Das Kölner Erzbistum legt sein Milliardenvermögen offen. Indessen wirft der Humanistische Verband dem Kirchensteuersystem vor, dass es verfassungswidrig sei und dokumentiert dessen Ungerechtigkeit am exemplarischen Fall eines Atheisten
Die Offenlegung der Finanzen des Erzbistums Köln bestätigt, was Frieder Otto Wolf von einem „riesigen Vermögen der Kirche“ sprechen läßt. Der Präsident des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) fordert die Abschaffung des Kirchensteuersystems.
Im Finanzbericht 2013 des Kölner Erzbistums sind Aktiva in Höhe von 3, 35 Milliarden Euro ausgewiesen. Den Löwenanteil der Aktiva stellen Finanzanlagen mit 2,4 Milliarden Euro. Zum allergrößten Teil sind das Wertpapiere, die mit 2,3 Milliarden verbucht werden. Grundstücke werden mit 612 Millionen veranschlagt und stellen den zweitgrößten Aktiva-Posten. Kunstschätze und der Dom sind nicht oder wie im Fall des Kölner Doms mit 25 Euro nur symbolisch erfasst.
Aber Köln gilt auch als eines der reichsten Bistümer weltweit. Inwieweit sich die Ausnahme Köln von anderen Bistümern in Deutschland abhebt, wird sich erst zeigen. Angeblich wollen andere Bistümer der Transparenz-Initiative folgen. Das würde dann einen etwas genaueren Eimblick in das „riesige Vermögen der Kirche“ (Wolf) liefern. Der Finanzdirektor des Kölner Bistums, Hermann Josef Schon, wird damit zitiert, dass das Vermögen „zweckgebunden“ sei. Verwiesen wird auf hohe Summen, die zum Erhalt von „mehr als 600 denkmalgeschützten Kirchen“ und für die Pensionen der Bistumsbeschäftigten zur Verfügung gestellt werden müssen.
Der Haushalt für das Jahr 2013 weist laut dem kirchlichen Finanzdirektor einen Jahresüberschuss von gut 59 Millionen Euro aus: „vor allem aufgrund der gestiegenen Kirchensteuer-Einnahmen“. Für den HVD-Präsidenten Frieder Otto Wolf sind das Einnahmen, die mit der Verfassung nicht in Übereinstimmung zu bringen sind, da sie seiner Auffassung nach dem dort verankerten Grundsatz der Trennung zwischen Staat und Religion zuwiderlaufen – und: Weil die Kirchen gegenüber anderen Religionsgemeinschaften privilegiert werden. Angesichts der in den letzten Jahrzehnten gewachsenen religiösen und weltanschaulichen Pluralität, sei das Vorgehen der Kirche „unserer Auffassung nach verfassungswidrig“, so Wolf in seiner Pressemitteilung.
Der Atheist und das Erzbistum Berlin
Dass Wolf darin, wie bereits zu anderen, früheren Anlässen, scharf gegen das Kirchsteuersystem argumentiert, trifft diesmal zeitlich zufällig mit der Offenlegung der Kölner Bistumsfinanzen zusammen. Der aktuellen Empörung Wolfs ein spezieller Fall zugrunde, bei dem das Erzbistum Berlin keine gute Figur macht.
Es geht um einen in Frankreich gebürtigen Mann, der in Berlin wohnt. Bei seiner Anmeldung am Bürgeramt hatte er „keine Religion“ angekreuzt und damit deutlich erklärt, dass er nicht zur katholischen Kirche gehört. Ebenso tat er dies in einem Fragebogen, den ihm das Erzbistum zusandte – der genaue Hergang, wie ihn der Betroffene selbst schildert, ist hier nachzulesen.
Kurz zusammengefasst: Das Berliner Bistum ließ dessenungeachtet Kirchensteuer in Höhe von mehreren hundert Euro einziehen, weil der Mann in einem französischen Taufregister notiert ist.
Doch da erfahre ich völlig überraschend, dass die Diözese in der Stadt in Frankreich, wo ich getauft wurde, der katholischen Kirche Berlin auf Anfrage hin meinen Taufschein geschickt hat und somit bin ich entsprechend der deutschen Gesetzgebung kirchensteuerpflichtig.
Der Betroffene konnte diesem Dokument kein Austrittszeugnis entgegenstellen, da ein amtlicher Kirchenaustritt in Frankreich nicht möglich ist, „wegen der laizistischen Verfassung“.
Frieder Otto Wolf bezeichnet die Vorgehensweise des Berliner Erzbistums als „scheußlich“, weil sich hier zeige, dass es der Kirche nicht um die religiöse Haltung der Person gehe, sondern um deren Geld. Der Fall zeige zudem, „dass das Erzbistum auch über Ländergrenzen hinweg die Konfession von Zugezogenen zu ermitteln versucht“.
Für den Humanistischen Verband ist dies ein weiterer Grund, weshalb sich die Kirchen über freiwillige Mitgliedsbeiträge finanzieren sollten und nicht über das Kirchensteuersystem, bei dem der Staat über die Registrierung und das Einsammeln mitmischt – und darüberhinaus Gebühren für einen amtlichen Kirchenaustritt verhängt. Das deutsche System ist europaweit eine Ausnahme, stellt auch eine französische, katholisch orientierte Publikation mit Hinweis auf dessen Rigidität fest.
Quelle: heise.de vom 18.02.2015
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