Wir beschäftigen uns mehr denn je mit gesunder Ernährung und wissen um die Bedeutung von frischem Obst und Gemüse. Aber wer interessiert sich dafür, wie frische Lebensmittel vom Bauernhof auf unseren Tisch kommen. „Fair Food“ zeigt den Kampf Arbeiter in der Landwirtschaft um bessere Arbeitsbedingungen gegen die milliardenschwere Supermarkt-Industrie.
Immer mehr für immer weniger Geld: Preiskämpfe beim Handel mit Lebensmitteln drücken die Löhne der Arbeiter nach unten. Am Beispiel Florida zeigt der Film „Fair Food“ die Methoden der modernen Sklaverei – und die schrittweisen Erfolge von Aktivisten im Kampf dagegen.
Immokalee, Florida. Der Landarbeiter redet nicht lange um den heißen Brei: „Du bist arm, weil Du jemanden anderen reich machst.“ Lucas Benitez kämpft für die Menschenrechte der Tomatenpflücker. Seit Jahren beklagt er die Zustände auf den Feldern Floridas. Was dort bis heute passiert, gleicht moderner Sklaverei. Nur rund 30 Euro bekommt ein Saisonarbeiter am Tag. Es sind meist Migranten aus Lateinamerika – wer sonst möchte diesen Knochenjob schon machen? Morgens um fünf geht es mit dem Bus los zu den Tomatenfeldern, dann pflücken, Eimer um Eimer, unter der prallen Sonne. Maximal zwei Tonnen Tomaten erntet ein Arbeiter am Tag, pro Pfund gibt’s nur einen Cent. Erst um 20 Uhr kehren die Erntehelfer wieder zurück in den Wohncontainer, wo sie eng zusammengepfercht leben. Frauen werden sexuell belästigt. Männer, die sich beschweren, riskieren ihren Job.
Die Verantwortung liegt bei großen Konzernen
Regisseur Sanjay Rawal begleitet Lucas Benitez und andere Landarbeiter bei ihrem Kampf für ein würdevolles Leben. 1995 haben sie das Bündnis der Arbeiter von Immokalee gegründet. Ihre Wut gilt nicht den Farmern. Die sind schon lange nicht mehr verantwortlich für das, was auf den Tomatenfeldern passiert.
Schuld an dieser Entwicklung sind die wenigen amerikanischen Supermarktriesen wie Walmart, Kroger, Safeway oder Publix. Oder Fast-Food-Konzerne wie Burger King oder McDonald’s. Sie diktieren seit den 80er Jahren die Preise, geben die Regeln in der Versorgungskette aus Farmern und Händlern vor. Der Markt ist erbarmungslos. Nur wer die billigsten Tomaten liefert, hat seinen Kaufvertrag mit einem großen Konzern sicher. Da verfaulen auch gerne mal gigantische Tomatenberge, weil die Supermarktkette den Farmer kurzfristig fallen lässt, um die günstigeren Tomaten eines anderen Anbieters zu kaufen. Und der Landarbeiter verliert über Nacht seinen Job. Millionen werden Saison um Saison erwirtschaftet, aber der Wohlstand bleibt nicht bei den Arbeitern.
Nicht einmal ein Hungerstreik hilft
Die Forderungen des Bündnisses muten bescheiden an: Ein Cent mehr pro Pfund, das würde den Tageslohn verdoppeln. Der Film zeigt, was die Aktivisten des Bündnisses über die Jahre erreicht haben: Fast-Food-Ketten wie Tacco Bell, Burger King, McDonald’s stimmten dem Fair-Food-Programm zu. Im Januar 2014 unterzeichnete Walmart die Forderungen. Die einflussreiche Supermarktkette Publix weigert sich jedoch bis heute, mit den Aktivisten zu sprechen. Nicht einmal ein sechstägiger Hungerstreik der Landarbeiter konnte den Konzern an den Verhandlungstisch bringen. Der Kampf von Immokalee geht weiter.
Ein packender Dokumentarfilm, der das Problem der modernen Sklaverei in der Lebensmittelindustrie am Beispiel Florida aufrollt. Und er macht klar: Indische Landarbeiter in Italien, afrikanische Erntehelfer in Spanien – auch Europa muss für eine faire Lebensmittelkette kämpfen.
Video: Fair Food – Genuss mit Verantwortung
Quelle: natur.de vom 20.01.2015
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