Moskau ist laut dem Kreml-Sprecher Dmitri Peskow über die Turbulenzen nahe Russlands Grenzen, und zwar die jüngsten Ereignisse in der Türkei, in Armenien und Kasachstan, äußerst besorgt.
„Zweifelsohne lösen derartige Turbulenzerscheinungen nahe unserer Grenzen Besorgnis aus. Natürlich sind wir gezwungen, die Situation äußerst aufmerksam zu verfolgen und zu analysieren“, sagte Peskow.
Dem Kreml-Sprecher zufolge werden die notwendigen Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit in Russland entsprechend der neu eingegangenen Informationen ergriffen.
Am Freitagabend hatte die türkische Regierung den „Putschversuch“ im Land unterbunden. In Armenien hatte eine Gruppe bewaffneter Radikaler am Sonntag ein Gebäude des Streifendienst-Regiments der Polizei besetzt und dabei sieben Polizisten als Geiseln genommen (Foto).
Und am Montag hatte schließlich ein Unbekannter ein Polizeirevier in der kasachischen Hauptstadt Almaty überfallen und dabei mehrere Polizisten erschossen.
Peskow unterstrich, dass diese Ereignisse nicht gleichgestellt werden dürfen.
„In der einen Situation geht es zweifelsohne um den Versuch eines Staatsstreichs, der mit Gewalt ausgeführt worden war und zu zahlreichen Todesopfern geführt hatte. In dem anderen Fall handelt es sich um verschiedene kriminelle Erscheinungen“, so der Kreml-Sprecher (Bereitet Washington eine ‘Farbenrevolution’ in Russland vor?).
Peskow betonte, dass Moskau seine Nachbarländer gerne als stabile, aufblühende und vorhersehbare Staaten sehen würde.
Der Militärputsch war inszeniert
Verworren, schrecklich und erschreckend – so beschreibt Dr. Bernd Liedtke die aktuelle Lage in der Türkei. Nach seiner Ansicht handelt es sich um einen inszenierten Putschversuch. „Präsident Erdogan hat diesen Weg genutzt, um die Verfassung zu ändern. Wir können von keiner Demokratie mehr sprechen“, so der Türkei-Experte im Gespräch mit Sputnik (Putschversuch in der Türkei gescheitert – Durchmarsch zur Diktatur – Spekulationen über Verwicklungen aus dem Ausland (Nachtrag & Videos)).
Laut Liedtke wären die früheren Putsche gut geplant und hätten gut gewirkt. Diesmal sei das nicht der Fall gewesen. „Die Art und Weise, wie der Staatspräsident reagiert, indem er aus dem Justizapparat mehrere Tausend Richter und Staatsanwälte entfernt, wie er die Todesstrafe wieder auf die Agenda setzt — all das zeigt, dass dort etwas in Busch ist“, fügte er hinzu.
Der Meinung der Experten zufolge wollte Präsident Erdogan die Verfassung ändern, dies sei ihm aber nicht gelungen, weil es keine parlamentarischen Kräfte gab.
„Von daher nutzt er diesen Weg, um jetzt die alte Verfassung vom 1982 zu ändern und auf seine autokratische Vorstellung von einem Regierungssystem überzugehen. Das wird er jetzt auch machen“.
Das angespannte Verhältnis zwischen der EU und Ankara verschlechtere sich noch weiter. Die mögliche Einführung der Todesstrafe rufe in der EU große Sorge hervor.
„Diejenigen Akteure in der Europäischen Union, die nicht nur gegen einen EU-Beitritt der Türkei waren, sondern kritisiert haben, die Türkei sollte kein Beitrittskandidat sein, bekommen jetzt Oberwasser und werden die Diskussion über die Todesstrafe dazu nutzen, die Türkei aus dem Status des Beitrittskandidaten herauszubringen“, so Dr. Liedtke.
Das bedauere er in hohem Maße, weil die Europäische Union und die Türkei wirtschaftlich und politisch miteinander verbunden seien. Deutschland und die Türkei seien dazu noch menschlich verbunden – in Deutschland leben über drei Mio. türkischstämmige Bürger.
Als sehr gefährlich bezeichnete der Experte die Situation, die während des Putsches auf dem türkischen Nato-Militärstützpunkt Incirlik entstand, wo die US-Atomwaffen stationiert sind (Atom-Bomben für Italien, Deutschland, Belgien, Niederlande und Türkei (Video)).
„Die Armee eines Nato-Mitgliedslandes war zeitweise außer Kontrolle. Das darf die Nato als Militärbündnis nicht erlauben und dulden“. Das würde aber nicht zur Entlassung der Türkei aus dem Bündnis führen, davon ist der Experte überzeugt.
Erdogans Sieg über die Putschisten werde sich in eine tragische Niederlage der türkischen Demokratie verwandeln. „Die türkische Demokratie ist eine defekte Demokratie, sie wird jetzt mehr leiden, so dass wir von keiner Demokratie mehr sprechen können“, schlussfolgert der Experte.
Türkische Putschisten zielten auch auf Russland
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die US-Lobby in der Armee kaltgestellt, wie die „Nesawissimaja Gaseta“ am Montag zu den Folgen des versuchten Militärputsches gegen den türkischen Staatschef schreibt.
Die militärpolitische Führung der Türkei hat demnach keinerlei Zweifel daran, dass hinter den Organisatoren des gescheiterten Putschversuchs hochrangige Militärs stehen, die mit durch die USA unterstützten politischen Kräften verbunden sind. Laut Ankara hatten die Rebellen eine Konfrontation mit Russland im Visier. Gerade diese Putschisten sollen den russischen Su-24-Bomber über Syrien im November 2015 abgeschossen haben.
Der Bürgermeister von Ankara, Melih Gökçek, sagte gegenüber CNN Turk, der Pilot der türkischen Luftstreitkräfte, der den Su-24-Jet damals abgeschossen hätte, sei ein Mitglied der Oppositionsgruppe, die von dem in den USA lebenden oppositionellen Prediger Fethullah Gülen unterstützt wird. Die Regierung in Ankara bezeichnet die Aktivitäten dieser Oppositionsgruppe als Versuch, einen „parallelen Staat“ zu schaffen. Dieser hätte das Ziel gehabt, die Türkei international zu isolieren.
Der Militärexperte Eduard Rodjukow zog einen Vergleich zur Rebellion im usbekischen Andijon und anderen Städten im Ferghanatal im Mai 2005. Damals hatte sich später herausgestellt, dass damals US-Geheimdienste an der Organisation des Aufstandes beteiligt gewesen seien, die am US-Luftwaffenstützpunkt Khanabad bei Karschi tätig waren. Nach diesen Ereignissen habe Taschkent beschlossen, den Stützpunkt zu schließen.
Heute, so Rodjukow, sei Usbekistan einer der stabilsten Republiken Zentralasiens. Laut dem Experten werden die Beziehungen zwischen Ankara und Washington nun ebenso revidiert. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Putschversuch angesichts der begonnenen Verbesserung der Beziehungen zwischen der Türkei und Moskau organisiert worden sei.
Dieser Meinung ist auch Militärexperte Juri Netkatschew. Es sei nicht ausgeschlossen, dass es sich die US-Militärlobby in der türkischen Armee zum Ziel setzte, bei dem Ergreifen der Macht die Durchfahrt von russischen Militärschiffen ins Mittelmeer zu sperren und damit die Aktivitäten der russischen Militärgruppierung in Syrien massiv einzuschränken.
Nicht zufällig hätten die Rebellen als einer der ersten Schritte den Bosporus für den Schiffstransit gesperrt, so der Experte.
Literatur:
Die Eroberung Europas durch die USA: Zur Krise in der Ukraine von Bittner Wolfgang
Zerstörung der Hoffnung (Killing Hope): Bewaffnete Interventionen der USA und des CIA seit dem 2. Weltkrieg von William Blum
Quellen: PublicDomain/de.sputniknews.com am 18.07.2016
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Warum regen sich unsere Politiker in der EU so auf wegen der Todesstrafe? Die EU hat doch mit den Lissaboner Verträgen 2009 die Todesstrafe still und heimlich wieder eingeführt, ohne dass das Volk es mitbekommen hat! Es ist traurig wie verlogen die Politik ist – und wer steckt überall dahinter – unsere „lieben amerikanischen Freunde“. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde. Erdogan wird seine Diktator Rolle immer stärker ausleben, und wir stehen ja alle an seiner Seite – Demokratie pur. Aber im Ukraine Konflikt haben wir ja sogar die dort agierenden Nazis unterstützt – vergessen wir die Geschichte? Warum gibt es keinen Politiker in der EU oder – naja, in Deutschland, der einen A… in der Hose hat und zu einer realistischen, selbstständigen und nicht mehr ferngesteuerten Politik zurückkehrt bzw. sie bei uns einführt.
Wacht doch endlich einmal auf und erkennt, was hier gespielt wird….
Einige Stimmen sehen in den Ereignissen des Wochenendes nur einen „Probelauf“.
Ich neige dazu, die Beziehung zwischen Russland und Türkei ins Spiel zu bringen. Kerry und Nuland waren sicherlich nicht zum Schachspielen im Kreml.
Gleichzeitig ist nicht von der Hand zu weisen, dass die NATO pleite ist, weil die USA pleite sind. Die EZB wird doch nicht ernsthaft als Financier der NaToten gesehen?
http://www.dzig.de/Das-unscheinbare-Ende-der-NATO
Die NATOten sind pleite, veranstalten nur noch Militärparaden an den Ostgrenzen. Russland schaut zu und ist fassungslos über soviel sinnloses Säbelrasseln. Der vermeintliche Feind östlich der NATO ist ein Phantom. Die Portokasse reicht gerade noch für Drohnenmorde mit der Unterstützung von Ramstein.
Überrascht vom Putsch an sich war ich nicht. Ich frage mich schon seit langem, warum die Militärs nicht gegen den Islamisten und Feind einer modernen Türkei putschen. Wie im Artikel bereits erwähnt, waren frühere Militärputsche in der Türkei stets minutiös geplant und erfolgreich durchgeführt worden. Deshalb war ich sehr überrascht vom schnellen schnellen Scheitern des „Putsches. In diesem Zusammenhang musste man sich natürlich auch kurz nach Bekanntwerden des Scheiterns bestimmte Fragen stellen. Ich war von Beginn der Meldung über das Scheitern davon überzeugt, dass wir es hier nicht mit einem echten Putsch zu tun haben können, andernfalls müsste man sagen, dass die türkische militärische Führung und der Generalstab eine Ansammlung hilfloser Dilettanten ist. Das kann ich nicht glauben.