Sorten, die vor 100 Jahren etwas Besonderes waren, kennt heute keiner mehr. Durch die neue EU-Saatgutverordnung drohten altes und seltenes Saatgut vom Markt verdrängt zu werden.
Einige Betriebe und Initiativen versuchen dies nun zu verhindern, indem sie sich für die Bewahrung der seltenen Sorten einsetzen, um somit die Vielfalt der Pflanzen zu schützen.
Sorten wie Butterkohl Goldberg, Forellensalat (weil er gesprenkelt ist) oder Giersch sind heute in Vergessenheit geraten, wo sie vor 100 Jahren noch bekannt waren oder sogar als etwas Besonderes galten.
Denn sehr viele Gemüsebauern benutzen nur noch das Einheitssaatgut der großen Saatgut-Konzerne und verdrängen damit die älteren Sorten automatisch vom Markt. Genau dort wollen die Ökogärtner ansetzen und eingreifen.
Auf dem Ökosaatgut-Betrieb „Keimzelle“ im brandenburgischen Land baut Eve Bubenik zusammen mit ihren Kollegen und Kolleginnen seltenes Saatgut an und versucht die Sorten dort auf natürliche Weise zu vermehren. Vor allem die kleinen Gärtnereien seien wichtig, um die vergessenen Sorten weiterzuverbreiten und auf den Märkten zu verkaufen.
Die Künstler der Gruppe “tat ort“ haben mit den Pop-up Gärten eine besonders innovative Idee entwickelt. In alten, nicht mehr brauchbaren Einrichtungsgegenständen werden alte Samen angepflanzt. Die alten Sorten werden von dem Verein Arche Noah zur Verfügung gestellt.
Als Teil des Paraflow-Festivals werden die Pflanzen im Hof des „Weissen Hauses“ in Wien ausgestellt. Auch diese Aktion versucht gegen die Absicht der großen Saatgutkonzerne die Pflanzenvielfalt in die Gesellschaft zurückzubringen (Natürlich gärtnern mit der »Wundererde« Terra Preta).
Unter der Parole „Freiheit für die Vielfalt“ hat der Verein Arche Noah zusammen mit der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000 außerdem eine Petition gestartet, die für ein nachhaltigeres EU-Saatgutrecht plädiert.
Warum altes Saatgut?
Doch warum sind die vergessenen Sorten so wichtig? Was treibt die verschiedenen Organisationen dazu, sich dafür so vehement einzusetzen. Nach einer Entscheidung des europäischen Gerichtshof dürfen Kleinbauern nun altes Saatgut anbauen und es auch vermarkten.
Die Agrarexpertin des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Reinhild Brenning erklärt, dass dadurch das Ende der genetischen Vielfalt abgewendet werden konnte.
Dennoch müssen ältere Sorten gehegt und gepflegt werden, da trotz allem viele Gemüsebauern nur mit dem Einheitssaatgut der großen Konzerne arbeiten. Der Maiwirsing zum Beispiel, ein besondere Form des Wirsings mit glatten Blättern, war vor 50 Jahren noch eine bekannte Wirsingsorte.
Vom Aussterben bedroht, wurde er von den Botanischen Gärten der Universität Bonn in eine Sammlung bedrohter Nutzpflanzensorten aufgenommen und konnte somit gerettet werden.
Betriebe wie der Ökosaatgut-Hof „Keimzelle“ tragen dazu bei, dass diese Sorten weiter angebaut und vermarktet werden. Auch die natürliche Bestäubung durch Wind oder Insekten wird hier gefördert.
Je mehr Kleinbauern sich dafür entscheiden auf die ältere Saat zurückzugreifen, desto höher ist die Chance, dass Sorten wie der Kopfsalat Goldforelle, der Maiwirsing oder die Paprika Sweet Chocolate für die nächste Generation erhalten bleiben können.
Und ein Tipp am Rande: Auch im eigenen Garten dürfen seltene Sorten angebaut werden. Die alten Sorten kann man sogar bequem im Internet bestellen (Saatgut wie in alten Zeiten: Mit dieser Liste schlagt ihr Monsanto und Co. ein Schnippchen).
Literatur:
Frisches Gartengemüse auch im Winter: Anbau und Ernte 40 ausgewählter Kulturen
Meine kleine Farm: Anleitung für Selbstversorger
Video:
https://www.youtube.com/watch?v=3TYC7zmielk
https://www.youtube.com/watch?v=vX8F1oJboUQ
Quellen: PublicDomain/uni.de am 14.03.2018
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