Historikern zufolge lässt sich der Satanismus bis ins Frankreich des 17. Jahrhunderts und zu Étienne Guibourg, bekannt als der „aus dem Amt verstoßene Priester“, zurückverfolgen. Guibourg und seine Gefährtin, Catherine Montvoisin oder „La Voisin“, waren die ersten Menschen in der Geschichte, die Schwarze Messen veranstaltet haben. Wenn man den Legenden Glauben schenkt, dann war es Madam de Montespan, eine vernachlässigte Geliebte von Ludwig XIV, die das Paar darum bat, eine Reihe Schwarzer Messen zu organisieren, die ihr dabei helfen sollten, wieder zur Favoritin des Königs zu werden.
Bei jeder dieser drei Messen wurde ein Baby geopfert und das Blut des Kindes in einen Kelch gegossen. Das Paar war bekannt dafür, Rituale durchzuführen, die viele christliche Praktiken imitierten und umkehrten. Catherine La Voisin gab später vor Gericht an, mehr als 2.500 Kinder geopfert zu haben.
Nachdem Satan das gesamte Mittelalter über als die Verkörperung allen Übels gefürchtet wurde, ist er in den letzten Jahrhunderten für manche zum Gegenstand der Anbetung und Verehrung geworden.
Der Amerikaner Anton Szandor LaVey theorisierte den Satanismus in den 1960ern. Er schrieb die Satanische Bibel und gründete 1966 in San Francisco die Church of Satan. Er behauptete, eine religiöse Philosophie zu vertreten, die Satan als „das Symbol der persönlichen Freiheit und des Individualismus“ ansah. Indem er ausgewählte Klischees des westlichen Gedankenguts neu interpretierte, warb LaVey für eine persönliche Entwicklung, bei der der Mensch über sich hinauswächst und zum Übermenschen wird, der in der Lage ist, all seine eigenen Wünsche restlos zu erfüllen. Von dem perfekten Satanisten wurde erwartet, diverse Rituale und Messen abzuhalten, um seine inneren okkulten Kräfte zu entfalten.
Satanismus blieb der breiten Öffentlichkeit relativ unbekannt, bis Mitte der 1980er Verbrechen, die mit Teufelsanbetung in Verbindung gebracht wurden, in den Medien Wellen schlugen. Dazu gehörten die Kirchenbrände und Morde in der berüchtigten Black-Metal-Szene Norwegens, Grabschändungen im französischen Toulon, sowie mehrere Morde an Kirchenmännern und Menschenopfer in aller Welt. Kleine satanistische Gruppen bekannten sich zu manchen dieser Taten, während andere von Amateur-Satanisten ausgeführt wurden, die ihre Inspiration aus Horrorfilmen, düsterer Literatur und Metal zogen (beziehungsweise handelte es sich im Fall der nordischen Black-Metal-Verbrechen eher um antichristlich/„heidnisch“ motivierte Taten, die von Presse und Öffentlichkeit als satanistisch verstanden wurden).
Doch was macht ein satanisches Verbrechen aus? Normalerweise leitet sich diese Einordnung aus der Inszenierung der Tat, der Persönlichkeit des Mörders, dem Umgang mit den Leichen und dem Vorhandensein religiöser Symbole ab. Mehrere verurteilte satanistische Mörder haben angegeben, in den Wochen vor der Tat einen „dringenden Wunsch zu töten“ verspürt zu haben.
Hier sind einige der größten satanistischen Verbrechen der vergangenen 30 Jahre.
Kastration brasilianischer Jungen
Die brasilianische Sekte Lineamiento Universal Superior (LUS) glaubte, dass alle Jungen, die nach 1981 geboren wurden, vom Teufel besessen seien. Die Gruppe, angeführt von Valentina de Andrade, war bekannt dafür, sich in schwarzen Roben zu kleiden und Kinder als zentralen Bestandteil ihrer geheimen Schwarzmagie-Rituale einzusetzen.
Zwischen 1989 und 1993 wurden mehrere junge Männer kastriert und ermordet in der brasilianischen Stadt Altamira gefunden. Von den 19 Opfern, die mit der okkulten UFO-Sekte in Verbindung gebracht werden, sind 6 gestorben, 5 wurden nie gefunden und 8 schafften es zu überleben, nachdem man sie unter Drogen gesetzt, kastriert und im Straßengraben liegenlassen hatte. Angeblich wurden ihre Genitalien von der Gruppe in ihren satanistischen Ritualen verwendet.
2003, nach mehreren Jahren der Polizeiermittlungen, kamen fünf der Mitglieder wegen Folter, Kastration und Mord an fünf Kindern vor Gericht. Unter den Mitgliedern, die die schwersten Strafen erhielten, waren Ärzte und ehemalige Polizeibeamte. Die angebliche Anführerin der Gruppe, de Andrade, bestritt ihre Beteiligung an den Verbrechen und wurde letztendlich freigesprochen.
Der „satanische Blitz“
An 19. Dezember 2000 will der 19-jährige, in Frankreich lebende Deutsche David Oberdorf eine Stimme gehört haben, die ihm zweimal befohlen habe, „einen Priester zu töten“.
Eines Abends saß Oberdorf im Schlafzimmer seiner Eltern und hörte Black Metal, als er einen Drang, oder, wie er es nannte, „einen satanischen Blitz“ spürte. Komplett in Schwarz gekleidet und mit einem Jagdmesser bewaffnet schwang er sich auf sein Fahrrad. Gegen 22 Uhr klingelte er an der Tür des Priesters, Vater Uhl. Der Priester ließ den jungen Mann rein, um herauszufinden, was mit ihm los war, doch sobald er ihm den Rücken zukehrte, warf sich Oberdorf auf ihn, rang ihn zu Boden und ritzte mit dem Messer ein Pentagramm in seine linke Hand. Daraufhin knebelte er ihn mit einem Halstuch, trat ihn und stach mehrmals auf ihn ein, bevor er letztendlich die Flucht ergriff. Am Morgen des 20. Dezember fand ein Gemeindemitglied die Leiche des Priesters mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden. Er hatte 33 Stichwunden erlitten.
Die ermittelnden Polizeibeamten brachten schnell Oberdorf und sein Verbrechen mit den Grabschändungen auf dem Friedhof von Toulon 2006 in Verbindung: Die Leiche einer alten Frau war ausgegraben und ihr Herz auf einem umgedrehten Kreuz aufgespießt worden. Bei der Durchsuchung von Oberdorfs Zimmer fanden sie satanistische Bücher, diverse okkulte Gegenstände und ein Bild von Hitler. Oberdorf sagte später vor Gericht aus, dass er sich bei der Ermordung des Priesters gefühlt habe „wie ferngesteuert“. Er wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt.
Die Satansmorde von Witten
„6.6. für unseren Hochzeitstag und 6.7. für das Opfern einer Seele, das macht 6667″, sagte die selbsternannte Satanistin Manuela Ruda 2002 im nordrhein-westfälischen Witten vor Gericht aus. So wollte sie den Mord an einem Arbeitskollegen ihres Mannes erklären.
Manuela war mit Daniel Ruda verheiratet, einem ehemaligen NPD-Mitglied, der nach einer angeblichen Vision im Alter von 14 Jahren zum Satanismus übergetreten sein soll. Am 6. Juli 2001 entführten sie gemeinsam Frank Hackert, einen von Daniels Kollegen. Seine Leiche wurde im Wohnzimmer der Wohnung des Paares gefunden. Er war 66 Mal mit einer Machete und einem Hammer geschlagen worden und ein Pentagramm war mit einem Skalpell in seinen Bauch geritzt worden.
„Es war kein Mord. Wir sind keine Mörder. Wir haben auf einen Befehl reagiert. Satan hat es uns befohlen“, erklärte die Frau während ihrer Gerichtsverhandlung. Man hatte in ihrer Wohnung eine „Feindesliste“ gefunden, die unter anderem den Namen der Mutter des Absurd-Mordopfers Sandro Beyer enthielt. Das satanische Paar wurde zu 13 und 15 Jahren in einer psychiatrischen Anstalt verurteilt.
Die West Memphis Three
Am 6. Mai 1993 wurde die Stadt West Memphis in Arkansas—ein typisch fundamentalistisch-christliches Südstaatennest—bis auf die Grundmauern erschüttert, als man drei achtjährige Jungen gefesselt und ermordet auffand. Aufgrund der makabren Art des Verbrechens gelangten die Ermittler schnell zu dem Schluss, es handle sich um ein satanistisches Ritual.
Drei Teenager aus umliegenden Vierteln wurden schließlich als die Täter bezeichnet. Alle drei Jungen waren zwischen 16 und 18 Jahren alt, hörten Metal und konnten sich kaum einen Verteidiger leisten. Ohne offizielle Beweise wurden zwei von ihnen zu lebenslänglicher Haft verurteilt, der dritte erhielt das Todesurteil. 2011 wurden alle drei Männer nach 18 Jahren Haft freigelassen, weil neue Beweise zeigten, dass keine Spur ihrer DNS jemals am Tatort gefunden worden war.
Der Mord im Keillers Park
Am 23. Juli 1997 wurde die Leiche des 37-jährigen Josef ben Meddour im Keillers Park im schwedischen Göteborg gefunden. Der Mann, ein offen lebender Schwuler, war mit zwei Kugeln erschossen worden: eine in den Rücken und eine in den Kopf.
Seine Mörder wurden als Jon Nödtveidt und „Vlad“ identifiziert, beide Mitglieder einer satanistischen Organisation namens Misanthropisch-Luziferischer Orden (MLO). Nödtveidt war der Sänger der bekannten Black-Metal-Band Dissection. MLO sollen Zeremonien veranstalten haben, bei denen Katzen geopfert wurden. Sie behaupteten außerdem zu planen, „Menschenopfer zu üben und dann einen Massensuizid zu organisieren“—eine Aussage, bei der selbst vielen ihrer Anhänger etwas mulmig zumute wurde.
Es wurde nie wirklich festgestellt, ob der Mord an Meddour satanistisch oder homophob motiviert war. Dennoch wurden beide 1998 zu 10 Jahren Haft verurteilt. Nachdem er seine Strafe abgesessen hatte, beging Nödtveidt Selbstmord. Man fand seine Leiche in seiner Wohnung, umgeben von einem Zirkel aus roten Kerzen und mit einem Buch voller Zauberformeln an seiner Seite.
Lesen Sie hier bei vice.com über weitere Fälle.
Videos:
http://www.vice.com/de/video/true-norwegian-black-metal
Video: Satanic Entertainment | Hollywood & Music Industry
https://www.youtube.com/watch?v=sRXYnucOyP8
Literatur:
Die Köder des Satanskultes: Die Musikindustrie, Hollywood und die Illuminaten-Gedankenkontrolle von Robin de Ruiter
Die Philosophie des Satanismus von Lars P Kronlob
War Jesus Caesar? 2000 Jahre Anbetung einer Kopie von Francesco Carotta
Die Satanische Bibel. Die Satanischen Rituale von Anton S Lavey
War Jesus Caesar? – Artikel und Vorträge: Eine Suche nach dem römischen Ursprung des Christentums von Francesco Carotta
Quellen: PublicDomain/vice.de vom 04.07.2015
Weitere Artikel:
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