Der Euro-Griechenland-Gipfel ging schnell zu Ende: Der Aufstand gegen das Schuldgeldsystem wurde vertagt; EU-Politiker haben den Tag der Abrechnung nach hinten datiert. Doch „die Nerven liegen blank, bei allen“, schrieb zeit.de im Live-Ticker während der Pressekonferenz der Eurogruppe. Die Konsequenzen in Griechenland sind indes noch offen: Ein Bürgerkrieg könnte die Folge sein.
Erst 3 Tage vor dem Euro-Gipfel am Montag erklärt ein Prüfausschuss des griechischen Parlaments die Staatsschulden für illegal. Das nährte die Hoffnung der weltweit verschuldeten Massen, dass endlich ein Land den ersten Schritt wagen würde und den Aufstand gegen das Schulddiktat einleiten würde. Es wäre eine Signalwirkung für den ganzen Euroraum gewesen, ja ein Fanal für alle von IWF und Weltbank „in ewiger Schuld“ gehaltenen Völker dieser Erde. Der Prüfausschuss erklärte in seinem Bericht Griechenlands ausländische Gläubiger hätten „das europäische und internationale Recht mit Füßen getreten ebenso wie die Menschenrechte“. Ihr Vorgehen sei schändlich gewesen, „denn die Gläubiger und die Europäische Union haben ihre möglichen Folgen gekannt“, hätten allerdings „die Augen vor den Verletzungen der Menschenrechte verschlossen“. Das ohne Deckung und ohne Legitimation, per Knopfdruck am Computer erzeugte Schuldgeld, würde gezielt zur Ausbeutung der Völker eingesetzt. Daher die radikale Schlussfolgerung des parlamentarischen Ausschusses: „Griechenland muss diese Schulden nicht bezahlen.“ (1)
Athens Schulden betragen mittlerweile 320 Milliarden Euro – der Parlamentsausschuss bezeichnete Griechenland als „Opfer eines IWF-Angriffsplans.“ Tatsächlich hat sich die Kumpanei aus IWF und EU-Finanzministern gegen die Griechen am Montag ein weiteres Mal durchgesetzt. Das Drama geht weiter, Steuern werden erhöht und Sozialleistungen weiter gekürzt, um die Zins- und Schuldendienste bedienen zu können. IWF-Experte Ernst Wolff sagte bereits vor dem Treffen passend: „In den Augen des IWF, der EU und auch der Medien sind die Opfer der Krise nichts anderes als eine anonyme Manövriermasse, deren Zukunft der Gier von Bankern und der Geltungssucht von Politikern unterzuordnen ist.“ (2)
Doch dies könnte ein Spiel mit dem Feuer sein. Selbst wenn Griechenland alle IWF- und EU-Diktate erfüllen würde, „wäre keines der Probleme des Landes gelöst. Im Gegenteil: die Durchsetzung dieser Maßnahmen würde auf direktem Weg in einen Volksaufstand und möglicherweise in einen Bürgerkrieg führen.“
Verbrechen von historischem Ausmaß
Ernst Wolff bezeichnet die systematische Verschuldungspolitik der internationalen Hochfinanz als „Verbrechen von historischem Ausmaß“. Wolff wörtlich: „Der Grund für die Ausweglosigkeit der gegenwärtigen Situation lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Die Probleme um Griechenland sind nur ein Teil der Probleme der Eurozone und unter den gegebenen Bedingungen unlösbar. Grund ist, dass die Finanzindustrie durch die Deregulierung des Bankensektors, die Einführung des Euro und eine Orgie hochriskanter Spekulationsgeschäfte die wirtschaftlichen und finanziellen Grundlagen Europas ausgehöhlt und nachhaltig zerstört hat.
Der gesamte Kontinent befindet sich heute in den Händen internationaler Großbanken, Hedgefonds und anderer Finanzinstitutionen. Sie allein bestimmen, wer die einzelnen Länder regiert. Spurt eine Regierung nicht, wird sie mit Hilfe der „Finanzmärkte“ zu Fall gebracht. Die Übernahme von Bankschulden durch öffentliche Einrichtungen, d.h. die Übertragung privater Schulden auf die Allgemeinheit, war ein von der Finanzindustrie gefordertes und durch ihr hörige Politiker ausgeführtes Verbrechen von historischem Ausmaß.
Auch die Art, wie Griechenland unter Mithilfe von EU-Bürokraten und Goldman-Sachs-Bankern in die EU aufgenommen wurde, war kriminell und dazu im Sinne der deutschen Finanzelite, deren Exportwirtschaft davon profitiert, wenn wirtschaftlich schwache Länder sich der EU anschließen und den Euro auf diese Weise schwächen.
2010 wurde Griechenland unter die Zwangsverwaltung der Troika aus EU, EZB und IWF gestellt, die dem Land innerhalb von vier Jahren sechs Sparprogramme auferlegt hat. Nicht eine einzige dieser Maßnahmen richtete sich gegen internationale Spekulanten oder griechische Milliardäre.“ (3)
Die EU konnte am Montag Griechenland ein weiteres Mal zu Sparprogrammen gegenüber der eigenen Bevölkerung überreden. Für Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, war der Ausgang vorauszusehen, als er bereits vor Ende des Gipfels feststellte, dass die USA längst Weisungen an Brüssel gegeben hätten:
„Die USA, die nicht direkt mit am Tisch sitzen, hatten am Wochenende eine klare Botschaft gesandt, die Krise jetzt zu bereinigen. Sieht so Achtung vor Souveränität aus? Dahinter steht fraglos geopolitisches Kalkül. Ohne den „Flugzeugträger“ Griechenland wären die USA im Mittelmeer und in der Folge im Schwarzen Meer nachhaltig destabilisiert. Die Machtposition der USA spielt erstaunlicherweise eine nicht unerhebliche Rolle.“ (4)
Das Griechenland-Drama geht also in die nächste Runde und alle beteiligten Politiker büßen erneut Glaubwürdigkeit ein. Die Griechen trauen der Währung berechtigterweise kein bisschen mehr: Milliarden von Euros wurden alleine am Wochenende in einem hierzulande medial verharmlosten Bankensturm von den Konten geholt. Das Wetter ist mies, doch der Juni bleibt heiß …
(1)
www.zeit.de/politik/ausland/2015-06/griechenland-schulden-iwf-ezb-parlamentsausschuss
(2)
www.info-direkt.at/was-droht-zuerst-krieg-finanzcrash-diktatur/
(3)
www.kritisches-netzwerk.de/forum/poker-um-griechenland-der-tickende-zeitzuender-im-hintergrund
Lesen Sie aktuell zum Thema:
„Schock-Abkommen“: Tsipras‘ Koalition nun vor Zerreißprobe
Während die internationalen Geldgeber derzeit die in der Nacht auf Montag eingereichten neuen Reformpläne der griechischen Regierung zur Lösung der Schuldenkrise eingehend prüfen, stehen Regierungschef Alexis Tsipras und seiner Regierung auch zu Hause schwere 48 Stunden bevor. Die jüngsten Zugeständnisse könnten sogar die Koalition zerreißen. Die harten Einsparungen durch das Parlament zu bringen, wird „keine leichte Aufgabe für Herrn Tsipras“ sein, sagte etwa der ehemalige griechische Außenminister Dimitris Droutsas Dienstagfrüh (hier).
Reformvorschläge aus Athen: IWF stellt sich bei Griechenland-Rettung quer
Der Zeitplan zur Griechenland-Rettung ist eng: Noch an diesem Mittwoch sollen sich die Finanzminister in der Euro-Gruppe grundsätzlich auf eine Verlängerung des Hilfsprogramms einigen, am Donnerstag könnten die Staats- und Regierungschefs den Deal beim EU-Gipfel dann festzurren.
Doch die Europäer haben dabei womöglich zu wenig an den Internationalen Währungsfonds (IWF) gedacht. Dessen Vertreter stellen sich bei den Verhandlungen offenbar quer. Mehrere Zeitungen berichten am Montag von Uneinigkeiten zwischen den Gläubigern. Während die EU-Kommission und auch die Euro-Gruppe die am Montag eingereichten Reformvorschläge aus Athen grundsätzlich begrüßen, soll der IWF unzufrieden mit der Liste sein. Die darin versprochenen Maßnahmen seien zu unkonkret und setzten zu sehr auf Steuer- und Abgabenerhöhungen statt auf Ausgabenkürzungen.
In der EU stößt die harte Haltung des IWF offenbar auf Unverständnis. „Der IWF scheint an einem Deal nicht interessiert zu sein“, zitiert etwa die „Süddeutsche Zeitung“ einen EU-Diplomaten (hier).
Literatur:
Die Plünderung der Welt: Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen von Michael Maier
Der Crash ist die Lösung: Warum der finale Kollaps kommt und wie Sie Ihr Vermögen rettenvon Matthias Weik und Marc Friedrich
Weltmacht IWF: Chronik eines Raubzugs von Ernst Wolff
Quellen: PRAVDA TV/info-direkt.at vom 22.06.2015
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