Tenside im Boden: Naturschützer gehen davon aus, das sich die Vergiftung des Grundwassers rund um die US-Airbase Spangdahlem in der Eifel weiter ausbreiten wird – sogar bis kurz vor Trier.
Ein Bach bei Bitburg enthält 7700-mal mehr krebserregende perfluorierte Tenside, als die EU für gut hält. Selbst in Tiefen von 78 Metern sind die Schadstoffe bei Spangdahlem im Grundwasser in zu hoher Konzentration nachzuweisen. Ein Umweltskandal bisher unbekannten Ausmaßes, der Deutschland und die USA viele Millionen Euro kosten könnte.
So langsam zeichnet sich ab, wie groß das Umweltproblem ist, das Rheinland-Pfalz und die Region Trier noch über viele Jahre beschäftigen wird. Krebserregende perfluorierte Tenside (PFT) sind von US-Militärflugplätzen aus nicht nur in Böden, Angelweiher, Bäche und Flüsse gelangt, sondern auch in die tiefen Schichten des Grundwassers.
Hans-Joachim Spang vom Naturschutzbund BUND sagte dem SWR, das Gift sei schon jetzt in der Kyll vorhanden. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis das Gift in die Mosel gelange. Die Kyll mündet in Trier-Ehrang in die Mosel. „Das Gift ist nicht mehr aufzuhalten und betroffen sind die nächsten Generationen“, sagte Spang.
(Foto: Auch in diesem Angelweiher bei Binsfeld wurden Chemikalien gefunden)
Verantwortlich für die Tenside im Grundwasser ist wohl die US-Armee. Nach Angaben der Wasserbehörde SGD Nord nutzten die Amerikaner über Jahre hinweg am Militärflughafen Spangdahlem giftige Putzmittel und Löschschaum. Deshalb sei das Grundwasser rund um den US-Militärflugplatz vergiftet.
Proben an Trinkwasserbrunnen
Am Dienstag waren Experten der Wasserbehörde sowie Mitarbeiter der Verbandsgemeinde Speicher vor Ort. Am Trinkwasserbrunnen in Beilingen haben sie Wasserproben entnommen. Ein Ergebnis gibt es noch nicht. Die Auswertung der Proben dauert voraussichtlich mehrere Wochen.
Gift bahnt sich seinen Weg
Verbandsbürgermeister Manfred Rodens (CDU) ist verunsichert: „Sobald wir nur einen Tropfen Schadstoff im Trinkwasser feststellen, müssen wir den Brunnen stilllegen.“ Die zuständige Wasserbehörde SGD Nord ist sich sicher, dass dieses Problem über kurz oder lang auf die Menschen rund um Spangdahlem zukommen wird. Das Gift fließe unter der Erde langsam aber stetig auf den Trinkwasserbrunnen zu.
Schwieriger Untergrund
Das Hauptproblem: Niemand weiß, wo genau das verseuchte Wasser langfließt. Deshalb werden jetzt Testbrunnen gegraben. Die Experten der Wasserbehörde wollen so feststellen, wo sich das Gift befindet und wie schnell es sich bewegt.
Ein Sprecher der SGD Nord sagte, für die Menschen in der Eifel bestehe grundsätzlich keine Gefahr. Sollte das Gift tatsächlich in den Trinkwasserbrunnen gelangen, müsste das Wasser in einer Aufbereitungsanlage gefiltert werden. „Das Wasser kann dann ohne Probleme getrunken werden“, sagt Joachim Gerke von der SGD Nord.
Immense Kosten – Gesundheitsgefahr
Die künstlich hergestellten Fluor-Kohlenstoffverbindungen werden in der Natur nicht abgebaut und reichern sich daher an: in Gewässern, Böden, Tieren, Pflanzen und auc h im menschlichen Körper. Sie gelten als krebserregend, fortpflanzungsgefährdend und mäßig toxisch. Insbesondere stehen sie im Verdacht, die Leber zu schädigen. Als besonders bedenklich gilt Perfluor-octansulfonsäure (PFOS). Die Verwendung von PFOS ist seit 2008 verboten. Löschschäume dürfen seit 2011 nur noch kleine Mengen perfluorierter Tenside enthalten.
Nicht nur der Binsfelder Fischteich, der im TV seit Anfang 2014 immer wieder für Schlagzeilen gesorgt hat, ist mit PFT verseucht: Alle Teiche und Bäche im Umfeld des Flugplatzes Spangdahlem weisen dem rheinland-pfälzischen Umweltministerium zufolge deutliche Belastungen auf. Die gemessenen Werte sind zum Teil tausendfach höher als die von der EU festgesetzte Qualitätsnorm, die ab 2018 bei der Beurteilung des Zustands von Bächen, Seen oder Flüssen gilt (siehe Extra). Der Zustand der Gewässer ist dann chemisch schlecht, wenn sie mehr als 0,00065 Mikrogramm PFT pro Liter enthalten. Im Angelweiher wurden 3,4 Mikrogramm gemessen – 5230-mal mehr als die EU für gut hält. Im größten Teich eines Binsfelder Naturschutzgebietes wurden 0,5 Mikrogramm gemessen, 769-mal mehr als akzeptabel. Andere Gewässer weisen zwei Mikrogramm PFT/Liter auf. Selbst, wenn man den derzeit noch geltenden, weniger strengen Richtwert von 0,05 Mikrogramm ansetzt, sind die Belastungen viel zu hoch.
Die Bäche münden in die Kyll, in der bereits vor einigen Jahren so hohe PFT-Verunreinigungen gemessen wurden, dass die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord empfahl, im Monat nicht mehr als 300 Gramm Fisch aus dem Fluss zu essen.
Wie viele Jahre und wie viel Steuergeld die Behebung der Umweltschäden kosten können, lässt das Beispiel Düsseldorfs erahnen, das sich als eine der ersten deutschen Städte an eine PFT-Sanierung macht. Rund um den Flughafen sind mehr als acht Quadratkilometer mit PFT belastet: Seen, Bäche, Boden, Grundwasser. Die Ursache: Löschschäume vom Flugplatz.
Seit 2007 wurden zig Grundwassermessstellen eingerichtet, Hunderte Boden- und weit mehr als 1000 Wasserproben ausgewertet, um ein Bild vom Ausmaß der Verschmutzung zu erhalten. Da die Stadt Neuland betritt, mussten zunächst Verfahren gefunden werden, die sich überhaupt zur Reinigung des Grundwassers eignen. Dieses soll nun zu Aufbereitungsanlagen gepumpt, gereinigt und in Bäche eingeleitet werden. 2015 wird die erste Anlage laut Inge Bantz, der kommissarischen Leiterin des Düsseldorfer Umweltamts, laufen. Auch Bodensanierungen sind geplant sowie zahlreiche Arbeiten auf dem Flugplatz selbst. Die Kosten sind realistisch derzeit nicht zu schätzen. Fest steht laut Bantz: Es geht um Millionen Euro (in Presseberichten ist von bis zu 100 Millionen Euro die Rede). Kosten, für die aus Sicht der Stadt der Flughafen aufkommen muss.
In Bitburg müsste die Bundesrepublik für die Sanierung geradestehen. Bei den aktiven US-Flugplätzen würden sich die USA laut Umweltministerium an den Kosten beteiligen.
Die anderen Flugplätze
Auch am US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein wurden laut Umweltministerium zu hohe PFT-Belastungen von Grund- und Oberflächenwasser gemessen, insbesondere im zentralen Bereich der Airbase. Am Flugplatz Hahn deuten Einzelwerte auf Belastungen hin, am Flugplatz Zweibrücken seien nur relativ niedrige Werte gemessen worden. Weitere Untersuchungen stehen aus.
Lesen Sie hier mehr Details zu den Untersuchungen.
Video in der ARD mediathek.
Quellen: PRAVDA TV/volksfreund.de/swr.de vom 07.01.2015
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