Sklavenarbeiter gab es im Nazi-Deutschland auch bei Auto Union. Audi ließ das Zwangsarbeits-Kapitel seines Vorgängers untersuchen und passte eigene Darstellungen an. Nun taucht Kritik aus berufenem Munde auf: Die Studie erinnere streckenweise an ein Gefälligkeitsgutachten.
Der Chefhistoriker der Volkswagen AG, Manfred Grieger, wirft der Konzerntochter Audi grobe Fehler bei der Aufarbeitung ihrer NS-Vergangenheit vor.
So würden in einer vom Audi-Vorstand in Auftrag gegebenen Studie über den Audi-Vorgänger Auto Union die „engen Beziehungen“ des Auto-Union-Managements zu den „NS-Eliten heruntergespielt“, kritisiert Grieger. Es würden weniger die Opfer des NS-Terrors bedauert als vielmehr die „Auslöschung“ der Auto Union am Ende des Zweiten Weltkriegs.
Der Forschungsansatz der Studienautoren sei teilweise „konzeptionell überaltert“, ihre Sicht „verengt“. Zudem bezeichne die Studie die Auto Union der ersten Kriegsmonate als „unbescholtenen Zivilfahrzeugbauer“, faktisch jedoch seien „die Beziehungen zu den NS-Eliten durch die drei Vorstände Richard Bruhn, William Werner und Carl Hahn eng“ gewesen (Geschäft mit Hitler: 11 deutsche Unternehmen und ihre dunkle Nazi-Vergangenheit).
Grieger, der an der Universität Göttingen lehrt, konstatiert eine „abwehrende Haltung“ der Autoren: So anerkennten sie zwar die Verantwortung der Auto Union für die Menschenrechtsverletzungen im böhmischen KZ-Außenlager Leitmeritz, wo für 4500 für Auto-Union-Vorhaben eingesetzte KZ-Häftlinge starben, bestritten aber eine „direkte, justiziable Personalverantwortung“, weil der Einsatz der KZ-Häftling formal von der SS organisiert wurde (Das Geld des Terrors: Lagergeld in Konzentrationslagern und Ghettos).
Verfasst hatten die Studie „Kriegswirtschaft und Arbeitseinsatz bei der Auto Union AG Chemnitz im Zweiten Weltkrieg“ 2014 der Audi-eigene Historiker Martin Kukowski und der Chemnitzer Historiker Rudolf Boch.
Audi geht auf die in der Zeitschrift für Unternehmensgeschichte veröffentlichte Kritik Griegers nicht im Detail ein: „Wir haben die Rezension zur Kenntnis genommen.“ Nach Einschätzung des Unternehmens wurde die 500 Seiten starke Studie „weltweit sehr positiv aufgenommen und beurteilt“ (Kein (Einzel-)Kampf: Adolf Hitlers angesehene Vorbilder und wohlhabende Gönner (Videos)).
VW hatte bereits in den 90ern Nazi-Vergangenheit untersucht
Die Audi-Mutter Volkswagen hatte die eigene NS-Geschichte bereits in den 1990er Jahren untersuchen lassen. Der Konzern beteiligte sich zudem für alle seine Marken auch an der 2000 gegründeten Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ), die bis 2007 etwa 4,4 Milliarden Euro an fast 1,7 Millionen ehemalige Zwangsarbeiter der NS-Diktatur auszahlte. Wirtschaft und Bund speisten den Etat (Internationale Allianz mit Hitler und Nazi-Deutschland – Teil 1: Die USA Connection).
Die Wurzeln des VW-Konzerns liegen im Nationalsozialismus. Hitler legte den Grundstein für das Stammwerk Wolfsburg, das mit Geld aus dem enteigneten Gewerkschaftsvermögen entstand. Audi gehört seit 1965 zum VW-Konzern. Für seine Beziehungen zu Geschäftspartnern regelt der VW-Konzern heute in einem Vorgabenkatalog: „Volkswagen lehnt jegliche wissentliche Nutzung von Zwangs- und Pflichtarbeit einschließlich Schuldknechtschaft oder unfreiwilliger Häftlingsarbeit ab.“
Literatur:
Die Nazi-Wurzeln der “Brüsseler EU” von August Kowalczyk
Hitlers amerikanische Lehrer: Die Eliten der USA als Geburtshelfer der Nazi-Bewegung von Hermann Ploppa
Verschwiegene Schuld: Die alliierte Besatzungspolitik in Deutschland nach 1945 von James Bacque
Quellen: PublicDomain/Focus/wiwo.de am 30.08.2016
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