Der Sandabbau wird weltweit gefördert. Dubai und Singapur sind von Sandimporten wirtschaftlich abhängig. Aber der Sandstand wird vielleicht schon bald zum Erliegen kommen. Ebenso könnten Sandstrände in naher Zukunft nur noch als Erinnerungen bleiben.
Sand ist ein höchst unterschätzter Rohstoff. Man könnte meinen, er wäre reichlich vorhanden. Daher auch das Sprichwort, man finde etwas wie Sand am Meer. Doch die Ressource ist kostbar. Und der Vorrat versiegt.
Im Jahr 2013 sorgte eine Dokumentation von Arte „Sand – die neue Umweltzeitbombe“ (siehe unten) dafür, dass einzelne Medien in Deutschland das Thema verstärkt aufgegriffen haben.
Dennoch ignorieren Öffentlichkeit und Politik den Sandabbau und die daraus entstehenden Folgen für die Umwelt weiterhin. So veröffentlichte auch die britische Zeitung Guardian am 27. Februar 2017 einen Artikel unter der Überschrift: „Sandabbau: die globale Umweltkrise, von der ihr wahrscheinlich noch nie gehört habt“, um auf die Problematik erneut aufmerksam zu machen.
„Ich bezeichne Sand gern als den unbekannten Helden unserer Zeit“, sagt der Geologe Michael Welland in der Dokumentation von 2013. „Er ist in unserem Alltag allgegenwärtig, ohne dass wir uns dessen bewusst sind.“
Die UN-Umweltorganisation UNEP schätzt die Förderung von Sand und Kies auf 47 bis 59 Milliarden Tonnen pro Jahr. Somit ist das Sediment der weltweit meistabgebaute feste Rohstoff. Den hohen Betrag leitete die UNEP zuvörderst vom Bedarf für die Betonproduktion ab. Eine Tonne Zement kostet schätzungsweise die sechs- bis siebenfache Menge der entfließenden Rohstoffquelle.
So benötigt die Betonproduktion jährlich 30 Milliarden Tonnen Sand und Kies. Auch Dämme, Asphalt, Küstenbefestigung und Küstenaufschüttung benötigen große Mengen. Selbst Glas besteht zu 75 Prozent aus Sand. Auch in der Elektronik- und Mikrochipproduktion findet das bescheidene Korn Verwendung (Umwelt und Gesundheit: Blut-Handys und Blut-Elektroautos (Video)).
Der Bedarf steigt durch Städtebau und Bevölkerungszuwachs weiter an. In den letzten zehn Jahren verdreifachte sich die hergestellte Menge an Zement.
Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bezeichnet Sand als ein Körnergemisch aus Mineralien und Gesteinen. Die Körner müssen zwischen 0.063 Millimetern bis zu zwei Millimeter Durchmesser haben, um als Sand bezeichnet zu werden. Für Baustoffe ist außerdem nicht jede Art geeignet.
Die immensen Vorräte in der Sahara sind beispielsweise unbrauchbar. Als Baustoff eignen sich vor allem Sandarten, deren Körner reichlich Ecken und Kanten haben. Daher gehört der Handel zu einem wichtigen internationalen Handelszweig. Weltmarktführer ist Australien, Hauptabnehmer das Emirat Dubai. In der Wüstenlandschaft ist eben kein brauchbarer Sand vorhanden.
So ließ Dubai künstliche Inselwelten vor seiner Küste aus aufgeschüttetem Sand errichten: „The Palm“, eine Inselwelt in Form einer Palme und fast zeitgleich „The World“, ein Archipel aus 300 Inseln. Der importierte Sand verhalf Dubai im Jahr 2010 außerdem, das Bauprojekt Burj Khalifa, ein 830 Meter hohes Gebäude, zu bewerkstelligen. Das selbsternannte, achte Weltwunder kostete Dubai 12 Milliarden Dollar und verbrauchte fast 150 Millionen Tonnen Sand.
Das birgt aber fatale Folgen für die Küsten der Exporteure. Vor Australiens Küste graben die Schaufelbagger bis zu hundert Meter tief. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel so stark, dass umliegende geschützte Feuchtgebiete versalzen. Auch auf die Biodiversität in betroffenen Gebieten nimmt das Mining also erheblichen Einfluss. So äußerte sich auch Chou Loke Ming, Professor für Meeresbiologie von der Universität Singapur, zu der Krise:
„Bei der Sandgewinnung werden natürlich auch alle Tiere und Pflanzen, die am Meeresboden leben, angesaugt. Dadurch werden all diese Lebewesen getötet.“
Die Produktion stagniert trotz der alarmierenden Zeichen jedoch nicht. Über die Hälfte der Strände von Marokko trägt der Abbau ab, geschätzte 40 bis 45 Prozent davon sind sogar gestohlen. Vor allem der wilde Sandabbau stellt weltweit ein großes Problem dar. Kriminelle Machenschaften verfügen über große Lagerstätten landeinwärts.
Billige Arbeitskräfte füllen Körbe mit Sand an den Stränden und schleppen die Ladung die Küstenpfade hinauf. Dann verladen sie die Körbe auf Lastwagen. Die Ware wird schließlich illegal an perfide Bauunternehmen verkauft.
Hinzu kommt, dass der Sand nicht ausreichend gefiltert und ausgespült ist. Meersand ist sehr natriumhaltig und stark korrosiv. Der Mangel an Qualität gefährdet beim Bau auch die Stabilität von Gebäuden.
Auch Indonesien, Indien, die Salomonen, Jamaika und viele weitere Staaten sind betroffen. Zwei Drittel der indischen Abbaubetriebe haben keine Genehmigungen. Die Folgen für den Tourismus, Küstenschutz und die Fischerei sind drastisch. Viele Strände entwickeln sich langsam zu Felsenküsten. Fünf Inseln der Salomonen sind bereits unter der Wasseroberfläche versunken.
Literatur:
Menschenzeit: Zerstören oder gestalten? Wie wir heute die Welt von morgen erschaffen von Christian Schwägerl
Kritik des Anthropozäns: Plädoyer für eine neue Humanökologie von Jürgen Manemann
Das sechste Sterben: Wie der Mensch Naturgeschichte schreibt von Elizabeth Kolbert
Das zeigte auch die Arte Dokumentation von Denis Delestrac aus dem Jahr 2013 auf:
https://vimeo.com/213862230
Quellen: PublicDomain/deutsch.rt.com am 11.05.2017
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