Berlin, September 2017: Am Berliner Bahnhof Lichtenberg fand die bisher größte Großübung in der Geschichte der Bundespolizei statt.
Auch Krankenhäuser bereiten sich auf Großeinsätze vor. Nun wird die Polizei bundesweit mit Panzerfahrzeugen aufgerüstet, um sie auf das Schlimmste vorzubereiten.
Der schwer gepanzerte Einsatzwagen “Survivor R” ist ein Fahrzeug, wie man es von der Bundeswehr kennt und in Afghanistan eingesetzt wird. Der “Survivor R” bietet Schutz gegen Minen, Beschuss mit Sturmgewehren und Gasangriffe. Offensichtlich bereiten sich die Sicherheitsbehörden auf bürgerkriegsähnliche Zustände vor.
„Seien Sie bitte nicht beunruhigt, wenn Sie bewaffnete Polizeibeamte und laute Knallgeräusche wahrnehmen“, hallt es durch den Bahnhof in Lichtenberg.
Menschen bleiben stehen und drehen sich verwundert um, als mehrere Spezialkräfte der Bundespolizei an ihnen vorbei die Treppe hinunter und in Richtung Tunnel stürmen. Denn dort haben drei Terroristen mehrere Reisende attackiert.
Was da stattfindet, ist eine der größten Terrorübungen der Bundespolizei der vergangenen Jahre. 400 Beamte, darunter die Spezialeinheiten BFE+ und GSG 9, haben am Bahnhof Lichtenberg unter Ausschluss der Öffentlichkeit in mehreren Szenarien Attacken durch Terroristen geübt.
Teile des Bahnhofes wurden abgeriegelt und mit Sichtschutz versehen, ein kompletter Zug abgeparkt, um das Gelände vor neugierigen Blicken von Zuschauern zu schützen. Von 12 bis 20 Uhr waren die Gleise 20 bis 22 und Teile des Tunnels komplett gesperrt (Invasion: NATO probt Krieg in Deutschland – mit gefakter Friedensbewegung als Problemfaktor (Video)).
Drei Terroristen attackieren gleichzeitig Reisende mit Waffen und Sprengstoff
Der Sinn dieser Übung ist, dass die Bundespolizei testen will, wie die Einsatzkräfte reagieren, wenn es um sie herum knallt, die Leute schreien, Panik herrscht.
Drei Terroristen attackieren gleichzeitig Reisende mit Waffen und Sprengstoff. Einer der Terroristen wird im Tunnel getötet, die anderen beiden setzen ihre Attacke auf dem Bahnsteig fort und werden später von den Spezialeinheiten „neutralisiert“, wie es im Polizeisprech heißt.
So lautet das ungefähre Szenario, das von Schiedsrichtern überwacht und von weiteren Beamten aufgezeichnet wird. Drei Durchgänge werden durchgeführt, weil es eigentlich immer Dinge gibt, die man besser machen kann, wie einer der Polizisten sagt. Lehrreich ist das vor allem für die Kontroll- und Streifenbeamten (KSB).
Denn die sind meist als erstes vor Ort – lange bevor die Spezialkräfte eintreffen. In der Einsatzplanung wurde dieser Punkt aber bislang eher stiefmütterlich behandelt. Das hat sich nun aber geändert.
Bundespolizei reagiert auf geänderte Einsatzlage
Die Bundespolizei reagiert mit solchen Planspielen auf Terroranschläge, die in den vergangenen Jahren in Europa stattfanden. Diese Komplexe lebensbedrohliche Einsatzlage (KLE) gehört seit vergangenem Jahr zum festen Übungsbestandteil der Bundesbehörde.
Zwar will man offiziell nicht von einer geänderten Einsatzlage sprechen, doch vor allem die Polizeigewerkschaften hatten wiederholt angemahnt, dass man dringend überarbeitete Konzepte zur Erstintervention bei terroristischen Attacken brauche.
Nun werden eben solche Konzepte an der Bundespolizeiakademie in Lübeck gelehrt. An der Übung nahmen auch 150 Polizeischüler teil. „Panikmasse“, wie Polizeidirektor Sven Jahn von der Bundespolizeiakademie sagt. Jahn ist seit Wochen im Dauerstress. Er hat die Übung federführend geplant. Auf ihn kommt es an, wenn die Theorie einem Praxistest unterzogen werden soll.
Zur „Panikmasse“, also Reisenden die im Falle eines Anschlages betroffen wären, gehören auch die Polizeischülerinnen Joana Poyé (19) und Marie Wilke (18), beide seit dem 1. September 2016 bei der Bundespolizei.
Stunden bevor die eigentliche Übung beginnt, ging es für die beiden zum Schminken. Das Szenario: Beide stehen direkt neben einer Explosion. Beide verlieren Blut und haben schwerste Verletzungen. Um das ganze auch wirklich echt erscheinen zu lassen, bekommen sie noch Blutkapseln, auf die sie beißen sollen. „Ich soll dabei röcheln“, sagt Poyé, in deren Hals aufgeschminkte Metallsplitter stecken.
Bahnhof Lichtenberg eignete sich gut für Übungsszenario
Eine ähnliche Übung fand bereits im Mai 2017 auf dem Hauptbahnhof in Leipzig statt, allerdings ohne Spezialkräfte. Der Test in Lichtenberg ist damit noch aufwendiger. In Berlin soll speziell auch die Verzahnung mit der BFE+ (Beweis und Festnahmehundertschaft Plus) und der GSG9 getestet werden.
Beide Spezialeinheiten sind zwar auf die Terrorismusbekämpfung spezialisiert, aber im Gegensatz zu den Streifenbeamten nicht sofort vor Ort. Bei der Übung sieht dass dann so aus, dass die Spezialeinheiten nach der „Erstbekämpfung“ durch Streifenbeamte den weiteren Einsatz übernehmen, während sich die Bundespolizisten aus dem Bahnhof zurückfallen lassen.
(Ein Mann, der einen Attentäter simulierte, liegt erschossen auf der Treppe)
„Das Training im öffentlichen Raum stellt die anspruchsvollste und effektivste Form der Vorbereitung auf den Ernstfall vor“, sagte Bundespolizeisprecher Thorsten Peters. Der Bahnhof Lichtenberg war dafür ausgewählt worden, weil er eine perfekte Größe hat: nicht zu groß, um den Berliner Zugverkehr durcheinanderzuwirbeln, und nicht zu klein, um das Übungsszenario zu behindern.
Doch nicht für alle Besucher war klar, was da gespielt wird am Bahnhof. „So viel Polizei ist schon ungewöhnlich. Sonst hat man Glück, wenn man überhaupt mal jemanden sieht“, sagte eine Reisende, die ihren Namen aber nicht in der Zeitung lesen will.
Damit es zu keinen Verwirrungen kommt, schickte die Bundespolizei Kommunikationsteams in den Bahnhof, verteilte Flyer und machte mehrere Lautsprecherdurchsagen.
Fazit: Worauf sich die Polizei vorbereitet ist offensichtlich. Denn solche schwer gepanzerten Fahrzeuge werden für gewöhnlich nur in Kriegsgebieten eingesetzt. Die Panzerung kann sogar Panzerminen mit zehn Kilo TNT-Sprengstoff standhalten, ohne dass die Besatzung zu Schaden kommt.
Literatur:
Kontrollverlust: Wer uns bedroht und wie wir uns schützen
Schwarzbuch Waffenhandel: Wie Deutschland am Krieg verdient
Netzwerk des Todes: Die kriminellen Verflechtungen von Waffenindustrie und Behörden
Videos:
Quellen: PublicDomain/dpr-online.com/bz-berlin.de/morgenpost.de am 07.02.2018
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