Der November eines jeden Jahres hat es in Deutschland in sich. Daten, die sich für Deutschland und seine Bürger in die deutsche Geschichte eingebrannt haben, sind mit diesem Monat verbunden.
Der Fall der Mauer am 9. November des Jahres 1989 zählt dazu ebenso wie der des Jahres 1938 mit dem aggressiven Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Angehörigen jüdischen Glaubens.
Ausgeklammert wird gerne, dass ein weiterer Novembertag das Deutsche Reich aus der Spur geworfen hatte, und zwar der 11. November 1918, der Tag der Unterzeichnung des Waffenstillstandes im Wald von Compiègne. Diese Unterschrift und die unter berechtigtem Protest vollzogene weitere Signatur unter dem Diktat von Versailles am 28. Juni 1919 besiegelten das Schicksal Deutschlands.
Doch wen interessiert das heute hierzulande? Spielen diese Daten denn noch eine Rolle bei denjenigen, die das Leid am Ende des Ersten Weltkrieges verband und die bis heute mit den Folgen konfrontiert sind?
Seit einer Ankündigung aus der Vorwoche gibt es eine Antwort auf diese Frage: Die Menschen werden nicht umhin kommen, sich dafür zu interessieren, alleine deshalb, weil die UFA sich der Thematik annehmen wird. Die Babelsberger Studios planen die Geschichte des letzten deutschen Kaiser, Wilhelm II., auf die Fernsehschirme zu bringen.
Das wird die Zuschauer umtreiben, denn Mehrteiler aus dem Hause UFA haben es in sich. Zuletzt konnte man sich darüber ein Urteil bilden, als die Sternstunden in der Entwicklung der Berliner „Charité“, jener medizinischen Ausnahmeeinrichtung, die es schon im kaiserlichen Deutschland gab, verfilmt wurden. Viele verfolgten gebannt diese außergewöhnliche Serie.
Bislang ist es nur die Ankündigung, ein derartiges Projekt mit dem Titel „Wilhelm – Der letzte Kaiser“ realisieren zu wollen. Doch die reicht schon aus, eine Erwartung bezüglich der Auswirkungen eines derartigen Fernsehmehrteilers auf die breite Bevölkerung zu formulieren.
Das, was die UFA präsentieren könnte, wird den Deutschen vorgeben, wie sie sich ein Schlüsseljahrzehnt ihrer eigenen Geschichte vorzustellen haben – und das auf lange Zeit hin. Umso mehr wird von Bedeutung sein, wie inhaltlich die Schwerpunkte gesetzt werden.
Wie hartnäckig sich Dogmen in den Köpfen festsetzen können, kennt man aus der frühen Geschichte der Bundesrepublik. Fritz Fischer hatte das Bild von der Alleinschuld Deutschlands über Jahrzehnte hinweg geprägt, bis ihn schließlich 2012 der Commonwealth-Brite Christopher Clark mit seinen Thesen schlafwandlerisch, wenn man so will: vornehm, mit einem Federstrich entsorgt hatte.
Nach Clark waren jetzt irgendwie alle in Europa schuld an der „Urkatastrophe“. Aber selbst bei ihm blieb ein schaler Beigeschmack zurück. Denn man wird den Eindruck nicht los, eine Gesamtverantwortung werde nur postuliert, um die britische Sonderrolle für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges schamhaft zu verdecken.
Der UFA geht es, nach dem was bisher darüber in deutschen Medien zu lesen war, nicht um eine Auseinandersetzung mit solchen Fragen. Jedenfalls nicht direkt. Vielmehr solle sich die Story um die Persönlichkeit Wilhelms des Zweiten drehen, des Letzten, wie Rolf Hochhuth den Kaiser in einer Ballade genannt hatte (Geschichtslügen: England und die Deutschen – die perfiden Strategien des British Empire).
Immerhin ging dieser in Berlin „Unter den Linden“ ohne Personenschutz spazieren, wenn man einmal von dem Offizier absah, der zehn Schritte hinter dem Kaiser lief und nicht wirklich abschreckend wirkte auf jenem Boulevard, der so anschlagsgefährdet war zu der Zeit. Heutige Repräsentanten des Staates halten es da ganz anders, wenn sie abgeschirmt von umfangreichem Personenschutz „huschend“ ihre Bürgerinnen und Bürger passieren …
Man könnte nun hingehen und sagen, dass der Aufhänger „Der letzte deutsche Kaiser“ erstmal noch nichts zu bedeuten habe, ein Filmprojekt unter vielen eben. Wenn, ja wenn nicht darüber berichtet worden wäre, wie eine zentrale Absicht der UFA aussähe: Man werde nicht nur das Leben des Kaisers darstellen, sondern auch seine „Gefährlichkeit“! Gefährlichkeit? Woran bitte soll die festgemacht werden?
Etwa daran, dass das kaiserliche Deutschland nach der russischen Generalmobilmachung ebenfalls mobil machte? Wilhelm II. als „gefährlich“ herauszustellen ist mehr als eine steile These nach alledem, was wir seit Clark & Co. über der Entstehung und die Verursacher des Ersten Weltkriegs wissen. Es erinnert plump an jene antideutsche Propaganda, wo nicht nur der Kaiser einst als Hunne oder Teutone verteufelt wurde.
In der jüdischen Welt sah das ganz anders aus: Weite Teile standen zum deutschen Kaiser und dem im Weltkrieg befindlichen kaiserlichen Deutschland. Übrigens sehr zum Verdruss der damaligen Kriegsgegner in London, Paris und St. Petersburg.
Der Zuspruch änderte sich erst bei der Vorbereitung des Kriegseintritts der Vereinigten Staaten, als die Gegner Deutschlands 1916 über das Sykes-Picot-Abkommen der jüdischen Welt eine eigene Heimstatt auf dem Territorium des deutschen Verbündeten „Osmanisches Reich“ in Aussicht stellten.
Die Balfour-Deklaration, an die in diesen Tagen wegen des Datum der Bekanntgabe vor einhundert Jahren besonders erinnert worden ist – sogar im deutschen Fernsehen – machte dann die Sache gegen Deutschland und Österreich-Ungarn „rund“.
Ein „gefährlicher“ Wilhelm II., gefährlich für wen? Der ehemalige sowjetische Botschafter in Bonn, Walentin Falin, hat auf einer Konferenz des Sinowjew-Zentrums in Moskau laut Sputnik Deutschland vom 5. November 2017 darauf hingewiesen, dass dem deutschen Kaiser – nach Erkenntnissen aus jüngst freigegebenen amerikanischen Akten – mitten im Kriege ein verwegenes Angebot vom amerikanischen Präsidenten Wilson unterbreitet wurde.
Falin ist bis heute eine Zentralgestalt nicht nur im historischen Kontext. Wenn dieser auf einen Besuch des Wilson-Vertrauten, Colonel House, bei Wilhelm II. im Jahre 1916 in Berlin verweist, sollte man aufmerken. Das dem Kaiser unterbreitete Angebot lautete: Deutschland habe freie Hand zwecks der Vernichtung Russlands. Es müsse allerdings den Kampf gegen die Entente-Staaten einstellen.
Zu jener Zeit sah alles nach einem Sieg der sogenannten Mittelmächte gegen Frankreich und Großbritannien aus. Das Entscheidende: Wilhelm II., so Falin, hatte das Angebot abgelehnt. Da soll noch einer sagen, dass dies einen „gefährlichen“ Wilhelm II zeigen könnte.
Selbst der derzeitige französische Präsident Emmanuel Macron und sein amerikanisches Amtspendant Donald Trump haben sich nicht zu solchen Erklärungen verstiegen, als sie am 14. Juli 2017, dem Nationalfeiertag, in Paris des amerikanischen Kriegseintritts vor hundert Jahren gedachten.
Man besuchte gemeinsam das Grabmal von Marschall Foch, der – wie man heute weiß – über ein Jahrzehnt vor Kriegsausbruch zusammen mit seinen Mitstreitern aus Großbritannien die Vorbereitungen für den großen Krieg getroffen hatte. Bei dieser Visite in Paris wurde Klartext gesprochen.
Die Vereinigten Staaten sind auf der Seite der Entente-Staaten in den Ersten Weltkrieg eingetreten, weil Frankreich und Großbritannien zu kollabieren und die Mittelmächte den Krieg siegreich zu beenden drohten. Die USA wollten das verhindern. Es ist ihnen auch gelungen. Macht das den deutschen Kaiser zu einer „gefährlichen“ Person?
Es bleibt abzuwarten und zugleich zu hoffen, dass die Macher der geplanten Miniserie Courage zeigen und mithelfen, die Geschichte endlich auch in der öffentlichen Wahrnehmung so darzustellen, wie sie dem aktuellen Stand der Geschichtsforschung entspricht.
Literatur:
Die Schlafwandler: Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog
Wiederkehr der Hasardeure: Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute
Höllensturm: Die Vernichtung Deutschlands, 1944-1947
Quellen: PublicDomain/epochtimes.de am 12.11.2017
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