Gasförderung und Fracking: Bothel lebt in Angst vor Krebs und Erdbeben

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An einem Frühsommertag wie diesem erscheint das Land zwischen Bremen und Hamburg als idealer Rückzugsort für überhitzte Großstädter. Wanderwege, Kiefernwälder, Weizen, der sich im Wind wiegt. Die Straßen sind gesäumt von Fachwerkhäusern mit bunten Vorgärten.

„So ein Fachwerkhaus verzeiht vieles“, sagt Grit Leymann aus Brockel. Zum Glück auch das Erdbeben Ende Mai. Fundament und Wände wackelten, es war ein Beben der Stärke 2,3 auf der Richterskala. So etwas habe sie zuvor noch nie erlebt. Seit einem Jahr wohnt die 45-Jährige mit ihrem Mann und zwei Söhnen in der Samtgemeinde Bothel im Landkreis Rotenburg.

Flaches Land nur an der Oberfläche

Der Landstrich ist idyllisch und vor allem flach, wie man es in Norddeutschland gewohnt ist. Heide, Moor, Wald an der Oberfläche – aber in 5.000 Metern Tiefe sieht es ganz anders aus. Riesige unterirdische Gebirge türmen sich dort auf.

Seit 35 Jahren fördert das Weltunternehmen Exxon Mobil hier Gas. Der Bereich Elbe-Weser ist regelrecht durchzogen von einem Netz mit 65 Gasförderstätten. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen in Norddeutschland bisher 110 Milliarden Kubikmeter Gas gefördert. Rund zwei Millionen Haushalte würden damit versorgt.

Bürgermeister: Erdbeben richten kaum Schaden an

Seit 2011 wird in der Region nicht mehr die Fracking-Methode angewendet, doch auch die konventionelle Erdgasförderung aus den Lagerstätten in der Tiefe birgt Risiken. Schuld an den Erdbeben ist die Druckveränderung im Speichergestein. Dieser Zusammenhang ist wissenschaftlich erwiesen.

Zum Ausgleich hat der US-amerikanische Öl- und Gasmulti Exxon Mobil Zugeständnisse an die Bevölkerung gemacht. Vor zwei Jahren richtete der Landkreis Rotenburg eine Schlichtungsstelle ein, die sich um Erdbeben-Schäden kümmert. Aber „das Maß der Schäden ist zu ertragen“, sagt der Bürgermeister der Samtgemeinde Bothel, Dirk Eberle (parteilos). Nach dem letzten Beben sei nur ein einziger Schadensfall gemeldet worden.

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Doch da sind noch die Krebsfälle

Dass es öfter mal „Rumms“ macht, wenn er abends fernsieht, bringt Bürgermeister Eberle nicht aus dem Konzept. Doch er hat andere Sorgen. Ende 2015 stellten Mediziner erstmals ein erhöhtes Krebsrisiko in der Region fest.

Das hat inzwischen auch das Krebsregister Niedersachsen bestätigt. Zwischen 2003 und 2012 erkrankten in Bothel 41 Männer an Blut- oder Lymphdrüsenkrebs. Laut Statistik hätten es 21 Neuerkrankungen sein dürfen. Somit ist die tatsächliche Zahl fast doppelt so hoch wie der Erwartungswert bei 8.500 Einwohnern in Bothel.

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Ein Zusammenhang zwischen der hohen Zahl an Krebserkrankungen und der Erdgasförderung ist wissenschaftlich nicht erwiesen. Zurzeit jedoch arbeitet das Landesgesundheitsamt an der Erfassung aller Fälle, ein Ergebnis wird Ende des Jahres erwartet. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) entnimmt Proben aus Luft und Grundwasser. Bisheriges Ergebnis: keine auffälligen Werte.

Einwohnerin führt eigene Krebs-Statistik

Dennoch: Das Lagerstättenwasser, das bei der Erdgasförderung übrig bleibt, ist belastet mit krebserregenden und teils radioaktiven Stoffen. Damit es keinen Schaden anrichtet, wird es grob gereinigt und 1.000 Meter unter der Erde verpresst – mit ungewissem Ausgang. Die Bürger befürchten, dass Stoffe wie Quecksilber und Benzol bei der Verarbeitung ihre Umwelt vergiften.

Auffallend viele Männer sind betroffen. Leukämie und Lymphdrüsenkrebs sind die häufigsten Krebsarten. „Ich habe Angst um meine Söhne“, sagt Grit Leymann. Im Nachbardorf führt die Naturheilkundlerin mittlerweile ihre eigene Statistik. Allein für die Ortschaft Bellen (Samtgemeinde Bothel) erfasste sie zwölf Personen, die seit 2005 an Krebs erkrankt waren – bei insgesamt 52 Einwohnern. Inzwischen sind vier davon verstorben.

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Krankheiten waren lange Tabu-Thema

„Exxon Mobil redet auf Veranstaltungen vieles schön. Zahlreiche Fragen werden nicht beantwortet“, beklagt Leymann. Lange sei das Thema auch in der Bevölkerung ein Tabu gewesen, fügt ihre Freundin Ulrike Voß an. Die 50-Jährige wohnt im Nachbarort Moordorf und hat vier Kinder. „Wir haben schon länger geahnt, dass etwas nicht stimmt. Aber erst seit die Ärzte 2015 ihr Schweigen gebrochen haben, sprechen die Einwohner offener darüber“, sagt sie.

Bürgermeister sieht sich als Vermittler

Es ist das Warten auf Ergebnisse, auf Klarheit, das die Menschen in der Region Nerven kostet. „Es ist eine schwere Zeit für uns“, sagt Bürgermeister Eberle. Er möchte am liebsten so schnell wie möglich wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen Gasförderung und Erkrankungen gibt. Vorher will er sich kein Urteil erlauben. Eberle setzt auf Ruhe und Sachlichkeit, sieht sich als Vermittler zwischen den Parteien. Die Aufklärung der auffallend hohen Krebsrate sei sein Arbeitsauftrag.

Exxon Mobil ist auch der größte Gewerbesteuerzahler der Region. Aber dieses Argument stehe in keinem Verhältnis zum gesundheitlichen Risiko, so Eberle. „Die Menschen hier sind sehr sensibel geworden“, erklärt er. Kurzum: Die Fronten verhärten sich, die Nerven liegen blank.

Exxon-Mitarbeiter sind auch Nachbarn

Und das auf beiden Seiten. Eberle erzählt von Exxon-Beschäftigten, die er seit vielen Jahren als Nachbarn kennt. Auch unter ihnen herrsche Verunsicherung. „Unsere Mitarbeiter, die vor Ort arbeiten und mit ihren Familien leben, werden mit dem eklatanten Vorwurf konfrontiert, für den Tod anderer Menschen verantwortlich zu sein“, sagt Exxon-Mobil-Sprecher Klaus Torp. Das Unternehmen selbst äußert sich fast nur über eigene Kanäle zu den Vorwürfen.

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„Ich glaube denen gar nichts mehr“

Die Anwohner in Bothel fanden kürzlich das firmeneigene „Erdgas Journal“ in ihrer Zeitung. Um sich schützend vor die Mitarbeiter zu stellen, habe man in einer eigenen Publikation Stellung bezogen, erklärt Torp. „Für die erhöhten Krebsfälle sind wir nicht verantwortlich!“ steht in der Publikation (Massive Häufung von Krebsfällen durch die Gas- und Fracking-Industrie (Video)).

„Unverschämt“ findet das Grit Leymann. „Es ist nichts bewiesen und ich glaube denen gar nichts mehr.“

Literatur:

Aus kontrolliertem Raubbau: Wie Politik und Wirtschaft das Klima anheizen, Natur vernichten und Armut produzieren von Kathrin Hartmann

Der Grüne Blackout: Warum die Energiewende nicht funktionieren kann von Alexander Wendt

Der geplünderte Planet: Die Zukunft des Menschen im Zeitalter schwindender Ressourcen von Ugo Bardi

Quellen: PublicDomain/ndr.de am 09.06.2016

Weitere Artikel:

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2 comments on “Gasförderung und Fracking: Bothel lebt in Angst vor Krebs und Erdbeben

  1. Neben den Chemikalien, sollte man sich dem Thema Hyperschall einmal intensive witmen, wenn man wissen will, warum so viele im Umfeld von Bohrlöchern erkranken.
    Hyperschall entsteht immer dann wenn radioaktive Isotope zerfallen und bei dem Fracking kommen massenhaft radioaktive Isotope zu Tage.

    Wie Infraschall noch vor Jahren unbekannt war bis die Landschaft komplett voller Windkraftanlagen stand und nun offen darüber gesprochen wird, wird das Hyperschall-Krebsproblem vermutlich auch erst dann aufkommen, wenn die Landschaft komplett voller Bohrtürme steht, das Trinkwasser vergiftet ist, die Erde dauerhaft bebt und die Konzerne als große Wohltäter der Bevölkerung die große Last der Reinigungs des Trinkwassers abgenommen haben und ihnen nun gereinigtes Wasser zum fairen Preis von 1 Euro je Liter wieder anbieten.

    Aber bis das alles bekannt werden darf, sollten wir das weiter Regierungskonform oder politisch korrekt als Verschwörungstheorie abtun.

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