Das Instrument der Bundestagspetition wird gerne als Glanzstück demokratischer Direktbeteiligung in Deutschland angepriesen und entsprechend umfangreich genutzt. Seit 2005 bietet der Deutsche Bundestag dafür auch eine eigene Internet-Plattform an. 2014 wurden dort von den Bürgern über 15.000 E-Petitionen eingereicht. Ein neuer Rekord. Das Problem: Von diesen wurden lediglich 0,18 Prozent an die Bundesregierung weitergereicht.
Petitionen gehören zu den beliebtesten Werkzeugen des aufmerksamkeitsbasierten Internet-„Klicktivismus“. Portale wie Avaaz, dem eine Nähe zu dem Politunternehmer und Investor Geroge Soros nachgesagt wird (Wer und was steckt hinter AVAAZ?), oder aktivistische Alternativen wie Change.org und openPetition erfreuen sich großer Nutzerzahlen. Direkte politische Entscheidungen können derartige zivilgesellschaftliche Petitionen jedoch nicht zur Folge haben. Sie dienen eher dazu, bisher wenig beachtete Anliegen oder Forderungen auf die mediale Agenda zu setzen.
Anders verhält es sich mit Bundestagspetitionen. Das Petitionsrecht der Bürger ist im Grundgesetz (Artikel 17) verankert und definiert das Ziel, einen direkten Kommunikationskanal zwischen Bevölkerung und politischen Repräsentanten zu schaffen:
„Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“
Artikel 45c des Grundgesetzes detailliert dieses hehre Anliegen:
„(1) Der Bundestag bestellt einen Petitionsausschuss, dem die Behandlung der nach Artikel 17 an den Bundestag gerichteten Bitten und Beschwerden obliegt.
(2) Die Befugnisse des Ausschusses zur Überprüfung von Beschwerden regelt ein Bundesgesetz.“
Hochmotiviert in Sachen direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung hat der Bundestag das Petitionsrecht seit dem Jahre 2005 auch in Neuland verankert. Auf dem Portal des Petitionsausschusses steht es jedem Bürger frei, politische Anliegen einzubringen, auf das diese von Regierung und Parlament bearbeitet werden.
Das Problem dabei: Im Jahre 2014 wurden von 15.325 Petitionen lediglich 0,18 Prozent an die Bundesregierung weitergeleitet, so der offizielle Jahresbericht des Ausschusses. Eine einzige Petition (Achtung der Menschenrechte im Falle eines in der Türkei inhaftierten türkischen Schriftstellers) wurde dabei „zur Berücksichtigung“ vorgelegt, 31 weitere „zur Erwägung“. Die überwiegende Mehrheit der Petitionen wanderte hingegen direkt in die Tonne.
Zuvor wurden zudem nur 3 Prozent der eingereichten Petitionen überhaupt zur Unterzeichnung auf dem Portal des Petitionsausschusses freigeschaltet.
Auch wenn sicher einige Trolle das Angebot des Bundestages nutzen, um sich einen Spass zu erlauben, ist dies eine absurd niedrige Zahl. Bundestag und Bundesregierung müssen sich daher die Frage gefallen lassen, wie ernst sie es mit dem Ziel der direkten Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungen überhaupt meinen.
Literatur:
Wenn das die Deutschen wüssten…: …dann hätten wir morgen eine (R)evolution! von Daniel Prinz
Vorsicht Bürgerkrieg!: Was lange gärt, wird endlich Wut von Udo Ulfkotte
Die Jahrhundertlüge, die nur Insider kennen 2: erkennen-erwachen-verändern von Heiko Schrang
Quelle: rtdeutsch.com vom 12.06.2015
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