1980 ereignete sich der größte Anschlag der deutschen Nachkriegsgeschichte – auf dem Oktoberfest. Die Ermittlungen hierzu wurden Ende 2014 neu aufgerollt. Die Bundesregierung will nun Akten dazu nicht übergeben – zum Schutz damaliger V-Männer.
Die Bundesregierung ist nicht bereit, dem Bundestag Akten zum Oktoberfest-Attentat von 1980 auszuhändigen. In einer kleinen Anfrage hatte die Linksfraktion nach den Akten von BND, Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst (MAD) gefragt.
„Schlag ins Gesicht der vielen überlebenden Verletzten“
Die Informationen seien „so sensibel, dass selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens unter keinen Umständen hingenommen werden kann“, schreibt allerdings die Bundesregierung in ihrer Antwort, wie die Donnerstagsausgabe der „Süddeutschen Zeitung“ berichtet. Wie vor 35 Jahren gilt das gleiche Argument: der Quellenschutz für jene V-Leute, die damals für die Geheimdienste die rechte Szene ausleuchten sollten. Noch immer sieht die Bundesregierung Gefahr für Leib und Leben dieser Männer – obwohl die mittlerweile alte Herren sind und manche ihre Tätigkeit als V-Mann längst selbst preisgegeben haben.
Die Antwort sei dem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge „ein Schlag ins Gesicht der vielen überlebenden Verletzten – und letztendlich auch ein deutlicher Hinweis, dass hier die Strafverfolgung immer noch hinter dem Geheimhaltungsprinzip zurückstehen soll“, sagt die Linken-Abgeordnete Martina Renner. Am 11. Dezember 2014 hatte die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen zu dem größten Anschlag der deutschen Nachkriegsgeschichte wieder aufgenommen.
Angst vor der Stasi
Neue Ermittlungen zum Oktoberfestattentat: Akten des aufgelösten DDR-Ministeriums könnten brisantes Material aus dem Westen vor dem Reißwolf schützen.
Zu den 34 früheren Hauptakten kommen Spurenakten, die rund 15.000 Seiten und 887 Spuren umfassen. Zudem sollten Akten von Verfassungsschutz- und Landeskriminalämtern sowie entsprechender Bundesbehörden herangezogen werden, so Dietrich. Auch in Akten des damaligen DDR-Ministeriums für Staatssicherheit, das die westdeutschen Ermittler im Blick hatte, finden sich Hinweise auf das Attentat. Weitere Akten aus dem Bayerischen Landeskriminalamt und dem Innenministerium seien mittlerweile im Hauptstaatsarchiv gelandet – allein zum Komplex Wehrsportgruppe Hoffmann 80 Ordner. Ein Grund für deren Verlagerung sei wohl das Bestreben der bayerischen Behörden, »aktenmäßig nicht eine Bombe im eigenen Haus haben zu müssen«. Er glaube aber nicht, »dass die sich trauen werden, alles in den Reißwolf zu tun«, sagte Dietrich, da sich entsprechende Sachverhalte auch in den MfS-Akten finden könnten: »Die haben wahnsinnige Angst vor der Stasi.« Deren Dokumente konnten bereits nach Forschungsanträgen von Autoren eingesehen und kopiert werden. Dietrich geht davon aus, dass die Bundesanwaltschaft nun »ehrlich bemüht« sei, den Fall ergebnisoffen neu aufzurollen.
Eine neue Zeugin, die seinerzeit von der Polizei weggeschickt worden war, hatte sich im vergangenen Jahr mit dem Hinweis auf Mittäter oder Mitwisser bei Dietrich gemeldet. Als Studentin hatte die Frau 1980 Sprachkurse für Spätaussiedler gegeben. Im Spind eines Schülers habe sie Flugblätter entdeckt, auf denen Gundolf Köhler als »Märtyrer der Bewegung« gefeiert worden sei – bevor sein Name öffentlich bekannt geworden war.
Zudem wurde inzwischen die Aussage einer Krankenschwester aus Hannover bekannt, die kurz nach dem Attentat einen Patienten mit abgerissener Hand behandelt hatte, der nach wenigen Tagen aus der Klinik verschwand. Dies könnte erklären, warum ein Handfragment, das in München am Tatort gefunden worden war, niemandem zugeordnet werden konnte. Mit einer Zwischenbehandlung, so Dietrich, hätte der Mann mit dieser Verletzung bis nach Norddeutschland kommen können, wenn er nicht mit dem Münchner Attentat in Verbindung gebracht werden wollte.
Die Bundesanwaltschaft hatte zwar 1997 alle Asservate vernichtet, doch die abgerissene Hand habe wohl »Bayern nie verlassen«, sagte Dietrich. Sie sollte in der Rechtsmedizin in München untersucht werden und verschwand dort.
Was es wohl zu verheimlichen gibt?
Quellen: PRAVDA TV/dpa/jungewelt.de/FocusOnline vom 12.02.2015
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