Bis vor wenigen Jahren wurde die Frage diskutiert, ob die Verwendung von Cannabis sich möglicherweise ungünstig auf den Verlauf einer HIV-Infektion bzw. Aids-Erkrankung auswirken könnte. Schließlich besitzen THC und CBD immunsuppressive Eigenschaften, die bei Entzündungen und Allergien genutzt werden können, und das Immunsystem ist bei Menschen mit HIV bereits kompromittiert.
Seit einigen Jahren gibt es jedoch vermehrt wissenschaftliche Erkenntnisse, nach denen die Verwendung von Cannabis bzw. THC sich günstig auf das Immunsystem bei HIV-Positiven und die mit der Erkrankung einhergehende Entzündung auswirken könnte.
Die jüngste Studie von Wissenschaftlern mehrerer Universitäten der USA aus diesem Jahr mit 198 Patienten, die mit dem HI-Virus infiziert waren und mit klassischen antiretroviralen Medikamenten (ART) behandelt wurden, unterstützt diese Annahme.
Danach war starker Cannabiskonsum mit einer Reduzierung der Entzündung des gesamten Körpers und einer Immunaktivierung verbunden. Die Studie untersuchte den Einfluss des Cannabiskonsums auf die Häufigkeit von Immunzellen im Blut, ihre Aktivierung und Funktion.
Die Autoren berichten, dass „starker Cannabiskonsum bei HIV-infizierten, mit ART behandelten Personen im Vergleich zu Personen ohne Cannabiskonsum mit geringeren Vorkommen aktivierter CD4- und CD8-T-Zellen verbunden war (Cannabisöl hat meiner Familie das Leben gerettet – die Ärzte können es sich nicht erklären).
Dieser neue Befund ist wichtig, da erhöhte Niveaus der T-Zellaktivierung mit geringeren CD4-T-Zell-Anstiegen nach einer ART und mit der Sterblichkeit in dieser Population verbunden ist.“ Sie folgerten aus ihrer Arbeit, dass „obwohl die klinische Bedeutung unklar ist, unsere Befunde nahelegen, dass Cannabiskonsum mit einer potentiell nützlichen Reduzierung der systemischen Entzündung und Immunaktivierung im Kontext einer antiretroviral behandelten HIV-Infektion verbunden ist“.
Bereits im Jahr 2016 hatten Wissenschaftler des Nationalen Primaten-Forschungszentrums in Covington (USA) bei Affen, die mit dem SI-Virus infiziert waren, nachgewiesen, dass THC einige nützliche Wirkungen entfaltet.
Beispielsweise blockierte es die Aktivierung und Vermehrung von CD8-T-Zellen. CD8-T-Zellen werden auch zytotoxische T-Zellen oder Killer-T-Zellen genannt. Die Autoren schrieben, dass ihre Forschung „ein Potenzial für die zielgerichtete Immunmodulation bei der HIV-Infektion“ nahelegt. Der SI-Virus bei Affen – in diesem Fall bei Makaken – entspricht dem HI-Virus beim Menschen.
Ende des Jahres 2017 veröffentlichten Wissenschaftler der Universität des Staates Michigan (USA) eine Untersuchung, nach der Cannabis den Entzündungsprozess verlangsamen könnte, bei dem eine Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit in bis zu 50 % aller HIV-Patienten auftritt (Cannabis: Geschichte einer Nutz-, Arznei- und Rauschpflanze).
„Man geht davon aus, dass die Abnahme der kognitiven Funktionen bei vielen Menschen mit HIV abnimmt, zum Teil aufgrund einer chronischen Entzündung, die im Gehirn auftritt“, erklärte Dr. Norbert Kaminski, der leitende Autor der Studie. „Dies geschieht, weil das Immunsystem permanent stimuliert wird, um gegen die Krankheit zu kämpfen.“
Das Forscherteam entdeckte, dass Cannabisbestandteile Entzündungen hemmten, indem sie die Zahl bestimmter weißer Blutkörperchen, CD16-Monozyten, reduzierten und zu einer Abnahme von entzündungsfördernden Proteinen (Interferon-Gamma-induzierbares Protein 10), die diese Blutkörperchen in den Körper abgeben, führten.
Die Forscher entnahmen 40 HIV-Patienten, die angaben, Cannabis zu konsumieren oder nicht zu konsumieren, Blutproben. Dann isolierten sie die weißen Blutzellen von jedem Spender und untersuchten die Zahl der Entzündungszellen sowie die Wirkung von Cannabis auf diese Zellen. Sie folgerten, dass „Bestandteile von Cannabis, inklusive THC, den Prozess der peripheren Monozyten, die an der HIV-assoziierten Entzündung des Nervensystems beteiligt sind, entschleunigt“. Bemerkenswert sind auch Hinweise, nach denen THC unter bestimmten Bedingungen die Vermehrung von HI-Viren hemmt.
So hatten Forscher der Mount Sinai School of Medicine in New York (USA) im Jahr 2012 entdeckt, dass Cannabinoide, die an den CB2-Rezeptor binden, andere Rezeptoren auf bestimmten Immunzellen aktivieren, die direkt den HI-Virus in späten Aids-Stadien hemmen können. „Wir wussten, dass Cannabinoid-Substanzen wie Marihuana eine therapeutische Wirkung bei Aids-Patienten haben können, haben jedoch nicht verstanden, wie sie die Verbreitung des Virus selbst beeinflussen“, erklärte die Autorin der Studie Dr. Cristina Costantino.
„Wir wollten Cannabinoidrezeptoren als mögliche Angriffspunkte für pharmazeutische Behandlungen untersuchen, die Symptome später Aids-Stadien behandeln und das weitere Fortschreiten der Erkrankung ohne die unerwünschten Nebenwirkungen von medizinischem Marihuana verhindern.“ Diese Zellexperimente wurden im Jahr 2015 durch Mitarbeiter des Instituts für Mikrobiologie und molekulare Genetik der Universität von Michigan in East Lansing durch Untersuchungen an Tieren unterstützt (Hanf – die verbotene Wunderpflanze (Videos)).
Ihre Studien mit Mäusen hatten gezeigt, dass THC unter bestimmten Bedingungen Immunreaktionen des Körpers gegen den HI-Virus verstärkte. Dieser Effekt wurde durch unterschiedliche Mechanismen vermittelt, darunter solche über Cannabinoidrezeptoren, aber auch solche unabhängig von diesen Rezeptoren.
Literatur:
Hanf als Medizin: Ein praxisorientierter Ratgeber
Cannabis gegen Krebs: Der Stand der Wissenschaft und praktische Folgerungen für die Therapie
Cannabis: Verordnungshilfe für Ärzte
Quellen: PublicDomain/hanfjournal.de am 26.04.2018
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