Akupunktur kann chronische Schmerzen, Bluthochdruck, Depressionen und andere Gesundheitsprobleme lindern. Forscher entdeckten eine biochemische Reaktion, die möglicherweise für manche der zahlreichen erwiesenen Vorteile dieser uralten Heilmethode verantwortlich ist.
Jährlich lassen sich schon mehr als 3 Millionen Amerikaner mit Akupunktur behandeln, und es werden immer mehr.1 Es gibt viele unterschiedliche Akupunkturtechniken, in den USA werden meist traditionelle Methoden aus China, Japan und Korea angewandt. Dabei werden an ganz bestimmten Körperstellen dünne Nadeln in die Haut gestochen und per Hand oder mit elektrischem Strom stimuliert.2
Akupunktur wird seit Jahrtausenden überall auf der Welt angewandt und hat sich in all der Zeit bewährt, weil sie nachweislich und auf sichere Art viele gängige Beschwerden lindert. Wie sie wirkt, ist zum großen Teil rätselhaft, aber letztes Jahr wiesen Forscher eine biochemische Reaktion nach, die möglicherweise für einige Effekte der Akupunktur verantwortlich ist.
Wissenschaftler erklären, wie Akupunktur Entzündungen und Schmerzen lindert
Eine Tierstudie über die Wirkung von Akupunktur bei Muskelentzündungen zeigte, dass die manuelle Akupunktur entzündungsfördernde Zellen, die M1-Makrophagen, herunterregelt oder ausschaltet. Zugleich regelt sie entzündungshemmende M2-Makrophagen hoch bzw. aktiviert sie, wodurch Schmerzen und Schwellungen zurückgehen.3
Dies ist eine effektive Strategie, weil M2-Makrophagen entzündungshemmendes Interleukin-10 (IL-10) liefern. IL-10 ist ein Zytokin, das in der Immunantwort eine Rolle spielt. Man nimmt an, dass die Hochregelung von M2-Makrophagen den IL-10-Spiegel erhöht, wodurch Schmerzen und Entzündungen gelindert werden. Die Epoch Times berichtet:4
»Akupunktur knipst wortwörtlich einen Schalter an, der zunächst Entzündungsreaktionen reduziert und dann den körpereigenen Heilungsprozess in Gang setzt.
Das durch Akupunktur ausgelöste Herunterregeln von M1-Makrophagen und Hochregeln von M2-Makrophagen konnte mit einer Linderung der Muskelschmerzen und -entzündungen in Zusammenhang gebracht werden.«
Vermutlich funktioniert die Akupunktur über eine ganze Reihe von Mechanismen. 2010 fand man z. B. heraus, dass Akupunktur schmerzhemmende Rezeptoren aktiviert und die Konzentration desNeurotransmitters Adenosin im lokalen Gewebe erhöht.5
Adenosin verlangsamt die Hirnaktivität und lässt einen schläfrig werden. In einer Pressemitteilung in Nature Neuroscience heißt es:6
»Die Autoren stellen ein Modell vor, bei dem kleinste Gewebeverletzungen durch die rotierenden Nadeln die Freisetzung von Adenosin auslösen, das, so es sich nahe genug an den schmerzübertragenden Nerven befindet, den Schmerz an dieser Stelle unterdrücken kann.«
Akupunktur beeinflusst den Körper auf mehreren Ebenen
Seit über 2500 Jahren gibt es schriftliche Belege für die Ausübung von Akupunktur. Sie basiert auf der Annahme, dass es im menschlichen Körper an die 2000 Akupunkturpunkte gibt, die durch bioenergetische Bahnen, die Meridiane, miteinander verbunden sind (Vom Geheimnis der Meridiane und der chinesische Weg der Selbstheilung).
Laut der traditionellen Medizin fließt durch diese Bahnen Qi, die Lebensenergie. Und wenn eine Bahn blockiert ist, kann diese Störung zu Unausgewogenheiten und chronischen Krankheiten führen.
Akupunktur wirkt nachweislich bei einer ganzen Reihe von chronischen Beschwerden. Zurückzuführen ist dies zum Teil auf die Stimulierung des zentralen Nervensystems, natürliche Chemikalien freizusetzen, die wiederum Körpersysteme, Schmerzen und biologische Prozesse beeinflussen. Es gibt Hinweise darauf, dass Akupunktur auch durch folgende Mechanismen wirkt:7
- Stimulierung der Übertragung elektromagnetischer Signale, wodurch Immunsystemzellen oder schmerzhemmende Chemikalien freigesetzt werden
- Aktivierung des körpereigenen Opioidsystems, das Schmerzen reduziert und den Schlaf fördert
- Stimulierung des Hypothalamus und der Hirnanhangdrüse, die sich auf zahlreiche Körpersysteme auswirkt
- Veränderung der Freisetzung von Neurotransmittern und Neurohormonen, wodurch die Hirnchemie positiv beeinflusst wird
Akupunktur lindert die Schmerzen bei Arthrose im Knie
Akupunktur wird häufig bei chronischen Schmerzen eingesetzt und kann insbesondere bei Kniearthrose schmerzlindernd wirken. In einer Studie an der Chengdu-Universität für Traditionelle Chinesische Medizin konnte Akupunktur – 4 Wochen lang fünfmal die Woche durchgeführt – dieSchmerzen und Steifigkeit bei Kniearthrose signifikant reduzieren.8
Noch deutlicher war die Verbesserung in dieser Studie, wenn die Akupunktur mit der chinesischen Massageform Tuina kombiniert wurde. Andere Experimente erbrachten ähnliche Ergebnisse, darunter eine der bislang längsten und größten Studien zu diesem Thema.
An dieser 26 Wochen dauernden Studie nahmen mehr als 550 Patienten mit Kniearthrose teil. Sie wurden willkürlich in drei Gruppen unterteilt: Eine Gruppe wurde mit Akupunktur behandelt, die zweite mit Sham-Akupunktur (falsche Punkte, geringe Stichtiefe, keine Nadelstimulation), und die dritte wandte die von der Arthritis Foundation empfohlenen Selbsthilfestrategien an (diese Patienten dienten als Kontrollgruppe).
In der 8. und in der 14. Woche waren deutliche Unterschiede zu verzeichnen, und am Ende des Experiments waren bei der Gruppe mit echter Akupunktur die Schmerzen um 40 Prozent zurückgegangen und die Beweglichkeit um fast 40 Prozent verbessert worden – eine um 33 Prozent deutlichere Verbesserung als bei der Sham-Akupunktur-Gruppe.9
Akupunktur bei hohem Blutdruck
Es gibt Hinweise darauf, dass Akupunktur zu hohen Blutdruck senken und damit einhergehende Ängste, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Herzklopfen und Tinnitus lindern kann. Es ist bekannt, dass Bluthochdruck zu erhöhten Konzentrationen des entzündungsfördernden Tumornekrosefaktors-ɑ (TNF-ɑ) und des TNF-ɑ-stimulierenden Endothelins (ET) führt. Diese Peptide sind an der Verengung von Blutgefäßen und am Steigen des Blutdrucks beteiligt.10,11
Man nimmt an, dass Akupunktur TNF-ɑ und ET herabregulieren kann und dadurch den Blutdruck senkt. In einer Studie mit Bluthochdruck-Patienten führte eine wöchentliche 30-minütige Behandlung mit Elektroakupunktur (bei der die Nadeln mit elektrischem Strom stimuliert werden) zu leicht gesenktem Blutdruck.12
Dr. John Longhurst, Kardiologe an der University of California in Irvine und Koautor der Studie, sagte gegenüber WebMD:13
»Möglicherweise kann der Blutdruck mit einer monatlichen Weiterbehandlung niedrig gehalten werden.
Bei 70 Prozent der Patienten war ein deutlicher Blutdruckabfall zu verzeichnen, im Schnitt sank der systolische Druck [der erste Wert] um 6 bis 8 mmHg und der diastolische [der zweite Wert] um 4 mmHg.«
Akupunktur bei Depressionen, Krebs und anderen Erkrankungen
Akupunktur kann bei unzähligen weiteren Beschwerden hilfreich sein. Studien weisen darauf hin, dass damit beispielsweise Depressionen therapiert werden können.17 Außerdem kann sie Müdigkeit, Ängste und Depressionen von Krebspatienten innerhalb von nur 8 Wochen lindern.18
Sind bestimmte Formen der Akupunktur besser als andere?
Die unterschiedlichen Akupunkturarten haben ähnliche Vorzüge. Manchmal werden die Akupunkturpunkte mit elektrischem Strom, Laser oder Akupressur (bei der auf die Punkte Druck ausgeübt wird) stimuliert.
Der Begriff »Akupunktur« wird häufig für alle diese Formen verwendet, und alle wirken nach dem gleichen Prinzip. Wenn Sie also eine natürliche, uralte Behandlungsmethode wie Akupunkturausprobieren möchten, Ihnen die Vorstellung von Nadeln im Körper aber weniger behagt, gibt es auch Alternativen ohne Nadeln – etwa die »Emotional Freedom Techniques« (EFT) –, aber sie erreichen nicht ganz die Effizienz der Akupunktur.
Wenn Sie die traditionelle Akupunktur ausprobieren möchten, sollten Sie bedenken, dass der Behandlungserfolg von der Erfahrung des Therapeuten abhängig ist.
Es gibt Akupunkteure, die alle Beschwerden behandeln, andere haben sich auf Teilgebiete spezialisiert, z. B. auf Schmerzlinderung, Depressionen, Unfruchtbarkeit oder neurologische Störungen. Suchen Sie sich auf jeden Fall einen Akupunkteur mit Erfahrung im entsprechenden Bereich, der mit Ihnen zusammen einen Behandlungsplan erstellt.
Verweise:
1, 2 National Health Statistics Report, 10. Februar 2015
3 Molecular Neurobiology, Februar 2015
5 Nature Neuroscience 13, 883–888 (2010)
6 Nature Neuroscience, Juli 2010
8 Journal of Clinical Acupuncture and Moxibustion, 2014, 6, 35–38
9 Annals of Internal Medicine, 21. Dezember 2004;141(12):901–910
10 Shanghai Journal of Acupuncture and Moxibustion. 34(4)
12 Med Acupunct., 1. August 2015;27(4):253–266
14 Archives of Internal Medicine, 10. September 2012; 10:1–10 [E-Publikation vor Druck]
15 Acupunct Med., 15. Februar 2016
16 Alternative and Complementary Therapies, Dezember 2015, 21(6): 255–260
17 PLOS Medicine, 24. September 2013
18 Cancer, 1. Dezember 2014;120(23):3744–3751
Quellen: PublicDomain/info.kopp-verlag.de am 28.06.2016
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