich vielmehr auf verblüffende Weise umgestalten und sogar selbst reparieren. Der Autor Norman Doidge verbindet in seinem Buch faszinierende Einblicke in die neueste Forschung mit aufsehenerregenden Beispielen aus der Praxis: etwa eine Frau, deren eine Hirnhälfte die Funktionen eines ganzen Gehirns übernahm.
Oder der Mann, dessen Gehirn nach einem Schlaganfall die Hirnströme in gesunde Hirnregionen „umleitet“ und seinem gelähmten Arm die Bewegungsfähigkeit zurückgibt. All dies ermöglicht unser Gehirn, das stärker und anpassungsfähiger ist, als wir je dachten:
„Neuro“ steht für „Neuron“, die Nervenzelle in unserem Gehirn und unserem Nervensystem, und „Plastizität“ bedeutet Veränderbarkeit, Formbarkeit, Wandelbarkeit. Anfangs scheuten sich Wissenschaftler, den Begriff „Neuroplastizität“ in ihren Publikationen zu verwenden, und wurden von ihren Kollegen belächelt, weil sie eine derart fantastische Theorie vertraten.
Doch sie hielten hartnäckig an ihren Erkenntnissen fest, und ganz allmählich gelang es ihnen, die Doktrin von der Gehirnmaschine zu widerlegen. Sie konnten zeigen, dass Kinder nicht auf die geistigen Eigenschaften festgelegt sind, die sie bei ihrer Geburt mitbekommen, dass sich das Gehirn nach dem Ausfall eines Bereichs umstrukturieren und die fehlenden Funktionen an anderer Stelle neu entwickeln kann, dass abgestorbene Gehirnzellen unter bestimmten Umständen ersetzt werden können und dass viele der „Schaltkreise“ und selbst grundlegende Reflexe keineswegs „fest verdrahtet“ sind.
Einem dieser Wissenschaftler gelang sogar der Beweis, dass wir durch unsere Lernprozesse und Handlungen Gene ein- und ausschalten und damit die Anatomie unseres Gehirns und unser Verhalten formen können. Dies ist zweifelsohne eine der außergewöhnlichsten Entdeckungen des zwanzigsten Jahrhunderts.
Auf meinen Reisen habe ich einen Naturwissenschaftler kennen gelernt, der geburtsblinden Menschen das Sehen ermöglicht, und einen anderen, der Taube hören lässt. Ich habe mit Menschen gesprochen, die Jahrzehnte zuvor einen Schlaganfall erlitten hatten und als unheilbar galten und die mithilfe neuroplastischer Methoden wieder vollständig genesen waren. Ich bin Menschen begegnet, die ihre Lernbehinderungen überwunden und ihren Intelligenzquotienten verbessert haben. Ich habe gesehen, wie Achtzigjährige ihr Gedächtnis mit geeigneten Übungen so trainieren können, dass es wieder so leistungsfähig ist wie im Alter von 55 Jahren.
Ich habe beobachtet, wie Menschen ihr Gehirn allein mithilfe ihrer Gedanken neu strukturierten, angeblich unheilbare Zwangsvorstellungen ablegten und Traumata überwanden. Und ich habe mit Nobelpreisträgern gesprochen, die über ein neues Modell des Gehirns debattieren, das die neuen Erkenntnisse über dessen Wandelbarkeit mit einbezieht. Wie alle Revolutionen wird auch diese weitreichende Auswirkungen haben, und ich hoffe, dass dieses Buch einige davon aufzeigen kann.
Die neuroplastische Revolution zeigt, wie sich unser Gehirn durch Liebe, Sex, Trauer, Beziehungen, Sucht, Kultur, Technologie und Psychotherapie (um nur einige zu nennen) verändert. Auch die Geistes-, Sozial- und Humanwissenschaften, die sich mit der menschlichen Natur beschäftigen, sind betroffen, genau wie alles, was mit Lernen zu tun hat. In jede dieser Disziplinen muss die Erkenntnis Eingang finden, dass sich die Struktur des Gehirns von einem Menschen zum anderen unterscheidet und dass sie sich im Lauf eines Lebens verändert.
„Dr. Doidge, ein hervorragender Psychiater und Forscher, erkundet die Neuroplastizität in Begegnungen mit Pionieren der Forschung und mit Patienten, die von den neuen Möglichkeiten der Rehabilitation profitiert haben. … Das Buch ist ein absolut außergewöhnliches und hoffnungsvolles Zeugnis der Möglichkeiten des menschlichen Gehirns.“
Oliver Sacks
„…ein faszinierender Abriss der jüngsten Revolution in den Neurowissenschaften!“
The New York Times
„Das Gehirn ist kein fertig verdrahteter Denkapparat, der im Laufe des Lebens immer weiter verschleißt. Es kann sich umorganisieren, umformen und manchmal kann es sogar wachsen. Der Psychologe Norman Doidge erklärt neueste Ergebnisse der Hirnforschung: Durch einfühlsam geschilderte Beispiele macht er sie für jedermann verständlich und nachvollziehbar.“
Deutschlandfunk
»Das Werk des Psychiaters und Psychoanalytikers Dr. Norman Doidge wurde von der Dana Brain Foundation als bestes Sachbuch aller Zeiten über das Gehirn ausgezeichnet. Es erklärt anhand von Fallbeispielen die Neuroplastizität, das heißt die Reparaturfähigkeit des menschlichen Gehirns. Hier liegen nicht nur die Heilungsmöglichkeiten für neurologische Erkrankungen und Verletzungen, sondern auch die Möglichkeiten die Funktionsfähigkeit des Gehirns zu verbessern und bis ins Alter zu erhalten.«
Fachmagazin für Schädel-Hirnverletzte
Literatur:
Bionische Regeneration: Das Altern aufhalten mit den geheimen Strategien der Natur
Die Wahrnehmungsfalle, Teil 2: Oder … alles nur Mumpitz. Ja, ALLES.
Das Ego im Dienste des Herzens: Ein neues Eden
Quellen: PublicDomain/Campus Verlag/zentrum-der-gesundheit.de am 12.07.2018
Weitere Artikel:
Gesundes Gehirn: Wer am Wald wohnt kann Stress besser verarbeiten
Es kommt auf einen umtriebigen Geist an. Mit einem mittleren Adrenalinspiegel steht auch der Körper zu Diensten: „Kampf hält die Kräfte wach!“.
Der Geist macht intuitiv ein Problem bewusst
https://www.dzig.de/Der-Geist-macht-intuitiv-ein-Problem-bewusst
Seelen nutzen Körper. Der menschliche Geist koordiniert die Zusammenarbeit zwischen Seele und Körper. Eine Seele ohne Bewusstsein und ohne Gefühl ist nur ein halber Mensch. Dieser Denkansatz belässt den Verstand an seinem Platz, wo er hingehört: Er ist ein hervorragendes nützliches Werkzeug ohne den Anspruch, plappernd über die Seele zu dominieren.
Der Verstand kann einen Menschen ganz schön verrückt machen, wie das erste Video mit Clemens Kuby zeigt.