Forscher der Universität von Colorado in Boulder haben herausgefunden, dass die toxischen Substanzen, mit denen beim Fracking Erdöl aus schwer zugänglichen Lagern gespült wird, in praktisch identischer Form auch im Abwasser von Privathaushalten nachgewiesen werden können.
Die im Fachmagazin Analytical Chemistry veröffentlichte Studie zeigt, dass in vielen unserer Alltagsgegenstände – beispielsweise in Zahnpasta und Waschmittel, in Eiscreme oder Abführmitteln – die Giftstoffe zu finden sind, die man beim Fracking feststellt.
Diese Ergebnisse dürften viele Menschen in ihrer Meinung bestätigen, dass die beim Fracking eingesetzten Chemikalien der Grund für die Verunreinigungen sind, die im Boden und im Trinkwasser nachgewiesen werden können.
Experte: Proben zeigen dieselben Chemikalien wie in der Küchenspüle
»Es handelt sich um die erste veröffentlichte Studie, in der einige der organischen Fracking-Chemikalien identifiziert werden, die die Firmen in ihre Quellen pumpen«, sagt Michael Thurman, Lead-Autor der Studie und einer der Gründer des Labors für Umwelt-Massenspektrometrie am College of Engineering and Applied Science der Universität in Boulder. »In den Proben, die wir untersuchten, fanden wir Chemikalien, wie sie beim Großteil von uns zu Hause ins Abwasser gehen.«
In der Studie wird aufgeführt, welche grenzflächenaktiven Substanzen (Surfactants) gefunden wurden, unter anderem zwei Serien von Ethylenoxid Surfactants, Polyethylenglycol und linearen Alkyl-Ethyloxylaten.
Wie es bei der für Arbeitsplatzsicherheit zuständigen US-Behörde OSHA heißt, findet sich Ethylenoxid in einer Reihe herkömmlicher Haushaltsartikel, etwa in Waschmitteln, Frostschutzmitteln, Kosmetika und Gewürzen (Wir schminken uns zu Tode – Über 8.500 Stoffe können in der Kosmetik stecken (Video)). Weiter heißt es bei OSHA, dass Ethylenoxid mit zahlreichen Problemen in Verbindung gebracht wird, darunter Schwindel, spontanem Schwangerschaftsabbruch, Nervenschäden und Gedächtnisstörungen (Giftcocktail Körperpflege: Der schleichende Tod aus dem Badezimmer).
Für die Studie entnahmen die Forscher Proben von Fracking-Flüssigkeit in fünf amerikanischen Bundesstaaten. Sie analysierten die grenzflächenaktiven Substanzen mithilfe der hochmodernen massenspektrometrischen Geräte, die Agilent Technologies zur Verfügung gestellt hatte (Massive Häufung von Krebsfällen durch die Gas- und Fracking-Industrie (Video)).
Weitere Studien müssen Variablen beim Fracking beleuchten und andere Bedenken behandeln
Der Wettbewerb innerhalb der Fracking-Branche ist sehr groß. Entsprechend schwer tun sich die Firmen damit offenzulegen, mit welcher Chemikalienmischung sie arbeiten, um möglichst viel Erdgas und Erdöl fördern zu können. Die amerikanische Bundesregierung und die einzelnen Staaten verlangen von den Unternehmen, dass sie die verwendeten Chemikalien benennen, aber meistens reichen grobe chemische Kategorien aus.
Aufgrund der geologischen Unterschiede rund um die Förderstellen variiert zudem die Mischung der Flüssigkeiten. Entsprechend warnen die Wissenschaftler auch, dass sich ihre Ergebnisse nicht auf alle bestehenden Förderstätten übertragen lassen. Sie kündigten allerdings an, eine größere Studie durchzuführen, bei der auch Proben anderer Quellen untersucht werden.
Thurman zeigte sich besorgt, was andere Themen rund um das Fracking anbelangt. Es gebe Punkte, die gründlicher untersucht werden sollten, sagte er. Dazu zählt er die Luftverschmutzung, den Wasserverbrauch und Erdbeben, die durch die Abwasserentsorgung ausgelöst werden.
Luftverschmutzung im Zusammenhang mit Fracking ist ein sehr ernstes Thema.
So hat Dr. David Carpenter, Leiter des Instituts für Gesundheit und Umwelt an der Universität von Albany (Staat New York), in einer kürzlich veröffentlichten Studie von starker Luftverschmutzung berichtet. Luftproben, die in der Nähe von Fracking-Quellen entnommen wurden, wiesen eine Konzentration an Schwefelwasserstoff auf, die die zulässige Obergrenze um das 90- bis 60 000-Fache überschritt, so Carpenter.
Auch die Werte für Benzol und Formaldehyd waren in diesen Gebieten stark erhöht. Formaldehyd ist als krebserregend bekannt und wird mit Leukämie und Nasenrachenkrebs in Verbindung gebracht, Schwefelwasserstoff wiederum mit Gesundheitsgefährdungen wie Augenreizungen und Asthma.
Frankreich verbietet Fracking
Das französische Parlament hingegen beschloss am 30. Juni 2011, die umstrittene Erdgasförderung per Fracking ganz offiziell zu verbieten. Mit 176 zu 151 Stimmen wurde das neue Gesetz verabschiedet.
Frankreich war damit weltweit das erste Land mit Fracking-Verbot. Im Oktober 2013 wurde das gesetzliche Fracking-Verbot vom Französischen Verfassungsgericht verboten.
Fracking in Deutschland
In Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen sind dennoch vor einigen Jahren schon die ersten Fracking-Genehmigungen erteilt worden. Das Bergamt Niedersachsen beispielsweise genehmigte dem Energiegiganten Exxon bereits im Jahre 2008 erste Bohrungen nach Schiefergas. Da das Bergrecht die Information der Öffentlichkeit nicht vorsieht, wusste kaum jemand Bescheid (Gasförderung und Fracking: Bothel lebt in Angst vor Krebs und Erdbeben).
So erfuhren Wasserbehörden, Wasserwerke und Bürgervertreter erst aus der Presse, dass im Einzugsbereich der Wasserschutzzone per Fracking nach Gas gesucht wird.
In Deutschland wurde in der Sendung Monitor eine Liste mit den beim Fracking eingesetzten teilweise hochtoxischen Chemikalien veröffentlicht.
Appell gegen Fracking in Deutschland
Wie weit die Verstrickungen von Politik und Wirtschaft in Deutschland oder den übrigen europäischen Ländern bereits gediehen sind, wissen wir nicht.
Nach den ersten Fracking-Projekten von Exxon im Jahr 2008 war anschliessend erst einmal Ruhe, da man auf die passenden Untersuchungsberichte warten musste.
Dann jedoch ging es im Jahr 2011 plötzlich in Mecklenburg-Vorpommern weiter. Die Firma Halliburton beendete kurzerhand das seit drei Jahren bestehende informelle Moratorium, auf das sich Rohstoffunternehmen und Behörden auf öffentlichen Druck hin geeinigt hatten und frackten wieder.
Allein im Jahr 2015 wurden in Deutschland 8,5 Mrd. Kubikmeter Erdgas durch sogenanntes konventionelles Fracking gewonnen. Die einheimische Produktion erfolgt vorwiegend in Norddeutschland aus tief liegenden Sand- und Kalksteinen (mehr dazu beim BMWi).
Es ist also höchste Zeit, Einspruch zu erheben und uns dem umwelt- und gesundheitsgefährdenden Fracking mit aller Kraft entgegen zu stellen.
Quellen: PublicDomain/info.kopp-verlag.de/zentrum-der-gesundheit.de am 03.02.2016
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